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Palina Rojinski und Elyas M‘Barek in „Nightlife“.

Rekordverdächtig in der 25. Woche in der Filmwelt

Elyas M’Bareks nächster Blockbuster: Nightlife

Umgeben von Dutzenden liebesdurstiger junger Frauen kreiert Milo (Elyas M’Barek) nachts an der Seite seines Kumpels Renzo (Frederick Lau) in einer angesagten Berliner Bar Cocktails. Um am anderen Morgen unsanft von Steffi (Christina do Rego) aus ihrem Bett geworfen zu werden: die attraktive Polizistin erwartet ihren Freund zum Frühstück und Milo hat noch sein T-Shirt an.

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„Ich weiß gar nicht, wie die alle hereingekommen sind. Ich kannte die gar nicht“: Als Milo endlich daheim angekommen ist, herrscht das totale Chaos. Renzo scheint die ganze feierwütige Bar-Kundschaft in die eigenen vier Wände, die er sich mit Milo teilt, eingeladen zu haben. Und Letzterer hat alle Mühe, sie wieder loszuwerden. Grund genug, über das Leben nachzudenken. Hat er doch gerade auf dem Heimweg verfolgt, wie Kinder von ihren Eltern liebevoll verabschiedet wurden. Milo will auch ‘mal seinen Nachwuchs in die Schule bringen, also einen Bürojob annehmen, eine Familie gründen und mit Frau und Kindern einen Fahrradausflug unternehmen.

Weil sich auch Renzo ein solches bürgerliches Glück vorstellen kann an der Seite seiner langjährigen Freundin und alleinerziehenden Mutter Ricky (Caro Cult), sitzen beide anderntags bei Heiko (Leon Ulrich) im Büro. Der Banker soll 100.000 Euro lockermachen, damit Milo und Renzo eine eigene Bar aufmachen können. Die heimliche „Partymaus“ träumt schon lange von einem aufregenden Nachtleben mit seiner Sekretärin Petra (adrettes stilles Wasser: Milena Dreißig) und zeigt sich aufgeschlossen, kann einen solchen Kredit aber nicht allein bewilligen.

Währenddessen erlebt die Musikagentin Sandra, genannt Sunny (Palina Rojinski), ein Waterloo nach dem anderen. Erst privat, als sie entsetzt herausfindet, dass ihr Lover Jan (Julian Looman) neben ihr im Bett heimlich beim Dating-Portal Tinder unterwegs ist. Und dann beruflich, als ihre Chefin (Carol Schuler) sie über den Großen Teich nach Atlanta weglobt, weil Sunnys Musikgeschmack offenbar nicht mehr mainstream-konform ist. So landet Sandra an Milos Tresen und gewinnt mit der Order eines doppelten Eierlikörs sogleich seine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Nach einem ersten Date noch in derselben Nacht drängt Milo auf ein romantisches Abendessen zu zweit in einem Restaurant ihrer Wahl: Diese Frau seines Lebens darf Berlin und damit ihn nicht so einfach gen USA verlassen. Am nächsten Tag platzt so manche Illusion: die Bank gibt keinen Kredit aufgrund Renzos kleiner Vorstrafe als Drogendealer. Und das Abendessen beim Chinesen droht zu platzen, weil sich Renzo einmal mehr als Drogenkurier betätigt und drei Kilo Koks „verloren“ hat. Nun ist die halbe Berliner Unterwelt hinter ihm her…

Einzelheiten einer haarsträubend durchgeknallten, im Sommer 2019 an Originalschauplätzen gedrehten Berliner Nacht behalten wir naturgemäß für uns, um dem Publikum nicht die Spannung zu nehmen. Denn die ist binnen 115 höchst unterhaltsamer Minuten einschließlich einer kleinen Splatter-Horror-Einlage garantiert: Simon Verhoeven gelingt der Spagat zwischen wortwitziger Situationskomik, klischeebeladener Typenschau, spannender Action und romantischer Komödie wie vielleicht keinem zweiten Autor und Regisseur im deutschsprachigen Raum. Was dem gebürtigen Münchner Sohn der Schauspielerin Senta Berger völlig zu Recht den österreichischen Filmpreis „Romy“ 2020 in der Kategorie „Bestes Drehbuch“ eingebracht hat.

Was auf den ersten Blick als hammerharter Macho-Streifen aus Babylon Berlin daherkommt, entpuppt sich als romantische Old-School-Komödie, bei der die Frauen die Hosen anhaben. Das ist bei Palina Rojinskis Sunny und Caro Cults Ricky nicht anders als bei Esther Kuhns „Schatzi“ Bernadette, der Gattin des großmäuligen Austria-Strizzis Heinz Kempa (der Wiener Burgtheater-Star Nicholas Ofczarek). Und selbst der finstere russische Gangster Sorokin (Mark Filatov) entdeckt sein Herz für Liebende…

Natürlich sorgt auch die Klasse-Besetzung bis in kleinste Episodenrollen hinein, zu nennen etwa Matthias Brenner als Sunnys Vater Georg und Grit Boettcher als sein Stammgast Hilde, für einen Schub an der Kinokasse. Nach der zeitgleich mit dem Kinostart gefeierten Uraufführung am 13. Februar 2020 im Berliner Zoo-Palast hatte „Nightlife“ eine Million Besucher und war der umsatzstärkste Film der deutschen Kinocharts vor der coronabedingten Unterbrechung. Auch nach Aufhebung des Lock-Down läuft die Komödie – derzeit in der rekordverdächtigen 25. Woche in der Filmwelt Herne.

Dienstag, 4. August 2020 | Autor: Pitt Herrmann