
Der Abbruch des Ludwig-Steil-Haus
Ein Ende nach 124 Jahren
Das Ludwig-Steil-Haus an der Schulstraße in Herne wird abgebrochen. Am Montag (29.7.2019) war der große Saal des früheren evangelischen Gemeinhauses fast komplett niedergelegt. Die Abbrucharbeiten haben am Dienstag vergangener Woche begonnen. Das 1895/96 ursprünglich als evangelisches Vereinshaus errichtete Gebäude trug seit den 1960er Jahren den Namen Ludwig-Steil-Haus. Es war für viele Jahrzehnte Sitz des Gemeindebüros und beherbergte bis Ende 2018 auch die einzelnen Gemeindegruppen.

Eine anstehende bauliche Sanierung, die hohen Energiekosten und schließlich die rückläufige Zahl der Gemeindeglieder veranlasste 2014 die Kreuzkirchengemeinde, den Verkauf des in den 1970er Jahren zum letzten Mal renovierten Gebäudes, zu beschließen. Dafür sollte am Standort des CVJM-Hauses am Europaplatz ein Erweiterungsneubau errichtet werden. Zunächst war der Verkauf des Grundstücks an die Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital geplant, die dort eine Wohnanlage für Senioren errichten wollte. Da die Stiftung finanziell erheblich in Schieflage geraten war, wurde daraus nichts. Als neuer Käufer trat dann eine gemeindenahe Herner Unternehmerfamilie auf: Arnd Scheibe und seine Eltern Rita und Arnold schlossen nun den Kaufvertrag mit der Kirchengemeinde. Ihr Ziel: gemeinsam mit der Diakonie ein Bauvorhaben für ein Wohnprojekt. Die Kreuzkirchengemeinde wiederum wollte aus dem Verkaufserlös den Neubau des Gemeindehauses am Europaplatz mitfinanzieren.

Als dann im Februar 2018 völlig unerwartet die vorläufige Unterschutzstellung und der Eintrag in die Denkmalliste durch die untere Denkmalbehörde der Stadt Herne, im Benehmen mit der oberen Denkmalbehörde in Münster bekannt wurde, drohte auch dieser erneute Verkaufsversuch zu scheitern. Trotz der Unwägbarkeit für den Abriss und ihr Neubauprojekt an der Schulstraße blieb Familie Scheibe als Käufer bei der vertraglichen Vereinbarung und zahlte im Sommer 2018 fristgerecht den Kaufpreis. Daran änderte auch eine beim Landtag in Düsseldorf eingereichte Petition nichts, die auf eine Erhaltung des Gemeindehauses mit dem alten Saal drängte. Da letztlich keine hinreichenden Gründe für eine endgültige denkmalrechtliche Unterschutzstellung vorlagen, wurde der laufende Abbruch genehmigt. Auf Anfrage von halloherne sagte Arnd Scheibe, als neuer Miteigentümer des Grundstücks an der Schulstraße, dass mit dem Abriss des alten Ludwig-Steil-Hauses der Weg für den Bau von vier Mehrfamilienhäusern mit barrierefreien und altengerechten Wohnungen frei wäre. Allerdings ließ er offen, wann der Baubeginn erfolgen soll. Hierzu sind noch Abstimmungen mit der Diakonie erforderlich, die bei dem Bauvorhaben beteiligt sein wird. Das bereits im Dezember 2017 der Kirchengemeinde vorgestellte Konzept sieht neben dem Bau von Altenwohnungen vor, dass gemeinsam mit der Diakonie eine Tagespflege entsteht.
Wenn voraussichtlich Mitte August das Gelände an der Schulstraße planiert ist und die Bagger wieder abrücken, wird nur noch wenig an den traditionsreichen Ort erinnern: vor dem Abbruch hat die Kirchengemeinde die bronzene Plakette von der Fassade, zur Widmung des ehemaligen Ludwig-Steil-Hauses aus den 1960er Jahren, gerettet, so Presbyter Andreas Lauenstein. Bis zum kommenden Sommer soll das neue Gemeinde- und CVJM-Haus fertiggestellt werden. Aus den Übergangsquartieren der katholischen und evangelischen Schwestergemeinden der Nachbarschaft werden der CVJM und die Gruppen der Kirchengemeinde zurückkehren und unter einem gemeinsamen Dach am Europaplatz ein neues Zuhause finden.
