Theaterstück über die Netflix-Ikone im Kulturzentrum
Arsène Lupin – Der Gentleman-Gauner
Auf dem Überseedampfer „Provence“ trifft sich mitten auf dem Atlantik die Crème de la Crème der Gesellschaft. Baron Nathaniel Cahorn (Thorsten Strunk) & Co speisen, feiern und sonnen sich. Doch als sich das Gerücht verbreitet, dass sich der Meisterdieb Arsène Lupin inkognito an Bord befindet, der bekanntlich in den unterschiedlichsten Gestalten auftaucht, beäugen sich die vornehmen Herrschaften misstrauisch gegenseitig.
Inspektor Ganimard (Guido Thurk) befürchtet den nächsten spektakulären Raub, sodass Louis Rozaine (Tobias Schwieger), der als erster verdächtigt wurde, Lupin zu sein, einen hohen Betrag als Fangprämie aussetzt. Der Gesuchte (Jan-Hendrik Kroll) genießt derweil das luxuriöse Leben am Bord – und führt nebenbei sein Vorhaben erfolgreich aus, wobei Nelly Underdown (Arikia Orbán) eine gewisse Rolle spielt.
Der Promi-Dieb findet seinen Meister
Tatsächlich findet der Promi-Dieb seinen Meister, Achtung Spoiler: eine Wunde am Arm verrät ihn, und Arsène Lupin wird bei der Ankunft in New York festgenommen. Er muss zurück nach Frankreich, wo er sofort in Untersuchungshaft genommen und streng bewacht wird. Auf eine Gefängnisinsel in der Seine verlegt versorgt ihn eine Briefträgerin (Carolin Leweling) mit vermeintlich harmloser Post.
Bei regelmäßigen Durchsuchungen seiner Zelle wird nichts gefunden, der Polizeipräfekt Dudois (Mike Kühne) hat sich persönlich überzeugt. Doch niemand ist vor Arsène Lupins überragender Intelligenz sicher und so finden die Beamten zum Prozessbeginn einen Clochard an Lupins Stelle vor – und der dem Wahnsinn nahe Inspektor Ganimard hat im Bois de Boulogne eine Erscheinung…
Netflix-Serie macht Lupin populär
Mit dem genialen wie charmanten Gentleman-Gauner Arsène Lupin, der sich von einem noch so gut bewachten Gefängnis nicht aufhalten lässt, hat der französische Schriftsteller Maurice Leblanc (1864 – 1941) zwischen 1905 und 1935 eine der schillerndsten Figuren der Weltliteratur geschaffen – und das in 20 Romanen, zwei Theaterstücken und etlichen Kurzgeschichten, die zunächst vor allem in Frankreich und im französischsprachigen Teil Kanadas ihr begeistertes Publikum fanden.
Seit der ersten von mittlerweile drei Staffeln, die Netflix Anfang 2021 mit Omar Sy in der Titelrolle ins weltweite Netz stellte, hat der in den höchsten Gesellschaftskreisen verkehrende Verwandlungskünstler, der die Reichen und Schönen ohne jede Scham, dafür aber mit Witz und Originalität bestiehlt, auch hierzulande eine große Fangemeinde.
Drei Geschichten adaptiert
„Die Verhaftung des Arsène Lupin“, „Arsène Lupin im Gefängnis“ und „Die Flucht des Arsène Lupin“: Felix Sommer hat drei Geschichten für das Westfälische Landestheater, Premiere war am 6. Oktober 2024 in der Stadthalle Castrop-Rauxel, adaptiert, deren deutsche Übersetzung aus dem Jahr 1913 stammt.
Der Regisseur: „Diese Geschichten sind in einer Art und Weise geschrieben, die sich nicht sofort für eine Dramatisierung anbietet. In den Büchern gibt es sehr viel Erzähltext und wenig Dialoge. Ich finde immer, wenn man schon Literatur auf die Bühne bringt, dann darf man auch und sollte man auch erkennen, dass es eine literarische Vorlage ist. Und in diesem Falle habe ich mich dafür entschieden, dass es eine Erzählerfigur gibt.“
Burghard Braun als Erzähler
Mit dem immer wieder gern gesehenen Gast Burghard Braun, der im roten Samtenen im plüschigen Sessel unter einer Stehlampe, stets das Weinglas in Reichweite, als distinguierter Erzähler fungiert, hat Sommer genau den Richtigen gefunden, wie man überhaupt von einer tollen Besetzung, noch zu nennen Lesley-Ann Eisenhardt, sprechen muss, die zahlreichen Rollen gerecht wird.
Rabea Stadthaus hat sich für eine historische Ausstattung der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entschieden. Und die Herausforderung der zwanzig Schauplätze in den drei Episoden glänzend bewältigt. Das achtköpfige Ensemble, Thorsten Strunk und Mike Kühne spielen alternierend, steckt in Kostümen dieser weitgehend vom Art Deco bestimmten Epoche, die sich auch in den gezeichneten Bühnenprospekten und den an Stummfilme erinnernden Zwischentiteln offenbart.
Art Deco-Ausstattung und Rückprojektionen
Projektionen sorgen für ungewöhnliche Live-Erlebnisse, die uns Ältere sowohl an Prager Laterna magica-Vorführungen aus der Jugendzeit als auch an Scherenschnitt-Schattenspiele erinnern. Rabea Stadthaus: „Dafür haben wir eine neue Opera angeschafft, die Rückprojektion ermöglicht. Im Grunde ist das wie eine Kinoleinwand, aber die Projektion kommt nicht von vorne, sondern von hinten, was uns verschiedene Möglichkeiten gibt.“
Dieser ungewöhnliche, nostalgische aber durchaus auch spannende neunzigminütige Krimiabend ist am Dienstag, 14. Januar 2025, um 19.30 Uhr im Kulturzentrum Herne sowie am Freitag, 24. Januar 2025, um 19.30 Uhr Theater Marl zu erleben.