Serie 'Frauen ins Scheinwerferlicht' über Autorin Jana Crämer
'Es ist nie zu spät, sich selbst zu lieben'
Was als Serie zum Weltfrauentag begann, geht nun weiter. halloherne-Redakteurin Julia Blesgen spricht mit verschiedenen Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dabei geht es unter anderem um ihre persönlichen Werdegänge, die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten oder was sie ihrem jüngeren Ich oder anderen jungen Mädchen nun mit auf den Weg geben würden. Alle weiteren Teile der Serie sind auf halloherne zu finden.
Dieses Mal berichtet Autorin und Influencerin Jana Crämer über ihren Weg zur Selbstliebe und warum sie für andere Menschen gerne eine Mutmacherin ist. Mit 500.000 Followern auf TikTok, 115.000 auf Instagram und 80.000 auf YouTube erreicht die heute 41-Jährige mit ihren Videos und Beiträgen zahlreiche Menschen. Dabei spricht sie unter anderem Themen wie psychische Gesundheit, Multiple Sklerose sowie Selbstliebe an. Hierbei ist sie immer authentisch und nahbar.
'Habe mich den schlimmsten und schönsten Erinnerungen gestellt'
Doch der Weg dahin war für die 41-Jährige nicht immer leicht. Als Kind und Jugendliche ist sie von Mobbing betroffen, haderte mit sich und ihrem Äußeren. Diese Erfahrungen hat sich jüngst auch in ihrem Buch „Jana, 39, ungeküsst“, das 13 Wochen auf der Spiegel-Bestsellerliste stand, geteilt.
„Ich versuche für andere heute die Person zu sein, die ich damals gebraucht hätte“, berichtet Jana Crämer im Gespräch mit halloherne. Weiter erzählt sie: „Mit dem Buch habe ich mich den schlimmsten und schönsten Erinnerungen gestellt. Ich möchte anderen Mut machen. Denn ich weiß, wie es ist, wenn man hofft, abends ins Bett zu gehen und am nächsten Morgen nicht aufzuwachen.“
Mobbing hat Folgen für eine Seele
Die gebürtige Hernerin weiß genau, welche Folgen Mobbing für eine Seele haben kann. So berichtet sie in ihrem Buch von einem Vorfall auf einem Kindergeburtstag. Dort vermiest die Mutter ihrer Freundin ihrem Kind ein Stück Geburtstagskuchen und nennt Jana Crämer und ihren Bauch als mahnendes Beispiel. Crämer war damals neun Jahre alt.
„So sehr es mich damals verletzt hat, würde ich heute gerne diese Mutter in den Arm nehmen. Denn was muss diese Frau durchgemacht haben, dass sie sich so verhält? Wir dürfen nie vergessen, jeder abwertende Kommentar sagt am meisten etwas über die Person aus, von der er kommt“, verdeutlicht die junge Frau.
Enormer Druck für Jugendliche
Crämer, die selbst an einer Essstörung litt, weiß auch um den Druck von jungen Menschen durch Social Media. „Ich bin ja häufig an Schulen unterwegs und wenn ich da auf der Mädchentoilette Mädels sehe, die anstelle in den Spiegel, in ihre Handykamera mit Filter schauen, weil sie ihr eigenes echtes Spiegelbild nicht ertragen, dann nimmt mich das schon mit“, schildert die Bestsellerautorin.
Weiter führt sie aus: „Auch wenn meine Jugend wirklich hart war: Ich möchte nicht mit den Jugendlichen von heute tauschen. Wir haben einen Kontrollverlust auf allen Ebenen. So viele Kriege und Krisen, da ist es kein Wunder, dass Essstörungen gerade explodieren. So können die Jugendlichen wenigstens in diesem Bereich die Kontrolle behalten. So schlimm, wie sich das jetzt auch anhört.“
'Alles, was ich erlebt habe, hat mich stark gemacht'
Jana Crämer hört zu und fühlt mit, aber spricht auch sehr offen über ihre eigenen Erfahrungen. Vielleicht kommt sie gerade deshalb so gut auf Social Media, aber auch auf ihren Touren durch die Schulen Deutschlands und bei ihren Lesungen, an. „Alles, was ich erlebt habe, hat mich stark gemacht. Auch, wenn es manchmal echte Scheiß-Phasen waren, würde ich heute nichts mehr an meiner Vergangenheit ändern wollen“, stellt die junge Frau klar.
Mittlerweile ist sie stolz auf sich und das, was sie erreicht hat. Auch wenn es bis dahin ein langer Weg war. „Es ist nie zu spät, sich selbst zu lieben. Das habe nicht nur ich gemerkt, sondern auch viele Menschen aus meiner Community“, sagt Crämer.
Dabei erinnert sie sich an eine Begegnung mit einer 86-Jährigen, die eine ihrer Lesungen besuchte: „Sie sagte mir: Ich wünschte, Du hättest das Buch schon eher geschrieben.“
'Jeder sehnt sich nach Liebe und Verständnis'
Eine andere eindrückliche Begegnung hatte die gebürtige Hernerin an einer sogenannten Brennpunktschule. „Am Ende unserer Veranstaltung kam ein junger Mann im Hoodie mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen auf mich zu. Dieser junge Mann war als Schulschläger bekannt - was ich zu dem Zeitpunkt aber nicht wusste. Dennoch war ich durch das Auftreten für einen kurzen Moment schon etwas verunsichert. Doch dann zog er die Kapuze herunter und berichtete mir davon, dass bei ihm vor fünf Jahren eine schwere Krankheit diagnostiziert wurde. Er sagte: 'Vor fünf Jahren habe ich mich verloren, heute habe ich mich wiedergefunden'. Danach umarmten wir uns“, erzählt Jana Crämer immer noch bewegt.
Weiter sagt sie: „Später schickte mir seine Klasse ein Foto von ihrer Abschlussfahrt. Der junge Mann hat sich komplett gewandelt und wurde vom Schläger zum Streitschlichter. Das ist es doch: Wenn wir einander mit Liebe und Verständnis begegnen, können wir uns alle zum Positiven verändern.“
Heute ein Glückspilz
Diese Positivität und den Glauben an positive Veränderung strahlt Crämer aus. Auch, wenn das Leben kein Ponyhof ist, bezeichnet sie sich heute als Glückspilz.
Ferner bewundern viele ebenso ihre relaxte Einstellung zum Thema Beziehungen. Denn Jana Crämer lebt ohne romantische Beziehungen und Sex, was immer wieder ein Aufhänger für Interviews ist. Sie selbst sieht das mittlerweile locker. „Ich denke mir: Nehmt es ruhig als Aufmacher, wenn ich so noch mehr Menschen dazu bekomme, sich mit meinen Themen auseinanderzusetzen“, berichtet sie gegenüber halloherne lachend.
'Vergleich dich nicht mit anderen auf Social Media'
Jana Crämer hat es geschafft, mit sich ins Reine zu kommen und sich selbst zu lieben, etwas, was sie auch anderen jungen Mädchen wünscht. „Vergleich dich nicht mit anderen auf Social Media. Folge nur Menschen, die dir guttun und nicht, wo du dich hinterher schlecht fühlst. Und denk immer daran: Ehrlich zu sein, ist das, was sich die Menschen am meisten wünschen“, betont Jana Crämer abschließend.