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Bastian Balthasar Bux heißt in Bochum jetzt Basma Blix Balthasar und ist ein Mädchen (Carmen van Mulier, l.), hier zusammen mit Johanna Jankowski als ebenfalls weiblichem Atréju.

Ein Ereignis am Schauspielhaus Bochum

Die unendliche Geschichte

In Michael Endes 1979 erschienenem Bestseller „Die unendliche Geschichte“ wird der elfjährige Bastian Balthasar Bux, dessen Mutter gerade gestorben ist, von seinen Mitschülern schikaniert und rettet sich in ein Antiquariat, wo er sich in eben dieses Buch vertieft. Dessen phantasievolle Geschichte fasziniert ihn so, dass er den Wälzer stiehlt, um ihn auf dem Dachboden seiner Schule zu lesen. Allmählich verschmilzt Bastian mit dem Roman und seinen Figuren und taucht in die geheimnisvolle Welt des Landes Phantásien ein.

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Dreistündige Bühnen-Adaption

In der großartigen, mit knapp drei Stunden freilich auch sehr langen Bühnen-Adaption der Dramaturgin Cathrin Rose und der Regisseurin Liesbeth Coltof am Schauspielhaus Bochum ist der Junge Bastian zum Mädchen Basma Blix Balthasar (Carmen van Mulier) mutiert, die von den Mitschülern als Asylantin gemobbt wird. Weshalb sie sich mit der Lektüre unendlicher 26 Kapitel auf den Speicher zurückzieht, der aus dem Proszenium des Großen Hauses herauskragt. Was ihrem Vater (Leòn Ali Çifteci) nicht weiter auffällt: er hat den Tod seiner Gattin nicht verkraftet und stürzt sich in Arbeit, weshalb er keine Zeit für seine Tochter hat.

Marius Huth ist in der Bochumer Adaption des Bestsellers von Michael Ende der Glücksdrachen Fuchur.

Auch der etwa gleichaltrige Atréju (Rahel Jankowski) ist weiblichen Geschlechts. Sie hat die hier männliche Kindliche Kaiserin (Oranje boven: Dominik Dos-Reis ganz in Orange) ausgesandt, um Rettung zu finden für die Irrlichter und Felsenbeißer, die Winzlinge, Hexen und Zentauren und alle anderen Wesen dieses kunterbunten Märchenlandes (Bühne, Puppen und Video: Rieks Swarte, Kostüme: Carly Everaert).

Basma lernt schnell, dass nur sie als ein Kind aus der Menschenwelt das Heilmittel für das Land, seine Bewohner und speziell die Kindliche Kaiserin finden kann – einen neuen Namen für Letztere. Versehen mit dem magischen Auryn-Amulett und unterstützt von Atréju sowie dem Glücksdrachen Fuchur (Marius Huth) durchmisst Basma den Nachtwald Perelín und die Farbwüste Goab, staunt über die Pracht der Silberstadt Amargánth und trifft hinter dem Nebelmeer auf die Dame Aiuóla (Veronika Nickl)…

„Es gibt Menschen, die können nie nach Phantásien kommen, und es gibt Menschen, die können es, aber sie bleiben für immer dort. Und dann gibt es noch einige, die gehen nach Phantásien und kehren wieder zurück. Und sie machen beide Welten gesund“: Michael Endes „Die unendliche Geschichte“, 1980 mit dem deutschen sowie im Jahr darauf mit dem europäischen Jugendbuchpreis ausgezeichnet, eröffnet ein ganz eigenes Universum unterschiedlicher Realitäts- und Fantasyebenen.

Veronika Nickl glänzt nicht nur einmal mehr mit ihrer voluminösen Stimme, sondern u.a. auch als Schildkröte Morla und Aiuóla, die Dame im Änderhaus.

'Magie steht im Mittelpunkt der Inszenierung'

Diese Magie steht im Mittelpunkt der Inszenierung der Niederländerin Liesbeth Coltof am Schauspielhaus Bochum, die für ihre Regie „Der Junge mit dem Koffer“ am Schauspielhaus Düsseldorf 2016 mit dem deutschen Bühnen-Oscar „Der Faust“ ausgezeichnet worden ist.

Dem gendergerechten Multikulti-Konzept des Intendanten Johan Simons folgend werden konsequent die Geschlechter der Rollen vertauscht. Was dem begeisterten jungen Publikum, zumal wenn es die Vorlage nicht kennt, gar nicht auffällt bei beinahe 50 in allen möglichen und unmöglichen Sprachen parlierenden Figuren auf den – einschließlich der großartigen Rennschnecke - stets in Bewegung befindlichen Brettern: beinahe im Minutentakt ändern sich die Schauplätze, eine enorme logistische Leistung der Schauspielhaus-Technik in und hinter den Kulissen. Dazu populäre Klänge mit verständlichen Texten, an der Bochumer Königsallee keine Selbstverständlichkeit.

Wobei Jimmi Hueting am Schlagwerk linkerhand auch die ganze Elektronik im Griff hat, während zwischendurch auch Schauspieler wie Veronika Nickl und Victor Ijdens rechterhand in die Pianotasten greifen. Dann die Kostüme - nur ein schrilles Beispiel: Victor Ijdens stolziert als Pferd Artax mit Irokesen-Schnitt und langem Schweif auf goldenen Plateauschuhen herum. Und ein tolles Handpuppenspiel nach der Pause…

So, mehr wird aber nicht gespoilert. Apropos Pause. Zumal in Corona-Zeiten kommt der einzige Getränkestand im Foyer des Großen Hauses nicht mit der Nachfrage klar. Kids, die ihren Popcornbecher zum Kinobesuch gewohnt sind, machen lange Augen beim Muffin- und Donuts-Angebot. Und bei den Warteschlangen davor. Also: besser selbst für den Pausensnack sorgen.

Weitere Aufführungstermine der Familienvorstellungen

  • Sonntag, 12. Dezember 2021, um 16 Uhr
  • Sonntag, 19. Dezember 2021, um 16 Uhr
  • Samstag, 25. Dezember 2021, um 16 Uhr
  • Sonntag, 26. Dezember 2021, um 16 Uhr
  • Sonntag, 9. Januar 2022, um 16 Uhr
  • Sonntag, 23. Januar 2022, um 16 Uhr
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  • Sonntag, 9. Januar 2022, um 16 Uhr
Donnerstag, 9. Dezember 2021 | Autor: Pitt Herrmann