Ärztin scheitert mit Rückforderungsklage
Wenn das oft strapazierte Sprichwort, "dass Vertrauen gut ist, Kontrolle aber besser" auf irgendetwas genau zutrifft, dann sind es wohl zwei Verfahren vor dem Arbeitsgericht, in denen sich eine Frauenärztin vom Eickeler Markt und ihre am 5. März 2014 fristlos gekündigte Vollzeitkraft bis Mittwoch (25.3.2015) in wechselnden Rollen um die Rechtmäßigkeit des fristlosen Rauswurfs wegen Unterschlagung von weit über 24.000 Euro und über die Rückforderung des angeblich aus der Barkasse über Jahre von der Helferin entwendeten Beträge stritten.
Der Kündigungsschutz-Prozess der von Rechtsanwalt Närdemann vertretenen Arzthelferin endete am 13. November 2014 vor der 4. Kammer des Arbeitsgerichts mit der Feststellung, dass die fristlose Kündigung mangels dringenden Tatverdachts "unwirksam" war. (AZ 4 Ca 737/14) Die Kammer wandelte den Rauswurf der mit 2.076 Euro brutto monatlich dotierten Vollzeithelferin in eine fristgerechte Kündigung zum 30. Juni 2014 um. Diese Entscheidung, die für die von Rechtsanwalt Mahlberg vertretene Ärztin eine weitere Zahlung von fast vier Monatsgehältern (rund achttausend Euro brutto) beinhaltete, wurde nicht akzeptiert und wird Ende April im Berufungsverfahren vor dem Landesarbeitsgericht Hamm neu entschieden.
Am Mittwoch folgte jetzt der zweite Teil in Form einer Zahlungsklage gegen die Helferin auf Rückzahlung der angeblich von ihr jahrelang entwendeten Beträge von wöchentlich rund hundert Euro aus der Barkasse. Das wirft die Ärztin ihrer Ex-Helferin auch in einer mehrseitigen Strafanzeige vor. Dazu gibt es zwar Ermittlungen, aber die Beschuldigte ist bis heute noch nicht zu einer Vernehmung geladen worden und hat sich bisher auch nur in einer schriftlichen Stellungnahme äußern müssen. Und bei einer zivilrechtlichen Zahlungsklage wegen angeblich veruntreuter Vermögenswerte des Arbeitsgebers muss die Klägerseite schon jede Einzelsumme mit Datum bennenen.
"Ich kann Ihnen ja nicht irgendwas einfach zusprechen", erinnerte Richterin Rohkämper-Malinowski die klagende Ärztin mehrfach an ihre "Darlegungs- und Beweislast." Und diese Nachweise konnte die Ärztin nicht nur nach Meinung des Anwalts der verklagten Helferin nicht führen, sondern diese Meinung vertrat auch die komplette Kammer. Eine zentrale Rolle dabei spielte das von Rechtsanwalt Närdemann immer wieder gerügte Fehlen eines richtigen Kassenbuchs mit Ein- und Ausgangsbelegen, wobei sich die Kammer dieser Argumentation voll anschloss.
"Ich kann hier nicht einfach was schätzen und die Kammer auch nicht", gab die Richterin der Ärztin zu bedenken. Und: "Sie versuchen immer zu sagen, weil alles so war, muss es auch so sein", ergänzte die Richterin noch. Dass neben der Ex-Helferin auch andere Mitarbeiterinnen Zugriff auf die Barkasse hatten, und dass es oft wochenlang keinen richtigen Wochenabschluss mit Gegenzeichnung gab, räumte auch die Ärztin ein. Gleichwohl blieb die frühere Mitarbeiterin für sie die einzige Tatverdächtige.
Immerhin habe diese Helferin nach Übernahme der Praxis 2008 ("Ich kam aus der Klinik und musste mich erst einarbeiten") sie eingewiesen und "dabei schnell meine schwachen Stellen erkannt", wie sie als Klägerin dem Gericht erläutern wollte, dass nur diese Helferin für diese jahrelangen und nicht mal vom Steuerberater festgestellten und durch Luftbuchungen manipulierten Minusbeträge verantwortlich sein konnte. Und schließlich der Satz: "Sie (die Helferin) hat mir regelmäßig mitgeteilt, dass die Kasse stimmt." Überprüft habe sie das aber nicht. Und so kam es, wie es Richterin Rohkämper-Malinowski in Anwesenheit von 13 Teilnehmern eines VHS-Seminars zum Thema Arbeitsrecht in der Verhandlung schon angedeutet hatte. Die Klage wurde abgewiesen. Möglicherweise wird auch diese Entscheidung noch die Berufungsinstanz in Hamm beschäftigen. (AZ 1 Ca 1122/14)