
Pablo Larrains emotionale Callas-Huldigung
Angelina Jolie ist 'Maria'
Update, Donnerstag (6.3.2025)
Weiterhin zu sehen im Casablanca und Union Bochum, in der Schauburg Dortmund, in der Schauburg Gelsenkirchen, im Filmstudio Glückauf Essen sowie im Metropol Düsseldorf.
Der Kino-Text
Paris, September 1977: Maria Callas (überragend, nicht nur aufgrund äußerlicher Ähnlichkeit auch in Haltung und Bewegung: Angelina Jolie) hat sich seit Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Die legendäre Operndiva singt nicht mehr und lebt entrückt in ihrer riesigen Wohnung, hinter schweren Vorhängen, in einer Welt voller nicht nur glücklicher Erinnerungen.
Die mit der Scheidung ihrer Eltern beginnen, sodass die 1923 in New York als Tochter griechischer Einwanderer geborene Maria als 13-Jährige (Aggelina Papadopoulou) mit Mutter (Lydia Koniordou) und der älteren Schwester Yakinthi (Evophilie Panagiotarea) nach Athen zieht. Und längst noch nicht damit enden, dass die Mutter ihre minderjährigen Töchter zur Prostitution zwingt – auch mit deutschen Besatzungsoffizieren (Jörg Westphal und Philipp Droste), von denen einer immerhin Marias Gesangstalent erkennt.
Von nun an geht’s bergauf
Nachdem die 17-jährige Maria ihr Debüt in Athen in Franz von Suppès „Boccaccio“ gibt, locken die italienischen Opernhäuser – und der wohlhabende Industrielle Giovanni Meneghini (Alessandro Bressanello) als ihr Gatte. Von nun an geht’s bergauf: La Fenice in Venedig, Covent Garden in London, Metropolitan Opera New York, auch Deutschland. Die Opernwelt liegt der Primadonna assoluta zu Füßen.

Wie der griechische Reeder Aristoteles Onassis (Haluk Bilginer), der ab 1959 Marias einzige große Liebe werden sollte – bis der 1968 die JFK-Witwe Jackie Kennedy heiratet und Maria in eine tiefe seelische Krise stürzt, von der sie sich nicht mehr erholen sollte: Alle Warnungen ihres Arztes Dr. Fontainebleau (Vincent Macaigne) in den Wind schlagend und von ihrer Schwester (nun Valeria Golino) mit „Stoff“ versorgt stirbt die tablettensüchtige Maria Callas im Alter von 53 Jahren an einem Herzinfarkt.
Trilogie faszinierender Frauen
Nach „Jackie“ (2016) über Jackie Kennedy und „Spencer“ (2021) über Lady Diana schließen Steven Knight (Buch) und Pablo Larrain (Regie) mit „Maria“ ihre Trilogie faszinierender Frauen des 20. Jahrhunderts ab. Und richten den Fokus auf die letzte Lebensphase einer starken Frau, die stets um Anerkennung – und etwa gegenüber Herbert von Karajan um finanzielle Gleichberechtigung – kämpfen musste und sich am Ende nur auf zwei großartige Menschen verlassen konnte, von denen Ersterer, inzwischen hochbetagt und gänzlich zurückgezogen lebend, inhaltlich einiges zum Film beitragen konnte.
Es handelt sich bei ihm um Marias treu ergebenen Kammerdiener Ferruccio (Pierfrancesco Favino), der für sie sicherlich auch eine Vaterfigur gewesen ist: er kann sich beim täglichen Verrücken des Konzertflügels vor Rückenschmerzen kaum noch aufrecht halten, trägt aber die Livreé dessen ungeachtet weiterhin mit großer, geradezu britischer Selbstverständlichkeit und macht sich zunehmend Sorgen um Marias Gesundheit statt um die eigene. Was auch für ihre längst zur mütterlichen Vertrauten gewordene Köchin und Haushälterin Bruna (Alba Rohrwacher) gilt, die stoisch jeden Omelett-Wunsch der Hausherrin erfüllt in der Gewissheit, die Eierspeise am Ende selbst verzehren zu müssen.
Stimmumfang knapp drei Oktaven
Als der Fernsehreporter Mandrax (Kodi Smit-McPhee), der wohl nicht zufällig so heißt wie das in Schubladen und Jackentaschen versteckte Aufputschmittel der so exzentrischen wie liebesbedürftigen Diva, auftaucht, blüht Maria Callas auf. Die Gespräche mit dem jungen Mann führen sie zurück in bessere, ja in große, in legendäre Zeiten, in denen sie mit ihrem Stimmumfang von beinahe drei Oktaven die großen Opernhäuser der Welt füllte.
Maria Callas beschließt, noch ein letztes Mal auf die Bühne zurückzukehren, doch die Proben der von ihrem Lebenswandel und ihrem Medikamentenmissbrauch gezeichneten Sängerin mit dem Dirigenten Jeffrey Tate (Stephan Ashfield) werden zum Fiasko…
„Maria“ ist ein sehr nachdenkliches Porträt eines Stars, der immer anderen gerecht werden wollte, statt auf sich selbst zu achten. Und eine 124-minütige bildmächtige Eloge auf die Oper als Königsdisziplin der Künste: die Oscar-Preisträgerin Angelina Jolie hat für die Titelrolle ein halbes Jahr Gesangsunterricht genommen und Italienisch gelernt, um die von Maria Callas gesungenen Arien u.a. von Verdi („La traviata“), Bellini („Norma“), Puccini („Madama Butterfly“) und Bizet („Carmen“) nicht nur playbackmäßig lippensynchron darstellen, sondern selbst singen zu können.
Puccinis „Tosca“ als Roter Faden
Wobei sich „Vissi d’arte“ und die Cavaradossi-Arie „E lucevan le stelle“ aus „Tosca“ wie ein Roter Faden durch den höchst emotionalen Film ziehen. Callas-Fans wissen warum: 1964 gabs in Covent Garden „die“ legendäre Inszenierung Franco Zeffirellis mit „der“ Callas und Tito Gobbi. Die Tonspuren von Maria Callas und Angelina Jolie sind übereinandergelegt: der Anteil Jolies wird zum Ende hin analog zur körperlichen Verfassung Marias immer stärker. Aus meiner Sicht ein genialer Regie-Schachzug.
Der Spielfilm „Maria“, am 29. August 2024 in Venedig uraufgeführt, macht richtig Lust auf große Oper! Zum Kinostart am Donnerstag, 6. Februar 2025 zu sehen im Casablanca Bochum, in der Schauburg Gelsenkirchen, im Filmstudio Glückauf Essen sowie im Cinema Düsseldorf.

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- Donnerstag, 6. Februar 2025