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v.l. Benjamin Lillie, Maja Beckmann, Nils Kahnwald und Wiebke Mollenhauer freuen sich auf Bochum.

Maja Beckmann am Schauspielhaus Bochum - Ausfall im Februar

Einfach das Ende der Welt

Wie Bochums Schauspielhaus-Intendant Johan Simons, der gerade coronabedingt die Premiere seiner Shakespeare-Inszenierung „Macbeth“ mit Jens Harzer verschieben musste, bei der Präsentation des Spielplans der zweiten Saisonhälfte an der Bochumer Königsallee bekannt gab, kehrt zum Auftakt von insgesamt dreizehn neuen Produktionen die Herner Schauspielerin Maja Beckmann mit der Deutschland-Premiere von Christopher Rüpings vielfach preisgekrönter Inszenierung „Einfach das Ende der Welt“ am 3. Februar 2022 in heimatliche Gefilde zurück.

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„Juste la fin de monde“ stammt bereits aus dem Jahr 1990, wurde aber erst im Oktober 1999 in Paris uraufgeführt. Die Geschichte um einen Sohn, der nach zwölf Jahren zu seiner entfremdeten Familie zurückkehrt, wurde 2021 in der Journalistenumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ zur „Inszenierung des Jahres“ gewählt und ist im Rahmen der Kooperation Transfer Zürich/Bochum jetzt in unserer südlichen Nachbarstadt zu sehen. Das Gastspiel beschert dem Publikum nicht nur ein Wiedersehen mit dem Regisseur, dessen Bochumer Uraufführung „Das neue Leben“ mit großem Erfolg gespielt wird, sondern auch mit Maja Beckmann, die am Schauspielhaus Bochum als Elevin begann und danach viele Jahre dem Ensemble angehörte. Für ihr Spiel u. a. in „Einfach das Ende der Welt“ wurde sie zur „Schauspielerin des Jahres 2021“ gewählt.

Mit Starbesetzung verfilmt

Jean-Luc Lagarce, geboren am 14. Februar 1957 in der Kleinstadt Héricourt (Haute-Saône), an Aids gestorben am 30. September 1995 in Paris, gehört in Frankreich zu den meistgespielten Theaterautoren, sein teilweise autobiographisches Stück „Einfach das Ende der Welt“ wurde 2016 mit Starbesetzung von Xavier Dolan verfilmt. Regisseur Christopher Rüping und sein Ensemble haben nun eine spielerische, zarte Theaterform gefunden, die nicht nur drängende gesellschaftliche Themen mit Witz und tiefer Ernsthaftigkeit verhandelt, sondern sich auch mit der Frage beschäftigt, was man der eigenen Familie eigentlich schuldig ist. Sie wurde zum 58. Berliner Theatertreffen eingeladen und mit dem Nestroy-Preis 2021 als beste deutschsprachige Aufführung ausgezeichnet, außerdem wurde Benjamin Lillie zum „Schauspieler des Jahres 2021“ gewählt.

Neben Maja Beckmann wurde auch Benjamin Lillie für seine Rolle in „Einfach das Ende der Welt“ zum „Schauspieler des Jahres 2021“ gewählt.

Maja Beckmann gehört zusammen mit Nils Kahnwald, Benjamin Lillie und Wiebke Mollenhauer zur „Compagnie“ des Zürcher Hausregisseurs Christopher Rüping, die weitgehend autonom über Stückauswahl, Ausstattung und Inszenierungskonzept entscheiden. „Einfach das Ende der Welt“ ist der erste Teil einer Familien-Trilogie. Das Kammerspiel wird bewusst in der Halle des Zürcher Schiffbaus – und jetzt im Großen Haus in Bochum – aufgeführt. Ursprünglich hatte Bühnenbildner Jonathan Mertz drei verschiedene Innenräume vorgesehen, die coronabedingt zugunsten einer weitgehend leeren, die notwendigen Abstände ermöglichenden Bühne wieder verworfen wurden. Nach der Bochum-Premiere am Donnerstag, 3. Februar 2021, ist das Stück noch fünfmal an der Königsallee zu sehen: am 4. und 5. Februar 2021 sowie am 10., 11. und 12. März 2022, rechtzeitig Karten sichern unter schauspielhausbochum.de oder Tel. 0234 – 33335555.

Stellten das Programm der zweiten Spielzeithälfte des Schauspielhauses vor v.l.: Cathrin Rose, Leiterin Junges Schauspielhaus, Finnja Negendank als Mitglied der Drama Control, Intendant Johan Simons und Chefdramaturg Vasco Boenisch.

„Wir alle taumeln noch immer inmitten eines Sturms, den wir längst gern überstanden hätten“, sagte Johan Simons mit Blick auf die Corona-Pandemie, „wir suchen Auswege, Antworten, finden uns in gesellschaftlichen Gräben wieder, die sich stetig verschieben und vertiefen.“ Theater und Kunst könne in diesen Zeiten neue Perspektiven eröffnen und Kraft geben, um Problemen mit Hoffnung zu begegnen, so Bochums Intendant: „Ich möchte die Erschöpfung nicht gewinnen lassen, sondern dagegen angehen, auch mit unserem Theater. Im Theater kommen zusammen: Verstand und Fantasie, Sinn und Sinnlichkeit, Nachvollziehbares und Irritierendes, und daraus kann ein anderer Zugang zur Welt entstehen, den es sonst nicht gibt; vor allem kommen wir hier zusammen in all unserer Unterschiedlichkeit.“

Zu weiteren bemerkenswerten Neuproduktionen gehören der musikalische Abend „Mit anderen Augen“, in dem sich Regisseurin Selen Kara und Musiker Torsten Kindermann in die Welt der Blindheit begeben (Premiere: 12. Februar 2022), Nora Schlockers Inszenierung „Lorenzaccio“ von Alfred de Musset und George Sand, die ins korrupte Florenz des 16. Jahrhundert führt und anhand der Geschichte des Lorenzo de Medici hinterfragt, was einen Menschen zum Attentäter macht (ab 25. Februar 2022) sowie ein weiteres Gastspiel aus Zürich mit Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“. Regisseur Nicolas Stemann unterzieht diesen Klassiker der Moderne 65 Jahre nach seiner Uraufführung einer neuen Versuchsanordnung. Freuen wir uns auf Patrycia Ziółkowska und Sebastian Rudolph in einem grandiosen Ensemble (ab 2. März 2022).

Das Junge Schauspielhaus Bochum lädt zu zwei Uraufführungen ins Theaterrevier an der Prinz-Regent-Straße ein: „Weg vom Fenster“ von Wera Mahne für alle ab vier Jahren (ab 26. März 2022) sowie „Mädchenschrift“ von Özlem Özgül Dündar für alle ab 16 Jahren (ab 28. Mai 2022). Und zum Saisonschluss gibt’s die besten NRW-Produktionen des Kinder- und Jugendtheaters beim „Westwind“-Festival.

Update, Donnerstag, 3. Februar 2022

Alle drei Vorstellungen im Februar (Donnerstag bis Samstag, 3., 4. und 5.2.2022) fallen krankheitsbedingt aus.

Montag, 31. Januar 2022 | Quelle: Pitt Herrmann