
Die kluge Frau verpisst sich im Bochumer Schauspielhaus
Clyde und Bonnie - Ein B-Movie
Hillbilly-Musik im Oval Office genannten Bochumer Theaterkeller. Passt zur Geschichte des berühmten Gangsterpärchens Bonnie Elizabeth Parker und Clyde Chestnut Barrow, das Anfang der 1930er Jahre raubend und mordend durch den Mittleren Westen der USA zog. Nach zwei Jahren machten Polizisten dem Spuk ein Ende – mit 50 Kugeln.
„Wie sieht es aus? – Bullen, soweit das Auge reicht“: Zwei Schauspieler, Bonnie (Karin Moog), die tatsächlich so heißt – Eltern können manchmal grausam sein, und Clyde (Oliver Möller), der eigentlich Werner heißt, sind für einen Low-Budget-Film gecastet worden. Sie bereiten sich in einem schon etwas heruntergekommenen Fitnessstudio auf die vor allem körperliche Herausforderung vor.
'Wir sind im Arsch'
„Wir sind so sehr im Arsch, dass wir vorne wieder rauskommen“: Sybille Hadulla-Kleinschmidt muss einige Male nachhelfen, noch sitzt der Text in der Sprache eines B-Movie noch nicht sicher. Die beiden Protagonisten sind sich, wie Liebende im richtigen Leben, nicht immer einig, pushen sich aber in entscheidenden Momenten gegenseitig: „Das is’n ganz wichtiger Satz für deine Figur“, lässt sich etwa Bonnie vernehmen, die fitnessmäßig die Hosen anhat („Wippen war gestern“).
Als Bonnie, die selbst bei Beerdigungen nicht weinen kann, und Clyde, dessen einziger Freund bisher sein Hund Nicki gewesen ist, sich kennen lernten, war das Liebe auf den ersten Blick. Auch, weil ihnen zuvor nie etwas Gutes passiert ist: Zerrüttete Familienverhältnisse, soziale Verwahrlosung einschließlich Gewalterfahrung, Jugendarbeitslosigkeit. Seitdem sind sie unzertrennlich und planen eine Zukunft ohne materielle Sorgen. Ist es da wirklich ein Verbrechen, eine Bank auszurauben?
Flucht in die benachbarte Bar
Das dicke Ende, mehrfach in Variationen eingeübt, die so nicht im Filmskript von Robert Benton und David Newman stehen, kommt unausweichlich. Und doch im intimen Bochumer Kellertheater ganz anders: Bei ihrem Jubiläum, ihrem zehnten Bankraub, ist Bonnie gerade rechtzeitig vor dem letalen Showdown in die benachbarte Bar geflüchtet…
Holger Schober, Grazer des Jahrgangs 1976, ist als Schauspieler und Autor von Kino- und Fernsehfilmen (mehrere „Soko“-, „Tatort“- und „Landkrimi“-Folgen, zuletzt Miniserie „Alles finster“ und Kinofilm „Sterne unter der Stadt“) ein Begriff, zumindest in Deutschland aber als Autor von inzwischen rund 20 Stücken („Hikikomori“) im Bereich des Jungen Theaters eine echte Entdeckung. „Clyde und Bonnie“, uraufgeführt 2008 im „Dschungel“, dem Theaterhaus für junges Publikum im Wiener Museumsquartier, ist Gangstertragödie, Lovestory und knallharte Systemkritik zugleich, vor allem aber eine äußerst kurzweilige Komödie.
Der aus Niedersachsen stammende, in Leipzig bei Prof. Dr. Gerda Baumbach ausgebildete Romanist und Theaterwissenschaftler Albrecht Schroeder, seit dieser Spielzeit Regieassistent am Schauspielhaus, kann sich in seiner sechzigminütigen Bochumer Debüt-Inszenierung auf das spielfreudige Darsteller-Duo Karin Moog und Oliver Möller verlassen. Seit 2012 gibt’s auch eine Fortsetzung. Demnächst auch in Bochum, am besten mit dem gleichen Team, zu dem auch Ingrid Pons I Miras (Bühne) und Jana Kuhlemeier (Kostüme) gehören?
Die weiteren Vorstellungen
Die weiteren Vorstellungen im Oval Office des Schauspielhauses Bochum: Freitag, 22. Dezember 2023, 21.30 Uhr; Freitag, 5. Januar 2024, 20 Uhr; Freitag, 12. Januar 2024, 20 Uhr. Karten nur an der Abendkasse, Eintritt nach dem „Pay what you want“-Prinzip.

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- Freitag, 22. Dezember 2023, um 21:30 Uhr
- Freitag, 5. Januar 2024, um 20 Uhr
- Freitag, 12. Januar 2024, um 20 Uhr