Gesichtet und eingefangen
'Erster Bienenschwarm des Jahres'
Auch die Mitglieder des Herner Imkervereins leiden unter der Corona-Pandemie, die für lange Zeit ein Vereinsleben nicht möglich machte. Denn auch hier galt während der „Bundesnotbremse“, die ab Freitag (21.5.2021) aufgehoben wurde: Ein Haushalt darf sich mit einer weiteren Person treffen. So fanden die Treffen der Imker nur im Netz statt. War allerdings ein Bienenschwarm unterwegs, so musste schnell gehandelt werden und zwar physisch. So wie am Wochenende (8./9.5.2021), als der erste Schwarm des Jahres gesichtet und eingefangen wurde.
'Erster Bienenschwarm des Jahres', was bedeutet das eigentlich? Dazu haben wir beim Vorsitzenden des Herner Imkervereins - Tobias Büch - nachgefragt. Büch hat seit März 2021 den Vorsitz inne, ist seit acht Jahren begeisterter Imker und gibt sein Wissen im halloherne-Gespräch ebenso begeistert weiter.
Ein Volk - viele Bienen
So erfahren wir, dass ein Bienenvolk am Ende des Sommers aus 40.000 bis 60.000 Bienen besteht. Davon überwintern in etwa nur 8.000 mit ihrer Königin im Stock. Kommt das Frühjahr, so folgen die Bienen ihrem natürlichen Vermehrungstrieb und wollen ihr Volk vermehren. Dazu bauen Arbeitsbienen in dem Stock auch Königinnenzellen. Diese Zellen, Weiselzellen genannt, werden deutlich größer als die üblichen Waben. Nur die Königin legt befruchtete Eier (bis zu 2.000 am Tag) und wenn sie in Schwarmstimmung ist, direkt ein Ei in die Weiselzelle, die nun besonders sorgfältig gehegt und gepflegt wird. Dazu füttern die Arbeitsbienen ihre künftige Königin nur mit dem Besten vom Besten, dem speziellen Königinnenfutter: dem Gelee Royale.
Damit genügend Platz im Bienenstock vorhanden ist, verlässt die alte Königin, kurz bevor die neue Königin schlüpft, mit einem Teil ihres Volkes den Stock - sie schwärmt aus - und sucht sich eine Stelle für eine neue Staatenbildung. „Und genau das passierte am zweiten Mai-Wochenende“, erklärt Tobias Büch. „Jeder Imker will dieses unkontrollierte Ausschwärmen eigentlich verhindern und trotzdem passiert dies manchmal auch dem erfahrensten Imker.“
Gegen das unkontrollierte Schwärmen
Das zu verhindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten. So könne der Imker dem Volk mehr Platz im Stock verschaffen, so dass die Bienen mehr arbeiten müssen und dadurch nicht so schnell auf dumme (Ausschwärm-) Gedanken kommen. „Oder“, erklärt Büch, „wir nehmen einfach die Königin aus dem Stock.“
Schwärmt ein Volk dennoch aus, dann sei jeder Imker natürlich darauf erpicht, sein (halbes) Volk wieder einzufangen. Büch: „Meist lassen sich die ausgeschwärmten Bienen an einem Ast nieder und bilden immer eine Traube - mit der Königin in ihrer Mitte. Der erfahrene Schwarmfänger hält ein Gefäß unter die Traube und löst den Schwarm mit einem Ruck vom Ast. Dabei fällt der Großteil der Bienen in das Gefäß und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Königin.“
Auf das Gefäß käme nun ein Spezialdeckel, der keine Biene hinaus lässt, hinein aber schon. „Und da alle Bienen zu ihrer Königin wollen, krabbeln die restlichen Bienen in das Gefäß“, erklärt Büch. Maximal 24 Stunden würde es dauern, bis das Volk im Gefäß wieder vereint ist und der Imker es nach Hause holen kann."
Kurioses Gesetz
Bei dem Einfangen eines Schwarms kommt den Imkern ein kurioses Gesetz von 1900 zupass, das besagt: 1. Ein Bienenschwarm ist herrenlos, solange er nicht von seinem Besitzer verfolgt wird (BGB § 961 Eigentumsverlust bei Bienenschwärmen ). 2. Summt der Bienenschwarm in Nachbars Garten und lässt sich dort nieder, darf der Besitzer bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der Eigentümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu ersetzen. (BGB § 962 Verfolgungsrecht des Eigentümers)
Gute Pflege durch die Imker
Das die Honigbiene vom Aussterben bedroht ist, wie manch eine Wildbienen-Art (halloherne berichtete), das befürchtet Tobias Büch nicht: „Unsere Imker kümmern sich wirklich gut um die Tiere. Zum Verein gehören rund 600 Völker und das eigentliche Problem ist, genügend Platz für die Völker zu finden, da in Herne jede freie Ecke zugebaut wird.“
Büch berichtet allerdings von einer anderen Gefahr für die Völker: die Varroa-Milbe. Sie heftet sich als Parasit an die Honigbiene und gilt als ihr gefährlichster Feind. Die Milbe greift den Fettkörper der Biene an, der die Nahrung speichert, das Immunsystem stärkt und den Organismus der Biene entgiftet. „Allerdings“, sagt Büch, „kein Volk ist ohne Milben. Es ist nur wichtig, dass die Milben nicht überhand nehmen. Um dem vorzubeugen, bieten wir regelmäßig Schulungen an. Und man kann sicher sein, dass jeder Imker sehr wachsam ist und seine Völker beobachtet.“
Imkerei liegt im Trend
Imker kann eigentlich jeder werden, der Zeit hat und die kleinen gelb-schwarzen Völker liebt. Dazu muss man sich beim Veterinäramt anmelden, die lieben Nachbarn müssen einverstanden sein und jeder werdende Imker sollte sicher sein, dass er selber nicht allergisch auf Bienenstiche reagiert. Denn den bekommt ein Imker schon mal ab. Bei dem überwiegenden Teil der Menschen löst ein Bienenstich lediglich eine lokale Entzündung hervor.
Hintergrund
Tobias Büch geht seit acht Jahren seinem Hobby, der Imkerei nach, und ist seit März 2021 der 1. Vorsitzende des Herner Imkervereins, der seit 83 Jahren besteht und heute rund 80 Mitglieder hat. Waren in den Anfangsjahren die Mitglieder in der Regel männliche, so kommen Jahr für Jahr mehr Frauen in den Verein. Die Herner Schwarmfänger stehen mit Ihrer Rufnummer und dem Einsatzgebiet auf der Internetseite des Imkerverein Herne.