
'Fidelio schweigt' im Gelsenkirchener MiR
Befreiungs- und Rettungsoper Beethovens
Kann man Macht ausüben, ohne die eigenen Ideale zu verraten? Die 1965 im pfälzischen Landau geborene, international ausgezeichnete Komponistin Charlotte Seither befreit Ludwig van Beethovens „Fidelio“ und macht aus der einzigen Oper des Komponisten das, was sie nach seinem Willen immer sein sollte: eine „Befreiungs- und Rettungsoper“. Am Sonntag, 12. Mai 2024, feiert ihre Beethoven-Überschreibung um 16 Uhr Uraufführung im Großen Haus des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier.
Wo das Original im ersten Akt mit der biedermeierlichen Dreiecksgeschichte zwischen der verkleideten Eleonore, Jaquino und Marzelline der Konvention seiner Zeit folgt und erst mit dem Eintritt des Politischen zu seinem freigeistigen und revolutionären Gestus findet, setzt Charlotte Seither das Skalpell an. In der Form einer Dialog-Oper, ein von ihr erfundendes Musiktheater-Format, diskutiert sie mit Beethoven über die Zeiten hinweg Fragen von Freiheit, Individuum und Macht.
Selbstbewusst in Pizarros Machtzentrum
„Fidelio schweigt“ beginnt da, wo auch Beethoven zum Thema kommt: Im letzten Drittel des ersten Aktes mit dem Gefangenen Florestan (Martin Homrich) in der Gewalt des Tyrannen Don Pizarro (Benedict Nelson). Gleichzeitig wird Leonore (Ilia Papandreou) von ihrer Verkleidung als Fidelio befreit. Die Frau als Handelnde, die zur Entstehungszeit noch kaum vorstellbar war, ist heute eine Selbstverständlichkeit. Sie begibt sich selbstbewusst in Pizarros Machtzentrum und kämpft mit offenem Visier für die Freiheit und das Leben Florestans.

Ihr zur Seite steht ein Frauenchor, den Charlotte Seither und ihr Librettist Hermann Schneider hinzuerfunden haben, um den weiblichen Perspektiven in der Oper mehr Raum zu verleihen. Das Besondere der Überschreibung ist, dass Charlotte Seither kaum in Beethovens Partitur eingreift. Stattdessen setzt sie, wie die Komponistin es selbst beschreibt, „klare vertikale Schnitte, in die ich meine eigene Musik hineinbaue. Mir war wichtig, dass beides, Beethovens Originalnummern wie auch meine Musik, bis auf den allerletzten Schluss weitgehend ,pur‘ erklingen.“
Eine zeitlose Geschichte
Das bedeutet auch, dass die Komponistin in den Einschüben sich und ihrer Klangsprache immer treu bleibt: „Zitate, Anekdotisches, wie auch jede Art von historisierendem Kunsthandwerk lehne ich ab.“ Die Oper „Fidelio schweigt“ ist genauso purer Ludwig van Beethoven wie pure Charlotte Seither und erzählt eine zeitlose Geschichte von Machtmissbrauch, individueller Selbstermächtigung und der politischen Dimension von Beziehungen mit einer heutigen Perspektive.
Die Uraufführung des Auftragswerks des Musiktheaters im Revier war anlässlich des Beethovenjahrs 2020 geplant, musste jedoch seinerzeit wegen Corona verschoben werden. Unter der musikalischen Leitung von Peter Kattermann gehören zudem Almas Svilpa als Rocco sowie Jongyoung Kim als 1. Gefangener und Oliver Aigner als 2. Gefangener zum Ensemble, das in der Ausstattung (Bühne, Kostüm Video) von Falko Herold und Vincent Mesnaritsch agiert. Die weiteren Vorstellungen:
- Freitag, 17. Mai 2024, 19.30 Uhr
- Sonntag, 19. Mai 2024, 16 Uhr
- Samstag, 25. Mai 2024, 19 Uhr
- Donnerstag, 30. Mai 2024, 18 Uhr
- Sonntag, 2. Juni 2024, 18 Uhr
Karten ab 15 Euro unter musiktheater-im-revier.de, an der Theaterkasse am Kennedyplatz (Montag und Samstag von 10 bis 14 Uhr, Dienstag bis Freitag von 10 bis 18.30 Uhr) oder unter Tel. 0209 – 40 97 200.

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- Freitag, 17. Mai 2024, um 19:30 Uhr
- Sonntag, 19. Mai 2024, um 16 Uhr
- Samstag, 25. Mai 2024, um 19 Uhr
- Donnerstag, 30. Mai 2024, um 18 Uhr
- Sonntag, 2. Juni 2024, um 18 Uhr