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Corona kommt - Durchseuchung ertragen.

Antikörper bilden und 'Durchseuchung' ertragen

Da müssen wir jetzt durch

Etwas Wichtiges vorweg: In Herne hat am Donnerstag (12. 3.2020) das Covid-19-Diagnosezentrum seinen Betrieb aufgenommen. Es handelt sich nicht um eine allgemein zugängliche Einrichtung mit Praxisbetrieb. Nur Personen, bei denen ein Arzt nach vorherigem Telefonat einen Test als erforderlich erachtet, werden vom städtischen Gesundheitsamt zur Probenentnahme dort einen Termin erhalten. Falls Sie vermuten, sich mit dem Virus infiziert zu haben und die krankheitstypischen Symptome bei sich wahrnehmen, setzen Sie sich zunächst telefonisch mit einem Arzt in Verbindung und suchen nicht unangemeldet eine Praxis oder ein Krankenhaus auf.

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Für die Terminvergabe des Diagnosezentrums ist den Arztpraxen und Krankenhäusern eine Telefonnummer bekannt. Bei dieser Hotline können die Fachkräfte potenzielle Verdachtsfälle melden. Mitarbeitende des Gesundheitsamtes werden dann Kontakt zu den Personen aufnehmen, um einen Termin im Diagnosezentrum zu vereinbaren. Ärzte der der niedergelassenen Ärzteschaft sowie der beiden Krankenhausträger in Herne werden die Abstriche vornehmen. Medizinisches Assistenzpersonal und Verwaltungskräfte stellt die Stadt Herne.

Am Mittwoch (11.3.2020) hatte ich das Vergnügen, mit den Mitarbeitern eines Krankentransport-Unternehmens zu diskutieren. Klar, dass die derzeitige Covid-19-Epidemie ein wichtiges Thema war. Es war eine höchst interessante Diskussion mit bemerkenswert informierten Diskussionsteilnehmern. Es kam die Frage auf, weshalb wir in Deutschland nicht ähnlich radikale Maßnahmen ergreifen wie in Italien oder China. Ich persönlich begegne der Entwicklung dieser Epidemie relativ entspannt und beobachte die deutschlandweit ziemlich uneinheitlichen Maßnahmen zwar interessiert, aber ohne besondere Erregung. Deshalb war ich auf diese Frage nicht wirklich vorbereitet.

Letztlich geht es ja darum, ob man die Ausbreitung des Virus definitiv stoppen kann. Da kann ich nur wiederholen: Nein, zu stoppen ist die Ausbreitung nicht, weder in China, Italien, Deutschland oder dem Rest der Welt. Diese Infektionswelle wird erst erlöschen, wenn 60 – 70 Prozent der Bevölkerungen, ob bei uns oder anderswo, Antikörper gebildet haben. Da eine Impfung (noch) nicht zur Verfügung steht, müssen wir die Infektionswelle mit allen ihren Folgen bis zu einer „Durchseuchung“ von circa 70 Prozent ertragen, da „beißt die Maus keinen Faden ab“. Die Frage ist nicht, ob diese Durchseuchung kommt, sondern wie schnell sie kommt.

Eine Modellrechnung

Etwa 15 Prozent der Infizierten werden so schwer erkranken, dass sie einer stationären Behandlung bedürfen und ca. 5 Prozent benötigen eine Behandlung auf der Intensivstation. Nehmen wir an, das Virus würde uns innerhalb von 6 Monaten überrennen. Bei einer Gesamtbevölkerung in Deutschland von 85 würden 60 Millionen infiziert. Davon würden 48 Millionenallenfalls ein paar Tage krank feiern. Aber 9 Millionen Menschen müssten ins Krankenhaus, also fast 1,5 Millionen pro Monat. Pro Monat müssten 500 000 Patienten intensivmedizinisch betreut werden. Es ist klar, dass ein solches Szenario jedes Gesundheitssystem dieser Erde kollabieren ließe. Das Gebot der Stunde heißt also, diese Welle so auszudehnen, dass weder die Gesundheits- noch die Wirtschafts- und Sozialsysteme zusammenbrechen.

Italien hat die höchste Zahl an nachgewiesenen Covid-19-Toten nach China. Mittlerweile sind 463 Menschen gestorben. Die Zahl der nachgewiesen Infizierten wächst mit derzeit fast 9.200 weiter rasant an. Die Sterberate der nachgewiesen Infizierten liegt in Italien derzeit bei knapp fünf Prozent. Sie ist damit die höchste weltweit, übersteigt sogar die Chinas, die bei 3,9 Prozent liegt. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die Zahl der Infizierten bei etwa 1.150 und vier Toten (= 0,35 Prozent), also weit weniger als in Italien. Warum gibt es dort so viele Todesfälle? Die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass die Zahl der Infizierten viel höher ist, als die offizielle Zahl der auf Sars-CoV-2 positiv getesteten Menschen. Tote kann man leicht zählen, Infizierte muss man erst ermitteln, bevor man sie zählen kann. Ganz offensichtlich hat die Infektionswelle Italien ziemlich „kalt erwischt“ und nimmt deshalb einen viel steileren Verlauf als in anderen Ländern Europas. Wenn in Deutschland bislang nur eine Sterberate von 0,35 Prozent vorliegt, hat das auch damit zu tun, dass die intensivmedizinischen Ressourcen eine hohe Kompetenz entwickeln können, solange sie nicht überlastet werden. Und letzteres deutet sich in Italien an. Deshalb müssen die Maßnahmen dort deutlich drastischer ausfallen als bei uns.

Bis also eine Durchseuchung von 70 Prozent erreicht ist, werden wir mit Covid-19 leben müssen. Das werden wir auch können, wenn dieses Virus in die Bevölkerung einsickern kann und sie nicht überflutet. Auch viele Deutsche werden sich noch infizieren. Das ist durch nichts zu verhindern. Entscheidend ist, diesen Vorgang so lange auszudehnen, wie irgend möglich und zwar ohne einen Kollaps des gesamten öffentlichen Lebens.

Bei aller föderalen Uneinheitlichkeit der Maßnahmen habe ich den Eindruck, dass unsere gesundheitspolitischen Entscheidungsträger da doch einen einigermaßen kühlen Kopf bewahren.

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Freitag, 13. März 2020 | Autor: Dr. Gerd Dunkhase von Hinckeldey