Serie 'Frauen ins Scheinwerferlicht' über Andrea Eisenhardt
Ein Leben für die Künste in der Dance Area
Was als Serie zum Weltfrauentag begann, geht weiter. halloherne-Redakteurin Julia Blesgen spricht mit verschiedenen Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dabei geht es unter anderem um ihre persönlichen Werdegänge, die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten oder was sie ihrem jüngeren Ich oder anderen jungen Mädchen nun mit auf den Weg geben würden. Alle weiteren Teile der Serie sind auf halloherne zu finden.
Seit 20 Jahren führt Andrea Eisenhardt die Dance Area in Herne. Im Gespräch berichtet sie über ihre persönlichen Anfänge, von Rückschlägen und natürlich auch, was ihr ihre Bildungseinrichtung für darstellende Künste bedeutet.
Schon früh brannte in ihr die Tanzleidenschaft
Bereits als Fünfjährige beginnt die heute 60-Jährige ihre Tanzausbildung in einer Bochumer Tanzschule. Ab ihrem 13. Lebensjahr steht für sie fest: Ich will das beruflich machen. „Damals wurde das von fast allen in meinem persönlichen Umfeld noch ein bisschen belächelt. Es war mehr so nach dem Motto: Ja, mach mal“, berichtet die diplomierte Bühnentänzerin.
Doch wenn sich die junge Frau etwas in den Kopf setzte, war sie nicht mehr aufzuhalten. Mit 16 Jahren gelingt ihr die Aufnahme an der renommierten staatlichen Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Sie musste sich damals gegen zahlreiche Bewerber durchsetzen und war eine der wenigen Frauen im Ausbildungsjahrgang.
„Für die Aufnahme bin ich damals kurz vor dem Abitur von der Schule abgegangen. Während meine Mutter meinen Berufswunsch immer unterstützt hat, wollte mein Vater diese Entscheidung zunächst nicht akzeptieren. Aber später war auch er sehr stolz auf mich“, erzählt Eisenhardt.
Leben zwischen Hochschule und Auftritten
Die erste Zeit in Köln war für die damals 16-Jährige nicht einfach. Sie fühlte sich allein und musste sich erstmal in der neuen großen Stadt zurechtfinden. Bald schon fand sie in ihren Mitstudierenden aber gute Freunde und erlangte schon während der Ausbildung Engagements beim Kölner Opernhaus.
Nach ihrem Bühnenreifediplom wurde sie Mitglied des Tanzforums der Kölner Oper und war in unterschiedlichen Bühnenproduktionen der Freien Tanz- und Theaterszene zu sehen. Ferner entdeckte Eisenhardt ihre Liebe zum Flamencotanz, die sie des Öfteren nach Spanien führt. Hier lernt sie beim Tanz-Choreografen José de Udaeta und Emma Maleras.
Fernsehproduktionen folgen
Außerdem konnte man Andrea Eisenhardt zu dieser Zeit auch in verschiedenen Fernsehproduktionen von ARD und WDR sehen. „Das fiel auch in die Kategorie „Ich war jung und brauchte das Geld“. Beim Fernsehen hat man damals richtig gut verdient und ich konnte davon unter anderem meine Spitzenschuhe bezahlen, die schon damals 70 DM kosteten und innerhalb von wenigen Tagen durch waren“, verrät die 60-Jährige lachend.
Geärgert hat sich Eisenhardt aber auch immer wieder über dumme Kommentare, die beispielsweise ihre Arbeit am Theater nicht richtig ernst nahmen. „Einige Leute fragten mich, was ich denn tagsüber machen würde. Sie gingen davon aus, dass Tänzer und Theaterschauspieler den Tag hindurch frei hätten, wenn abends eine Vorstellung anstand. Das fühlt sich dann schon wie eine Abwertung der Arbeit an“, zeigt sich die studierte Theater-, Film- und Fernsehwissenschaftlerin verärgert.
Hartes Pensum mit vielen Entbehrungen
Weiter führt sie aus: „Denn gerade während der Vorbereitungen für eine Show oder ein Theaterstück laufen die Proben meist bis in die frühen Morgenstunden und an Auftrittstagen probt man morgens bis mittags, hat zwei Stunden frei und kommt dann für die Aufführung zurück zum Theater. Es ist ein unglaublich hartes Pensum mit vielen Entbehrungen, was dieses Leben mit sich bringt.“
Dieses harte Pensum hinterlässt auch bei ihr mehrere Spuren. Ihr Rücken nimmt starken Schaden. Selbst der hinzugezogene Spezialist, der auch die Spieler des 1. FC Köln behandelt, kann der Bühnentänzerin wenig Hoffnung machen. Entweder sie unterzieht sich einer riskanten Operation, mit der 50-prozentigen Chance im Rollstuhl zu landen, oder sie gibt das Tanzen auf.
Sie hört zunächst mit dem Bühnentanz auf, holt ihr Abitur nach und studiert erfolgreich Jura sowie Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften. Doch Eisenhardt kann ihren Traum von einer Bildungseinrichtung für darstellende Künste nicht aufgeben. Sie kämpft sich zurück.
Dance Area erwacht zum Leben
Am 16. Februar 2004 eröffnet sie in Herne, damals noch an der Bahnhofstraße 41 die Dance Area, eine Schule für Bühnentanz. „Wir starteten im ehemaligen i-Punkt in der Innenstadt mit null Schülern. Ich habe damals einen Aufsteller draußen hingestellt und gehofft, dass sich Schüler finden werden. Es war eine todesmutige Entscheidung, denn ich hatte kein Einkommen und einen hohen Kredit aufgenommen“, erinnert sich Eisenhardt zurück.
Doch das Risiko geht auf. Die Dance Area entwickelt sich kontinuierlich zu einer privaten Bildungseinrichtung für darstellende Künste. Was nicht zuletzt an Eisenhardts Förderung von Talenten und deren Persönlichkeitsentwicklung liegt. Ebenso setzt sie bei der Ausbildung hohe Standards. Dazu bietet sie ihren Schülern auch ein umfangreiches Repertoire.
Die Schüler können unter anderem Klassisches Ballett, Jazzdance, Theaterjazz, Musical-/Showdance, Urban Dance, Tanzakrobatik, Klassischen Spanischen Tanz, Spitzentanz, Flamenco, Gesang, Schauspiel und Tanzpädagogik erlernen sowie Coachings zur Vorbereitung auf Castings und Engagements erhalten. Ferner begeistert die Dance Area ihr Publikum auch immer wieder mit einer eigens kreierten großen Show im Kulturzentrum. Dazu kommen noch viele weitere Auftritte bei den unterschiedlichsten Kulturfestivals.
'Ich erhole mich immer noch von der Pandemie'
Viele ihrer Schüler besuchen die Dance Area bereits seit Beginn. Bis zur Pandemie hatte Andrea Eisenhardt über 180 Schüler, die sie gemeinsam mit ihren drei Honorarkräften sowie vielen weiteren Gastkünstlern für Workshops unterrichtete. Doch dann kam Corona. Die Pandemie traf die Dance Area kurz vor ihrer großen Kuz-Show im Jahr 2020, mitten in den Proben. Die Show „Voll vernetzt“ ist auch bis heute die einzige Show, die nicht aufgeführt werden konnte.
„Es war eine ganz schwere Zeit, von der ich mich als Unternehmerin noch immer erholen muss. Alles ist damals weggebrochen, von meinen Schülern angefangen bis hin zu den Einnahmen“, erinnert sich die Tanzpädagogin nachdenklich zurück.
Die Lockdowns, die Sorge um ihre Schüler, die vielen bürokratischen Herausforderungen, die Rückzahlung der Soforthilfen und die fehlenden Einnahmen setzten der 60-Jährigen sehr zu. „Natürlich ist das auch psychisch eine hohe Belastung, wenn man nicht weiß, wie es weitergehen soll“, so Eisenhardt.
Umzug in neue Trainingsstätte
Aber auch von diesen Rückschlägen lässt sich die Dance Area-Inhaberin nicht entmutigen. Als es wieder möglich ist, beginnt sie erneut mit dem Training und holt nach und nach ihre Schüler zurück. Daneben muss sie drei Einbrüche in ihre Trainingsstätte verkraften und wuppt auch noch einen erneuten Umzug in die neuen, größeren Räume an der Bahnhofstraße 74.
„Das ist nun schon der dritte Umzug in 20 Jahren. Wir haben nämlich kurzzeitig, als das Gebäude im i-Punkt renoviert werden musste, in Containern trainieren müssen. Das war sehr urig“, sagt Eisenhardt.
Viel mehr Platz vorhanden
In der neuen Trainings- und Ausbildungsstätte gibt es mehr Platz. Von den Trainingsräumen bis hin zum Wartebereich wurde alles von Andrea Eisenhardt liebevoll gestaltet. Die Schüler sollen hier nicht nur trainieren, sondern sich auch wohlfühlen, das wird deutlich.
Im März 2024 fand dann nach fünf Jahren Corona-bedingter Pause auch endlich wieder die große Show im Kulturzentrum statt. Dieses Mal war es aber etwas ganz Besonderes. Denn mit „Revue Passiert“ blickte die Dance Area auf ihre 20-jährige Geschichte zurück. Die Schüler, Ensemblemitglieder und Gäste zeigten ihr Können.
Ehemalige Schülerin bei The Voice Kids
Ferner wird aber nicht nur bei diesen Shows deutlich, wie stolz Eisenhardt auf die Erfolge ihrer Schüler ist. Zahlreiche junge Menschen hat sie nun schon in den Beruf gebracht. So belegte beispielsweise ihre ehemalige Schülerin Fia bei der Casting-Show „The Voice Kids“ von Sat.1 und ProSieben im Jahr 2023 den zweiten Platz und vertrat Deutschland im gleichen Jahr beim Kinder-Eurovision Song Contest (ESC).
„Ich weiß noch, wie Fia als ganz kleines Mädchen in die Dance Area kam und zu mir meinte: Ich werde einmal eine ganz große Musicaldarstellerin. Sie war so überzeugend, dass ich ihr nur zustimmen konnte“, erinnert sich die Choreografin lachend. „Ich durfte sie ein Stück auf ihrem Weg begleiten, umso wunderbarer ist es nun diese Entwicklung zu sehen.“
Abschließend führt sie aus: „Dies ist auch der Lohn für meine Arbeit. Zu sehen, wie junge Menschen ihre Talente und ihre Potenziale entdecken, diese zu fördern und ihnen das Selbstbewusstsein an die Hand zu geben, dass sie es in dieser Branche schaffen und ihre Träume verwirklichen können.“