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Gregory (Callum Turner) verliebt sich in Maria (Matilda de Angelis).

Herrlich beschwingte Sommerkomödie in der Filmwelt Herne

Der göttliche Andere

Mit den dem Vorspann unterlegten Höllen des niederländischen Renaissance-Malers Hieronymus Bosch und wütenden Autofahrern im römischen Dauerstau beginnt eine der ungewöhnlichsten romantischen Komödien der letzten Jahre, die während der Konklave genannten Papstwahl in der Heiligen Stadt spielt.

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Zu phantastischen Sehnsuchtsbildern des deutschen Hollywood-Kameramannes Florian Hoffmeister entwickelt sich eine einerseits beschwingte, sommerlich-leichte Liebesgeschichte mit nicht wirklich überraschendem Ausgang, die coronabedingt mit einiger Verspätung in unsere Kinos gekommen ist.

Andererseits spricht der 1976 in Aachen geborene und vielfach ausgezeichnete Autorenfilmer Jan Schomburg letzte Fragen an – und lässt an seiner nicht gerade mehrheitsfähigen Position keinen Zweifel: „Gott existiert!“

Teodora (Anna Bonaiuto) weist Maria (Matilda de Angelis) in die Ordensregeln ein.

Zu dieser Erkenntnis gelangt der amerikanische Fernsehmoderator Gregory Spring (Callum Turner), ein überzeugter Atheist, der mit seiner Assistentin Amina (Ronke Adekoluejo) und dem immerhin Lateinisch radebrechenden Kameramann Robert (Mark Davison) nach Rom geschickt wird, um über die anstehende Wahl des neuen Papstes zu berichten. Eigentlich hätte der Spezialist für politische Unruhen und soziale Konflikte in der Dritten Welt jetzt in Afrika arbeiten sollen – und geht entsprechend wenig motiviert an die Arbeit.

Seine hämischen Kommentare zum Vatikan, zum Papsttum und ganz generell zu Glaubensdingen untermauert er mit Interviewpartnern, die er sich bewusst im Krankenhaus (Paolo Bonacelli) oder gar im Gefängnis (Thomas Semerano) aussucht. „Ich verkaufe kitschige Geschichten, aber ich kaufe keine“ lässt er den bettelnden Straßenjungen Rashid (Kemaal Deen-Ellis) auflaufen, der ihm Devotionalien offeriert. Auch in der Ewigen Stadt will er seine zementierte Sicht auf Gott und die Welt nicht ins Wanken bringen lassen, und von einer jungen, attraktiven Frau, die in drei Tagen als Braut Christi in einen Orden eintreten will, schon gar nicht. In New York liegen dem überzeugten Single schließlich die Frauen zu Füßen.

Doch dann lernt er Maria (Matilde de Angelis) kennen: der Balkon ihrer Wohnung ist ein idealer Drehort für Gregorys Kommentare vor dem Hintergrund der Sixtinischen Kapelle samt dem Schornstein, aus dem weißer Rauch aufsteigt, wenn das Konklave der Kardinäle beendet und ein neuer Bischof von Rom gewählt worden ist. Dass eine so lebenslustige junge Biologin wie Maria, die auf halsbrecherische Weise mit der Vespa durch die engen Gassen der Altstadt düst, die Nächte mit Freunden durchtanzt und offen über die Wunden des Katholizismus von den Kreuzzügen bis hin zum Kindesmissbrauch durch Amtsträger spricht, bald das Gelübde ablegen will, will dem „bekennenden Jünger der Vernunft“ nicht in den Kopf.

Und schon gar nicht, dass sie ohne Umschweife dazu bereit ist, mit ihm ins Bett zu gehen, nachdem beide geschworen haben, sich nicht ineinander zu verlieben. Am anderen Morgen erleben die Mutter Oberin (Marie Grazia Mandruzzato), Schwester Teodora (Anna Bonaiuto) und die Novizin Lisa (Anna Femaioli Ravel) eine strahlend schöne Maria… Als Gregory sich an sein Versprechen nicht mehr halten wird, sein inniges Liebesgeständnis gar an einem Taxifahrer (Pino Ammendola) probt, der ihn zur Verabredung mit Maria auf den Pincio bringt, häufen sich mysteriöse Ereignisse, die ihn daran hindern, ihr allzu nahe zu kommen.

Sodass er zum ihn niederschmetternden Schluss gelangt, es mit einem eifersüchtigen allmächtigen „Anderen“ zu tun zu haben. In dem Augenblick der Erkenntnis wendet sich das Blatt – und er wird als weltweit einziger Journalist in den Vatikan eingeladen, um ein Exklusiv-Interview mit dem neuen Papst (Eddie Osei) zu führen. Dem ein sehr intimes, philosophische und ganz persönliche Fragen umfassendes Zwiegespräch in den päpstlichen Gärten des Vatikans vorausgeht… Jan Schomburg studierte in Kassel und Köln sowie als Stipendiat an der Andrzej-Wajda-Filmschule in Warschau.

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Schon sein Kinodebüt „Über uns das All“ mit dem Bochumer Ensemblemitglied Sandra Hüller, uraufgeführt auf der Berlinale 2011, wurde vielfach preisgekrönt. Mit der international besetzten deutsch-italienischen Koproduktion „Der göttliche Andere“ ist er nun auf die Leinwand zurückgekehrt. Die immer wieder aufs Neue verblüffende und bei aller philosophischen Grundierung durch Ausflüge ins Phantastische nachgerade urkomisch-turbulente Geschichte zwischen Himmel und Erde ist auch in der Filmwelt Herne zu sehen.

Freitag, 21. August 2020 | Autor: Pitt Herrmann