Potenziale der Wasserwirtschaft sollen für erneuerbare Energieerzeugung genutzt werden
Auftaktkonferenz des Projektes „ResNRJwater“
Kläranlagen oder Pumpwerke sind wichtige Anlagen der Daseinsvorsorge - wenn bei ihnen der Strom ausfällt, kann Abwasser weder gereinigt noch transportiert werden. Daher benötigen sie eine belastbare Energieversorgung – vor allem angesichts der aktuellen Energie- und Klimakrise. Paradoxerweise bieten genau diese wasserwirtschaftlichen Infrastrukturen – Kläranlagen, Abwasserkanäle, Rückhaltebecken, Deiche, Pumpstationen, Seen – bisher ungenutzte Potenziale für die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energien. Der Lippeverband leitet das von der Europäischen Union geförderte Projekt „ResNRJwater“ mit insgesamt neun Partner aus sechs Ländern – darunter auch die Emschergenossenschaft und ihre Tochter BETREM. Gemeinsam arbeiten sie an dem Ziel, diese ungenutzten Potenziale zu erforschen und damit die Widerstandsfähigkeit der Energieversorgung von wichtigen Infrastrukturen zu erhöhen. Mit der Auftaktkonferenz in Essen ist das Projekt „ResNRJwater“ nun offiziell gestartet.
Potenziale in urbanen und ländlichen Gebieten erschließen
Solar- und Windenergie, Heizung und Kühlung sowie grünes Gas: Um den Mix aus erneuerbarer Energieerzeugung und -nutzung zu verbessern, wollen die Projektbeteiligten die ungenutzten Potenziale des Wasser- und Abwassersektors in urbanen und ländlichen Gebieten erschließen. „Angesichts der aktuellen Herausforderungen der Energie- und Klimakrise müssen wir Wege finden, unsere Energieversorgung zukunftsfähig zu machen. Es gibt schon viele Ideen und Lösungsansätze, wie die Wasserwirtschaft ihre Energieversorgung resilienter gestalten könnte. Mit Aquathermie können wir zum Beispiel die Wärme aus dem Abwasser zum Heizen von Faulbehältern und Gebäuden oder zur Trocknung von Klärschlamm verwenden. Außerdem gilt es, die erneuerbaren Energien auch effizient und intelligent zu nutzen“, sagt Dr. Frank Obenaus, Technischer Vorstand von Emschergenossenschaft und Lippeverband.
Eine Maßnahme des Lippeverbandes innerhalb des EU-Projektes ist, auf einer Kläranlage des Wasserwirtschaftsverbandes den Pilot für ein smartes und komplexes Energiemanagementsystem zu errichten und zu testen. Die besondere Herausforderung ist es, die Eigenenergieproduktion auch auf der Anlage nutzen zu können – leider stimmen Produktion und Verbrauch nicht immer überein. Eine intelligente Speicherung soll über eine Batterie realisiert werden, auch um möglichst flexibel auf die jeweilige Belastungssituation sowie den Energiemarkt reagieren zu können. Somit soll gleichzeitig eine Steigerung der Resilienz sowie eine Kostenoptimierung erreicht werden.
Weiterhin baut der Lippeverband im Zuge von ResNRJwater ein Netzwerk von Aquathermie-Stakeholdern auf. So soll die Nutzung von Abwasserwärme für die Beheizung und Kühlung von Gebäuden nachhaltig gefördert werden.
Abwasser als Wärme- und Kälte-Quelle steht auch im Mittelpunkt
Abwasser als Wärme- und Kälte-Quelle steht auch im Mittelpunkt eines weiteren ResNRJwater-Bausteines unter der Regie der BETREM GmbH, einer Tochter der Emschergenossenschaft. „Abwasser ist fast überall und dauerhaft verfügbar und hat selbst in den Wintermonaten relativ hohe und stabile Temperaturen. Auf der Suche nach noch nicht ausgeschöpften regenerativen Energiequellen sollten wir zunehmend das Abwasser als Primärquelle in den Fokus nehmen“, sagt Geschäftsführerin Dagmar Dörtelmann. Die BETREM erforscht innerhalb des Projektzeitraumes die Potenziale zur Abwasserwärmenutzung im Kläranlagenzulauf. Dabei wird auch die Verwendung alternativer Stoffe als Wärmeträgerflüssigkeit im Wärmetauscher untersucht.
Insgesamt werden im Rahmen von ResNRJwater sieben Pilotmaßnahmen auf Kläranlagen und Pumpwerken in Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Frankreich durchgeführt. Ziel dieser Pilotvorhaben ist die Validierung verschiedener Technologien zur Erleichterung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen im Wasser- und Abwassersektor. Mit den Ergebnissen von ResNRJwater sollen die Wasser- und Abwasserinfrastrukturen energieautarker werden – und zu einer Stabilisierung der Energienetze beigetragen werden. Das Projekt hat eine Laufzeit von 2023 bis 2028 und ein Projektvolumen von rund 11 Millionen Euro, das mit rund 6,37 Millionen Euro aus dem Europäischen Entwicklungsfonds über INTERREG Nordwesteuropa gefördert wird. Abschluss der Auftaktkonferenz bildete die Besichtigung der ersten energieautarken Großkläranlage Deutschlands: das Klärwerk der Emschergenossenschaft in Bottrop.
Projektpartner
- Lippeverband (DE) – Federführender Partner
- Hoogheemraadschap Hollands Noorderkwartier (NL)
- Territoire d'énergie Loire-Atlantique (FR)
- Aquafin NV (BE)
- Emschergenossenschaft (DE)
- SEM EnR44 (FR)
- BETREM GmbH (DE)
- InfraWatt (CH)
- Universität von Galway (IE)