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Andreas Bittl begeistert als Tewje (Mitte) auch das Revierpublikum, hier umringt vom Ensemble und Chor der Deutschen Oper am Rhein sowie der Kinderstatisterie.

Überragender Andreas Bittl als Tewje

'Anatevka' in Duisburg

„Ein Geiger auf dem Dach. Klingt verrückt, oder? Aber hier in unserem kleinen Schtetl Anatevka ist eigentlich jeder ein ‚Geiger auf dem Dach‘. Jeder versucht, eine schlichte und schöne Melodie zu spielen, ohne sich dabei das Genick zu brechen. Das ist nicht leicht“: Seit seiner Erfolgsgeschichte von über dreitausend Vorstellungen en suite am Broadway, die mit der Uraufführung am 22. September 1964 im New Yorker Imperial Theatre begann, sorgt das Musical „Fiddler on the Roof” von Joseph Stein (Buch), Sheldon Harnick (Gesangstexte) und Jerry Bock (Musik) auch in unseren Opernhäusern unter dem Titel „Anatevka“ für ausverkaufte Vorstellungen.

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So auch im Revier, zuletzt 2010 in Gelsenkirchen von Peter Hailer mit Joachim G. Maaß (begeisterte in Duisburg jüngst in Paul Abrahams „Märchen im Grand Hotel“) inszeniert und 2013 in Dortmund vom Filmregisseur Johannes Schmid mit Kammersänger Hannes Brock in Szene gesetzt.

Tewje, der Milchiger

Andreas Bittl als Milchmann Tewje lauscht den melancholischen Fiddler-Klängen, die in Duisburg von Annika Franke stammen.

Die um 1905 unter polnischen Juden im Russischen Kaiserreich angesiedelte Geschichte nach der Erzählsammlung „Tewje, der Milchiger“ von Scholem Alejchem gehört seit Shmuel Rodenskys legendären Auftritten als um die Verheiratung seiner drei ältesten Töchter Zeitel (Julia Danz), Hodel (Kimberley Boettger-Soller) und Chava (Mara Guseybova) besorgter Milchmann Tewje (der unvergleichliche Andreas Bittl) mit seinen prägnanten jiddischen Klängen und seiner unverwechselbaren Mischung aus schwungvollem Broadway-Sound und melancholischem Abschiedsschmerz nicht nur zum Repertoire der Theater, sondern zum kollektiven Gedächtnis des Publikums.

„Wenn ich einmal reich wär‘“: Auch sechzig Jahre später berührt die keineswegs nur unterhaltende, sondern auch mahnende Geschichte von Familienzusammenhalt, Tradition (so auch der Titel des Auftrittsliedes), Antisemitismus (die Bewohner des kleinen Dorfes Anatevka werden aufgefordert, binnen drei Tagen ihre Heimat zu verlassen) und der wie eine Klammer alles zusammenhaltenden Liebe auch als Requiem auf den Untergang der ostjüdischen Schtetl-Kultur.

Familiengeschichte

„Für mich ist es in erster Linie eine Familiengeschichte, in der Töchter mit ihrem Vater in einen Konflikt geraten, der die ganze Familie betrifft und am Ende zum Teil auseinanderbrechen lässt“: Die Debüt-Inszenierung Felix Seilers an der Deutsche Oper am Rhein, die am 18. Mai 2024 zunächst in Düsseldorf Premiere feierte, ist nun unter der musikalischen Leitung der neuen Kapellmeisterin Katharina Müllner im Theater Duisburg mit stehenden Ovationen gefeiert worden.

In der Bühne von Nikolaus Webern, eine für die zahlreichen Schauplatzwechsel fabelhafte Linnen-Sinfonie auf dem Wäscheplatz als zentralem Kommunikationsort im Schtetl Anatevka, begeistert ein homogenes Ensemble, unbedingt noch zu nennen Susan Maclean als Tewjes bessere Hälfte Golde, Morenike Fadayomi als schnäbbelige Klatschtante von Heiratsvermittlerin Jente, Florian Simson als Kiewer Student Perchik und Mathias Tönges als omnipräsenter Motschach. Sie stecken in Sarah Rolkes Kostümen, die an die Handlungszeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts erinnern und zugleich, etwa in den Lederjacken und -mänteln des russischen Wachtmeisters (Stefan Steckmann) und seiner Helfer, auf die mörderische Geschichte des vergangenen Jahrhunderts verweisen, die das heutige Publikum naturgemäß im Hinterkopf hat.

Ein Münchner im Revier: Andreas Bittl

Im Mittelpunkt des einschl. Pause knapp dreieinhalbstündigen Abends natürlich der Tewje-Darsteller. Und hier kann die Rheinoper mit dem Pfund eines Bühnen-, Film- und TV-Allrounders wuchern, der im Revier nicht nur als Ensemblemitglied des Schauspielhauses Bochum (2008 bis 2010), sondern auch mit seiner „A little Bittl“-Reihe am Bochumer Rottstr5-Theater (2012 bis 2015) noch in bester Erinnerung ist: In „Club der toten Österreicher“ etwa, einem Abend u.a. über Thomas Bernhard, Georg Kreisler, Ludwig Hirsch und Hans Hölzel alias Falco, entpuppte sich der gebürtige Münchner mit Festengagements an der Wiener „Burg“ wie am Münchner „Resi“ nicht nur als begnadeter Sänger, sondern auch als Virtuose auf dem Akkordeon. Ein „Liederabend“, der prompt zum NRW-Theatertreffen in Oberhausen eingeladen wurde. Zuletzt verkörperte The One and Only Bittl in Jules Massenets „Hérodiade“ an der Deutschen Oper am Rhein den schauspielerischen Part Hérode.

Die nächsten Vorstellungen

  • Sonntag, 27. Oktober 2024, 18:30 Uhr (nur wenige Restkarten)
  • Donnerstag, 31. Oktober 2024, 19:30 Uhr
  • Samstag, 9. November 2024, 19:30 Uhr
  • Sonntag, 24. November 2024, 15 Uhr (Familientag, ausverkauft)
  • Sonntag, 1. Dezember 2024, 18:30 Uhr

Karten

Tickets zum Preis von 19 bis 78 Euro (ermäßigt die Hälfte) unter theater-duisburg.de oder unter Tel. 0203 – 283 62 100.

Oktober
27
Sonntag
Sonntag, 27. Oktober 2024, um 18:30 Uhr Theater Duisburg, Opernplatz (Neckarstraße) 1, 47051 Duisburg
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  • Donnerstag, 31. Oktober 2024, um 19:30 Uhr
  • Samstag, 9. November 2024, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 24. November 2024, um 15 Uhr
  • Sonntag, 1. Dezember 2024, um 18:30 Uhr
Montag, 21. Oktober 2024 | Autor: Pitt Herrmann
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