„Genossen sind überrascht bis entsetzt“
Das Hallenbad wird abgerissen
Sicheres Schwimmen, das sollte für alle Kinder und Jugendliche ermöglicht werden, beinhaltet es doch neben dem gesundheitlichen Aspekt auch eine aktive Teilhabe an Sport und Spiel. Dazu hat sich die Landesregierung ein Ziel gesetzt: Jedes Kind sollte am Ende der Grundschulzeit, spätestens aber am Ende der Klasse 6, sicher schwimmen können. Das hört sich doch prima an.
In Herne ermöglicht Horst Schröder mit seinen Mondrittern und dem Seepferdchen-Projekt - Seepferdchen für alle - seit Jahren Grundschülern, egal welchen finanziellen Hintergrund sie haben, am Schwimmunterricht teilzunehmen. Weit über 1.000 Kindern können dank ihres Engagements nun schwimmen. Aber was tun, wenn die Wasserflächen und die Wasserzeiten in einer Stadt nicht ausreichen? Dann wird ein Mann wie Horst Schröder aktiv. Schröder, der nah an der Basis lebt und arbeitet, ein parteiloses Mitglied der SPD-Bezirksvertretung ist, Sportausschuss-Sitzungen besucht, an Bezirkssitzungen teilnimmt, mit den Genossen gut im Gespräch ist, erzählt von seinen Ideen. Und Ideen hat der Mann mit dem Zylinder viele.
Schröder: „In mehreren Sitzungen hatte ich meine Gedanken dazu kundgetan und stieß dabei immer wieder auf Zustimmung.“ Im Februar 2021 hieß es zum Beispiel in einer Stellungnahme der SPD: „Wasserflächen und -zeiten reichen nicht aus, Schwimmvereine leiden, Kindern fehlt die Möglichkeit, Schwimmen zu lernen ...“ (halloherne berichtete)
So brachte Schröder (wieder) den Erhalt des alten Hallenbades, das am 20. November 2016 den letzten Badegast verabschiedete, zur Sprache: „Und zwar nicht aus nostalgischen Gründen, sondern einzig und allein aus Bedarfsgründen. Das würde nicht nur für mehr Schwimmfläche sorgen, sondern das Sportbecken im Wananas würde dann komplett der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen (halloherne berichtete). Eine Sanierung der Lehrschwimmbecken ist ja gut und schön, aber die bringt den Vereinen nichts, die brauen Wettkampffläche, die wollen Bahnen schwimmen."
Am 15. März 2021 entstand so ein längeres SPD-Papier, zu dem Thema (halloherne berichtete) das mehrere Genossen als Autoren unterzeichneten. Darin heißt es unter anderem: „Die Klärung der Zukunft des alten Hallenbades in Eickel muss kurzfristig erfolgen. Diese ist unmittelbar mit der Frage der Versorgung mit Lehrschwimmflächen in Wanne und Eickel verbunden. Wenn das Gebäude nachweisbar – dafür wäre eine Gegenüberstellung von Zahlen für eine transparente Debatte notwendig – keine Option ist, muss eine Alternative her.“
"Fördergelder sind möglich"
Neben möglichen Ideen brachte Schröder auch Fördergelder für einen Erhalt des Hallenbades in die Diskussion mit ein. Schröder: „Die SPD Recklinghausen hat zum Beispiel das alte Südbad mithilfe von Fördergeldern in die Zukunft gerettet: 1,1 Mio Euro fließen in den Umbau, 90 Prozent davon bezahlt das Land über das Sonderprogramm „Investitionspakt Soziale Integration im Quartier NRW“. Die Stadt Recklinghausen zahlt 'nur' einen Eigenanteil von etwa 300.000 Euro. Aber in Herne wurden entweder Fristen nicht eingehalten oder der Antrag erst gar nicht gestellt? Zudem scheint man in Herne anders zu rechnen und verweist ständig auf hohe Kosten.“
Was Schröder dann am Morgen des 1. April 2021 der WAZ Lokalseite entnahm, sorgte für ein heftiges Verschlucken an seinem Frühstück-Ei: „Während der Pressekonferenz zu der Erweiterung der Brennerei Eicker & Callen wird Oberbürgermeister Frank Dudda in einem Nebensatz zitiert, darin heißt es, 'die Stadtentwicklungsgesellschaft wird das alte Hallenbad kaufen, um es abzureißen und Platz für Neues zu schaffen.'“
Daraufhin hat Schröder Hendrik Bollmann, Sprecher der SPD im Sportausschuss, angeschrieben, der auch umgehend zurück schrieb: „Das kann doch nicht wahr sein.“ Im Gespräch mit halloherne antwortet Hendrik Bollmann auf die Frage, ob er von den Plänen - kaufen und abreißen - gewusst hätte: „Nein, ich war selber erstaunt, dass es schon eine solch klare Aussage zum Hallenbad gibt. Als ich diesen Satz von Frank Dudda am Morgen las, bin ich genauso jungfräulich überrascht worden wie Horst Schröder.“
Für Bollmann gibt es bei dem Wasser-Thema im Grunde ein wichtiges Ziel: Am Ende muss es genügend Schwimmflächen in Herne geben. „Genau so haben wir es ja auch in unserem SPD-Papier zu dem Thema verfasst.“ Ob es lohnt, das „wunderschöne alte Hallenbad“ in die Zukunft zu retten, das müsse eine Gegenüberstellung der Zahlen zeigen. „Darum, müssen wir jetzt in einer sachlichen Diskussion versuchen, die Lage objektiv zu beurteilen."
Auch der Vorsitzende des Sportausschusses, Martin Kortmann (SPD), hat das SPD-Papier mit verantwortet und unterschrieben und war über den Sachverhalt nicht informiert. Kortmann: „Mir war nicht bekannt, wie weit ein Abriss jetzt schon spruchreif war. Ich bin ebenso, wie weitere Genossen von der Aussage überrascht worden.“ Dass das Hallenbad nicht zu retten ist, das sei für ihn keine Überraschung gewesen, alleine das Gebäude energetisch herzurichten, wäre ein schier unlösbares Unterfangen. Weiter zählt er die Brandschutzverordnung und den barrierearmen Umbau, Stichwort: Aufzug, zu den Hürden, die kostenintensiv und kaum zu überwinden wären. „Und“, sagt Kortmann weiter, „du wirst das Bad auch nicht auf den technisch erforderlichen Stand bringen können, den es heute braucht. “
Klar ist für Kortmann allerdings auch, dass wir dringend Wasserflächen in Herne brauchen und er verweist auf einen Punkt im SPD-Papier, der besagt: Darüber hinaus muss gelten: Kein älteres Bad wird geschlossen, bevor nicht die neue Alternative bereitsteht. Daran würde intensiv gearbeitet und in der nächsten Sitzung des Sportausschusses am Donnerstag, 15. April 2021, 17 Uhr, steht im Volkshaus das Thema Wasserfläche/Schulschwimmen auf dem Tagesordnungspunkt 1.
Horst Schröder kann es im Prinzip nicht fassen: „Der Vorsitzende des Sportausschusses hätte das doch auch alles früher erzählen können. Für mich steht das doch im völligen Gegensatz zu dem Papier, das er unterschrieben hat.“
Und weiter überlegt Schröder laut: „Überhaupt, der Gedanke etwas zu kaufen (zu welchem Preis?), um es dann kostenpflichtig (Höhe der Kosten?) zu zerstören, ist bei der immer wieder angemerkten knappen Finanzlage der Stadt, kaum nachvollziehbar. Aber wenn man dann noch die Kosten hinzurechnet, die man für das 'Neue' bezahlt, von dem man noch gar nicht weiß, was es wird, klingt das alles sehr abwegig. Das Geld, aus den drei Faktoren, Kaufen (Preis?), Abriss (Kosten?) und Luftschloss (Kosten ?), könnte man doch auch in das Hallenbad investieren, denn das wird bekanntlich dringender gebraucht als das 'unbekannte Neue'.“
Horst Schröder ist gespannt: „Aktuell warte ich auf die kommenden Pressemitteilungen. Eventuell kam es aber auch wegen der Osterfeiertage oder den Kontaktbeschränkungen bis jetzt noch zu keinem (mir bekannten) Austausch bezüglich des geplanten Abrisses. - Eine transparente Debatte, die stelle ich mir allerdings anders vor“, sagt Horst Schröder enttäuscht.