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Hans van Manen „ Four Schumann Pieces “: Olgert Collaku, Simone Messmer, Orazio Di Bella, Vinícius Vieira und Paula Alves.

'Signaturen' in der Düsseldorfer Rheinoper

Bridget Breiner-Uraufführung

Mit „Signaturen“ hatte sich Bridget Breiner mit ihrem „Ballett im Revier“ Anfang Juni 2019 vom Gelsenkirchener Publikum nach Karlsruhe verabschiedet: Acht ganz unterschiedliche Handschriften von sieben namhaften Choreografen, darunter drei Uraufführungen.

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Das große Spektrum von Klassik über Neoklassik bis hin zur Moderne bestimmt auch ihren ersten, ebenfalls „Signaturen“ betitelten, mit zwei Pausen knapp dreistündigen Abend als neue künstlerische Leiterin des „Ballett am Rhein“, der am Samstag (19.10.2024) im Opernhaus Düsseldorf Premiere feierte. Wobei auch die Düsseldorfer Symphoniker unter Benjamin Pope ihren Anteil am stehend gefeierten Erfolg haben.

Four Schumann Pieces

An erster Stelle des dreiteiligen Programms steht Hans van Manen, der vom neuen Leitungsduo, Raphaël Coumes-Marquet ist als Ballettdirektor vor allem für die administrative Seite verantwortlich, als „inoffizieller Hauschoreograf“ bezeichnet wird. Seine „Four Schumann Pieces“, am 31. Januar 1975 beim Royal Ballet London uraufgeführt, sind erstmals an der Rheinoper zu bewundern – zu Robert Schumanns Streichquartett op.41 Nr. 3, das in Martin Yates‘ Bearbeitung für Streichorchester erklingt.

Zeitloses klassisches Ballett auf Spitze des altmeisterlichen Niederländers in hauchzarten pastellfarbenen Kostümen (Oliver Haller), Präzision und Eleganz in vollendeter Harmonie zur romantischen Musik selbst bei temporeichen Pas de deux-Partnerwechseln und berückenden Gruppenchoreografien. Musikalisch eine Verbeugung vor Breiners neuer Wirkungsstätte: Robert Schumann, nach 1850 Städt. Musikdirektor in Düsseldorf, komponierte hier u.a. seine 6. Sinfonie Es-Dur, die „Rheinische“.

Empire Noir

Mit „Empire Noir“, uraufgeführt am 17. Juni 2015 vom Dutch National Ballet in Amsterdam, hält – als Deutsche Erstaufführung - erstmals überhaupt ein Werk des weltweit gefragten britischen Choreografen David Dawson Einzug in das Repertoire des „Ballett am Rhein“. Dynamik pur schon im Bühnenbild (John Otto), einem geschwungenen, scheinbar vom Sturm geblähten Segel. Und in der für Düsseldorf überarbeiteten suggestiven, an Minimal- und Film-Musik erinnernden Komposition des Dawson-Landsmannes Greg Haines.

David Dawson „Empire Noir“: Sophie Martin (Igone) und Joan Ivars Ribes (Vito).

Die sich parallel zur kraftvoll-athletischen, schier atemberaubenden Choreografie von leisen Streicherklängen unterlegten Glockentönen und Percussions-Schlägen sowie treibender Orgelmusik spiralförmig zum Crescendo steigert. Der klassische Primoballerino hat hier ausgedient, kraftvolle männliche Eleganz paart sich mit weiblicher Anmut und Grazie bewusst auf Augenhöhe in einem in fast gleichförmig in schwarzen Trikots steckenden Ensemble.

Biolographie

Im abschließenden dritten Teil der „Signaturen“ begibt sich Bridget Breiner mit der Uraufführung von „Biolographie“ auf die Suche nach dem, was uns prägt und wo unsere Wurzeln liegen. In enger Zusammenarbeit mit dem Ausstatter Jürgen Franz Kirner präsentiert sie ein abstraktes Werk über die Notwendigkeit, zurückzuschauen, um nach vorne zu gehen und sich selbst als ein Ich zu definieren.

Bridget Breiner lässt drei lose miteinander verbundene Welten entstehen, die sich alle mit der Frage nach dem, was uns prägt, beschäftigen. Im ersten Satz von Sergei Rachmaninows aufwühlendem zweitem Klavierkonzert op.18 in c-Moll begibt sich ein junger Mann (Lucas Erni als Humboldt) auf eine Reise, um die faszinierende Natur (die bunt kostümierten Tänzer tragen Pfauenschwänze aus Tüll) zu erforschen, Spuren zu sammeln und so vielleicht selbst seinen Platz in der Welt zu finden. Kein Handlungsballett im engeren Sinn, aber ein Thema: die Fotografie einer Messung des Wissenschaftlers wird am Bühnenrand sukzessive ergänzt durch Studienblätter des Forschungsreisenden.

Figur der 'Tochter' ist Dreh- und Angelpunkt

Dreh- und Angelpunkt des folgenden Teils ist die Figur der „Tochter“ (Balkya Zhanburchinova, Olgert Collaku und Eric White). Das das sich später zum Pas de trois erweiterte Solo der im dunklen Trikot tanzenden Tochter des am Rand in Gedanken versunkenen Humboldt erweitert den Blick auf das Familiäre, auf die Beziehung zwischen den Ahnen und Vorvätern, Kindern und Enkeln.

Im finalen Teil, die Compagnie trägt nun mit floralen Motiven bemalte hautfarbene Trikots, vereinen sich vor einer sich immer weiter auftürmenden Gebirgslandschaft die analytische Sicht des Wissenschaftlers auf die Welt mit dem Blick seiner Tochter auf die Menschen zu einer verbindenden, lebensbejahenden Feier fühlender Kreaturen. Ein optimistischer Blick auf eine ungewisse Zukunft…

Apropos Gelsenkirchen

Dabei gibt es ein Wiedersehen mit Francesca Berruto, Trägerin des Gelsenkirchener Theaterpreises 2016, die mit Bridget Breiner nach Karlsruhe gegangen ist und nun ihrer Compagnie Ballett am Rhein gehört. Apropos Gelsenkirchen: Zahlreiche, darunter auch prominente Gesichter, die man von den MiR-Premieren kennt, sah man bei der zweiten Vorstellung am Sonntag (27.10.2024) in Düsseldorf. Einige müssen noch lernen, dass man aus einem Parkhaus mit Video-Scanner des Kfz-Kennzeichens nur herauskommt, wenn man zuvor am Automaten im Opernhaus den Theatertarif von sechs Euro gezahlt hat. Aber das wird schon!

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Karten unter operamrhein.de sowie unter Tel. 0211 – 8925211. Die weiteren Vorstellungen im Opernhaus Düsseldorf:

Bridget Breiner „Biolographie“: Nelson López Garlo und Nami Ito.
  • Sonntag, 3. November 2024, 15 Uhr (anschl. Nachgefragt)
  • Mittwoch, 6. November 2024, 19.30 Uhr
  • Donnerstag, 7. November 2024, 11 Uhr (Schulvorstellung)
  • Samstag, 9. November 2024, 19.30 Uhr
  • Samstag, 16. November 2024, 19.30 Uhr
  • Sonntag, 24. November 2024, 18.30 Uhr (Audiodeskription)
  • Samstag, 30. November 2024, 19.30 Uhr
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  • Sonntag, 3. November 2024, um 15 Uhr
  • Mittwoch, 6. November 2024, um 19:30 Uhr
  • Donnerstag, 7. November 2024, um 11 Uhr
  • Samstag, 9. November 2024, um 19:30 Uhr
  • Samstag, 16. November 2024, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 24. November 2024, um 18:30 Uhr
  • Samstag, 30. November 2024, um 19:30 Uhr
Mittwoch, 30. Oktober 2024 | Autor: Pitt Herrmann