Biographisches zum 100. Todestag des Schriftstellers
'About Kafka!' an der Rottstraße
„Ich habe kein literarisches Interesse, sondern bestehe aus Literatur. Ich bin nichts anderes und kann nichts anderes sein“: Im Jahr seines 100. Todestages beschäftigt sich auch das Rottstr 5 Theater Bochum mit einem der prägendsten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts: Franz Kafka (geboren am 3. Juli 1883 in, Prag, verstorben am 3. Juni 1924 im Sanatorium Kierling bei Wien).
Bevor Oliver Paolo Thomas eine Adaption der berühmten Erzählung „Die Verwandlung“ inszeniert, beleuchtet Alexander Ritter den Menschen hinter der Literatur: Der 85-minütige Abend „About Kafka!“, bei der naturgemäß ausverkauften Premiere mit Ovationen auch für den Schauspieler Henry Morales gefeiert, lässt Kafkas auf die eigene Person blicken anhand seiner Tagebücher und Briefe.
„You Can't Always Get What You Want“ singen die „Rolling Stones“ aus dem Off. Henry Morales, 1990 in Venezuela geborener, in Florenz und Graz ausgebildeter Film- und Theaterschauspieler, hat ein Brillen-Ungetüm auf der Nase und behauptet: „Ich bin Franz Kafka – und das ist mein Vater“. Den er, diese einsame, zurückgezogene, ängstliche „Hunde-Existenz“, der 1910 seinem Tagebuch anvertraut hat, alles nur aus Verzweiflung „über meinen Körper und über die Zukunft mit diesem Körper“ zu Papier zu bringen, stets gefürchtet hat – und nun mit unverkennbar kakanischem Idiom gleich mit verkörpert.
Getriebener, Suchender und Außenseiter
Franz Kafka war ein Getriebener, ein Suchender und ein Außenseiter, der als „Beamter einer sozialen Versicherungsanstalt“ wie als Sohn, von dem nach Dienstschluss noch die Mitarbeit in der Firma des Vaters erwartet wurde, stets um jeden Freiraum kämpfen musste: „Dass ich, solange ich von meinem Bureau nicht befreit bin, einfach verloren bin, das ist mir über alles klar, es handelt sich nur darum, solange es geht, den Kopf hoch zu halten, dass ich nicht ertrinke.“
Kafka hadert mit seiner Mutter, die ihm unterstellt, sich seine gesundheitlichen Probleme nur einzubilden: „eine Heirat allerdings und Kinderzeugung würden sie am gründlichsten beseitigen.“ Daran ist freilich nicht zu denken, obwohl er 1912 Felice Bauer kennenlernt und über viele Jahre immer wieder mit ihr zusammen ist. Aber er will, um Schriftsteller sein zu können, Junggeselle bleiben. Erst als er 1923 in Müritz an der Ostsee auf Dora Dymant trifft und ihr nach Berlin nachreist, erlebt er ein kurzes Glück: Kafka stirbt wenige Wochen vor seinem 41. Geburtstag an Kehlkopftuberkulose.
Tagebuch und Briefe helfen ihm
„Regelmäßig schreiben! Sich nicht aufgeben! Wenn auch keine Erlösung kommt, so will ich doch jeden Augenblick ihrer würdig sein“: Sein Tagebuch wie auch seine Briefe, deren Adressaten er dort akribisch vermerkt, helfen ihm über die 1916 formulierte „Mühsal des Zusammenlebens“ hinweg.
Seine bisweilen schmerzhafte Selbstironie bringt Henry Morales, langjähriges Ensemblemitglied am Theater Oberhausen, der zuletzt in „Außer Atem“ auf der Rottstraßen-Bühne zu sehen war, inmitten des gebannten Publikums unmittelbar zur Geltung und macht aus Alexander Ritters Adaption ein hochspannendes Monodram. Das mit nur wenigen Requisiten, darunter ein Overhead-Projektor, auskommt, und mit Erfolg auf die emotionale Wirkung klassischer Musik setzt.
Wenn Kafka über den Lärm in der elterlichen Wohnung klagt, kriecht Henry Morales unter das Bühnen-Podium: ein Rückzugsort wie eine Höhle wäre dem Schriftsteller zupassgekommen, der über sein Werk sagt: „Alles, was ich geleistet habe, ist nur ein Erfolg des Alleinseins.“ Am Ende betritt Henry Morales als unheilbar kranker Kafka, dessen Todessehnsucht die ganzen 13 Quarthefte seiner Tagebücher durchzieht, die Bühne in einem Glühlampen-Anzug: glücklicherweise hat sein Freund und Biograf Max Brod den letzten Willen Kafkas, nach seinem Tod alle seine Aufzeichnungen zu verbrennen, nicht umgesetzt.
Die weiteren Vorstellungen
Karten unter rottstr.de, Tel. 0163 – 7615071 oder ab 19 Uhr an der Abendkasse. Der Eintritt kostet 17 (erm. 10) Euro, bei Vollzahlern ist wie gewohnt ein Freigetränk enthalten. Die nächsten Vorstellungen:
- Freitag, 1. November 2024, 19.30 Uhr
- Samstag, 7. Dezember 2024, 19.30 Uhr
Vergangene Termine (2) anzeigen...
- Freitag, 1. November 2024, um 19:30 Uhr
- Samstag, 7. Dezember 2024, um 19:30 Uhr