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Florence Green (Emily Mortimer) verwirklicht ihren Traum vom eigenen Buchladen.

In der Filmwelt Herne

Der Buchladen der Florence Green

Florence Green (Emily Mortimer) hat früh ihren Mann verloren, doch ihre gemeinsame Liebe zu Büchern aller Art lässt sie nicht los. Die junge Kriegswitwe investiert ihr gesamtes Vermögen in die Verwirklichung ihres Traums von einem eigenen Buchladen und kauft ausgerechnet in dem verschlafenen ostenglischen Küstenort Hardborough ein verwittertes, feuchtes, von Schimmel befallenes und nach siebenjährigem Leerstand dringend renovierungsbedürftiges Haus.

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Ende der 1950er Jahre, wo der Krieg noch sichtbare Narben hinterlassen hat in den Familien, stehen nicht nur die Fischer dem Bücherlesen skeptisch gegenüber. Auch der Banker Mr. Keble (Hunter Tremayne) kann sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass hier außerhalb des Einflussbereichs der aristokratischen Orts-Honoratioren General Gamart (Reg Wilson) und seiner Gattin Violet (Patricia Clarkson) gesellschaftliche oder gar kulturelle Ereignisse möglich sein könnten.

Der snobistische Landadel lässt es sich nicht nehmen, den seltenen Neuzugang auf der alljährlichen Frühlingsparty von Lady Gamart in Augenschein zu nehmen. Einem offenbar bewusst falschen Ratschlag folgend erscheint Florence in einem im übrigen sehr chicen roten Kleid und wird vom eleganten Milo North (James Lances), der sich auffällig um sie bemüht, aufgeklärt: „Rot tragen Dienstmädchen an ihrem arbeitsfreien Sonntag.“

Florence lässt sich nicht entmutigen durch die Mahnung der Gastgeberin, sie habe mit dem „Old House“ andere Pläne: ein Kulturzentrum unter der Leitung des schmierigen, offenbar heimlich mit ihr verbandelten Literaten Milo North. Violet Gamarts Angebot einer anderen Immobilie für ihren rasch gut frequentierten The Old House Bookshop lehnt sie ab. Mit Beharrlichkeit renoviert Florence das marode Gebäude, füllt mit neuen Büchern aus London die Regale und hat selbst mit progressiven, die Leserschaft polarisierenden Werken wie Nabokovs Lolita oder Ray Bradburys Fahrenheit 451 Erfolg bei den Dorfbewohnern.

Und ganz besonders bei dem seit langem zurückgezogen lebenden Mr. Brundish (Bill Nighy), dessen Gattin seit 45 Jahren in London lebt und der sein Haus schon geraume Zeit nicht mehr verlassen hat. Er wird zu ihrem besten Kunden - und findet nach einer ersten persönlichen Begegnung beim Tee in seinem abgelegenen Anwesen auch Gefallen an der Buchhändlerin. Die in dem noch gänzlich unbedarften Arbeiterkind Christine (Honor Kneafsey) nicht nur eine tüchtige Hilfe, sondern bald auch eine begeisterte Leserin gefunden hat.

Florence Greens Erfolg lässt die graue Eminenz Violet Gamart nicht ruhen, muss sie doch einen Kontrollverlust in Hardborough befürchten: Sie legt ihr mit allen juristischen Mitteln Steine in den Weg, eröffnet schließlich einen konkurrierenden Buchladen und wirbt Christine ab, indem sie ihre Eltern unter Druck setzt. Selbst Edmund Brundish, der sich persönlich in die Höhle der Löwin begibt, vermag nichts gegen den Hass auszurichten – und stirbt wenig später an den Folgen eines Herzanfalls.

Die Stadt stellt Florence mit der offiziellen Begründung, ihr Haus sei unbewohnbar, buchstäblich den Stuhl vor die Tür. Bei solchen Leuten, konkret: bei solchen menschlichen Drecksäcken wie Milo North, kann ihres Bleibens nicht länger sein. Sodass die Bücherfrau mit einem lachenden und einem weinenden Auge Hardborough verlässt. Christine aber, die sich am Ende nach 110 Minuten als Erzählerin entpuppt, nimmt die bittere Niederlage ihrer verehrten Mentorin persönlich…

Die feinsinnig verfilmte Adaption des 1978 erschienenen Romans „Die Buchhandlung“ der britischen Schriftstellerin Penelope Fitzgerald, die am 21. Oktober 2017 auf dem Int. Filmfestival Valladolid uraufgeführt wurde und bei der Deutschen Erstaufführung am 16. Februar 2018 in der Special-Reihe der 68. Berlinale gefeiert wurde, ist eine Hommage an die Literatur wie auch und gerade an die haptischen und olfaktorischen Sinne anregende Bibliophilie. Sie erhielt auf der Frankfurter Buchmesse den Preis als Beste internationale Literaturverfilmung 2017.

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Der Regisseurin Isabel Coixet (Paris, je t’aime, Elegy oder Die Kunst zu lieben) ist ein hochkarätig besetztes, zu Herzen gehendes Drama um den Kampf einer Frau, die ihr Leben mutig in die eigene Hand nimmt und versucht, frischen Wind in eine verkrustete Gesellschaft zu bringen, gelungen. Jean-Claude Larrieus Kamera sorgt mit ungewöhnlichen Frosch- und Vogelperspektiven sowie Ganz-Nah-Einstellungen für eine ganz spezielle, spannende Optik. Der Buchladen der Florence Green läuft innerhalb der Kinocafe-Reihe am Montag, 19. November 2018, und am Mittwoch, 21. November 2018, jeweils um 14.30 Uhr in der Filmwelt am Berliner Platz in Herne.

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  • Mittwoch, 21. November 2018, um 14:30 Uhr
Montag, 19. November 2018 | Autor: Pitt Herrmann