Drei Extraschichten in Herne
Hexen, Glücksbringer, Bierbrauer, Rudel- und Gaukelsänger. Sind diese Leute in der Stadt, dann kann man sicher sein: Extraschicht ist angesagt. Herne war am Samstag (20.6.2015) mit den Standorten LWL-Museum für Archäologie und den Flottmannhallen dabei. Als dritter Standort war zum ersten Mal das altehrwürdige Gebäude der Eickeler Kulturbrauerei Hülsmann am Start.
Der Archäologie-Standort beschäftigte sich - rund um seine aktuelle Sonderausstellung - mit dem Thema Aberglaube. Führungen luden mit Wissenswertem zu den einzelnen Ausstellungsstücken ein. Die Glücksbringer-Werkstatt hatte geöffnet und das Künstler-Ensemble "NotaBene" entführte die Besucher in das Kuriositäten-Kabinett des Dr. Caligula. Im Grabungs-Camp gab es eine Nacht- und Nebelgrabung und gemeinsam mit Schülern der Heinrich-Böll-Gesamtschule konnte, wer wollte, an einer vorindustriellen Eisengewinnung teilnehmen. Die Schüler-AG hatte vom dänischen Experimental-Archäologen Michael Schmidt-Nissen das Bauen und Bedienen eines Rennofens erlernt. Mit Hilfe dieses Ofens zeigten sie, wie Eisenerzminerale zu Eisen verabeitet wird. Die Besucher konnten auch ihre eigene Extraschicht einlegen und zum Beispiel Brot backen, Butter herstellen oder kleine Ledertaschen nähen.
Die Organisatoren der Flottmannhallen hatten schon im Vorfeld großes Teile ihres ExtraSchicht-Programms aufgrund der unsicheren Wetterlage und der kühlen Temperaturen in die Hallen verlegt. So auch die beiden Highlights der Jahre 2013 und 2014: die Kopfhörer-Party und das Rudelsingen. Mit dem Rudelsingen startete hier die Schicht. Die meisten Sänger fanden sich schon lange vor Beginn ein und warteten auf den Startschuss durch David und Matthias. Die beiden Profis auf der Bühne sollten die Gäste zum Mitsingen animieren. Das war aber nicht nötig, denn viele der Rudelsänger sind genau aus diesem Grund in die Flottis gekommen.
Auch das Maschinen-Konzert des Herner Klang-Künstlers Christof Schläger, das im Anschluss an das Gemeinschafts-Singen stattfand, wurde von den Organisatoren nach "indoor" verlegt. Pneumatischen Hämmer, sogenannte Luft-Trommeln, die auf eine Membran von einem Durchmesser von 1,5, Meter trommeln, Hörner die in die Halle IV tröten - das alles völlig unplugged. Passend dazu hat Schläger Partituren komponiert, die er - computergesteuert - dazu abspielte.
Bei der ersten Extraschicht in Eickel drehte sich - wie kann es an einer alten Brauerei-Stätte anders sein? - alles um den goldenen Hopfensaft. Hier konnte, wer wollte, an einer Bier-Verkostung teilnehmen. Und die Nachtschwärmer wollten. So dass es gegen 21.15 Uhr hieß: Nichts geht mehr. Die edlen Biersorten sind komplett wegprobiert. Fünf verschiedene Biersorten galt es nacheinander zu probieren. Zu jeder Biersorte gab es Informationen des Fördervereins-Vorsitzenden, Volker Eichener. Dazu einen kleinen Exkurs zum Thema Bier im Allgemeinen. Fotos und Grafiken des Eickeler Künstler-Ehrpaares Kraemer/Grislawski, Stadtteil- und Kirchenführungen rundeten das Programm ab. Acht verschiedene Live-Acts sorgten auf dem Gelände für Musik. Musik? Ach ja, die Gäste in Eickel wurden schon an der Bushaltestelle mit Musik empfangen. Hier stand Spielmann Michel von der Voelkelwyde und spielte, was das Gäste-Herz begehrte.
Mit der Extraschicht, der langen Nacht der Industriekultur, setzte sich eine ganze Region zum wiederholten Male in Szene - genauer gesagt zum 15. Mal. Seit 2001 präsentiert sich das Ruhrgebiet einmal im Jahr von seiner besonderen Seite. 45 Spielorte in 19 Gemeinden putzen sich für diese Nacht außergewöhnlich raus.Die Extraschicht setzt die unterschiedlichen Orte der Industriekultur für eine Nacht im Jahr in Szene und feiert mit der Nacht der Industriekultur eines der größten Kulturfeste - und das seit 15 Jahren.
Schicht-Besucher können bis zum 28. Juni 2015 ihre zwei besten Fotos der Nacht hier hochladen. Die drei Gewinnerfotos erhalten für den ersten 300 Euro, für den zweiten 200 Euro und für den dritten Platz 100 Euro. Zusätzlich erhalten die drei Gewinner das Buch Was bleibt, ist die Zukunft: Das neue Ruhrgebiet.
Das WDR Fernsehen sendete von 22.45 - 0.15 Uhr live von drei Standorten: Gelsenkirchen-Nordsternpark, Dortmund-Kokerei Hansa und Herten-Zeche Ewald. Wer an dem Abend unterwegs war, der konnte die Höhepunkte der Nacht am Sonntag, 21. Juni, von 16.15 - 16.45 Uhr, im WDR-Fernsehen Revue passieren lassen.