
Brillantes Duo: Anthony Hopkins und Matthew Goode
Freud – Jenseits des Glaubens
London, 3. September 1939. Soeben ist der Zweite Weltkrieg ausgebrochen. Sigmund Freud (Anthony Hopkins) ist mit seiner Tochter Anna Freud (Liv Lisa Fries) vor dem Nazi-Regime aus Wien geflohen. Anna arbeitet selbst, obwohl sie keine wissenschaftliche Ausbildung hat, als Psychoanalytikerin und hat den Bereich der Kinderpsychologie mitbegründet. Sie unterstützt ihren gesundheitlich schwerkranken, auf Morphium angewiesenen Vater bedingungslos und vernachlässigt dabei ihre eigenen Bedürfnisse, vor allem ihre Liebesbeziehung zur Psychoanalytikerin und Pädagogin Dorothy Burlingham (Jodi Balfour).
Zeitgeschichtlich bedeutsam
An diesem auch zeitgeschichtlich bedeutsamen Tag, an dem Großbritanniens Premierminister Neville Chamberlain nach dem Überfall auf Polen Deutschland den Krieg erklärte, stattet ein Gelehrter vom College der University of Oxford Freud einen Besuch in seiner Exilwohnung Maresfield Gardens in Hampstead (die italienische Szenenbildnerin Luciana Arrighi hat ganze Arbeit geleistet) ab. Es ist der in Belfast geborene C. S. Lewis (Matthew Goode), der später mit „Die Chroniken von Narnia“ Weltruhm erlangen wird: Zwei große Denker des zwanzigsten Jahrhunderts liefern sich einen kontroversen Diskurs über Liebe, den Glauben, die Zukunft der Menschheit und die für sie alles entscheidende Frage: Gibt es einen Gott?
Dabei geht es, im Hintergrund stets die aktuellen Ereignisse wie Hitlers Ankündigung der Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa im O-Ton aus dem Radio, um Freuds Kindheitserlebnisse mit seinem strengreligiösen jüdischen Vater und seinem katholischen Kindermädchen, um sein Leben in Wien und Höhepunkte wie die Überreichung des Goethe-Preises. Nicht zuletzt auch um sein durchaus problematisches Verhältnis zu seiner Tochter Anna.
Freude an göttlicher Schöpfung

Und um Lewis‘ Visionen einer Waldwelt, seine Natur-Sehnsucht und seine Freude an der göttlichen Schöpfung. Aber auch um seine Erfahrungen in einem Institut in England nach dem Tod seiner Mutter und den Erlebnissen im Ersten Weltkrieg in den Schützengräben Nordfrankreichs: Nachdem sein bester Freund Paddy Moore (George Andrew-Clarke) durch eine Explosion getötet wurde, begann er eine so romantische wie komplizierte Beziehung zu dessen Mutter Janie Moore (Orla Brady), bis seine Konversion zum Christentum zu einem Vorwand wurde, diese zu beenden.
Aber es geht natürlich auch um allgemeinere Themen wie die Oxforder Literaturgruppe ‚The Inklings‘, zu der neben Lewis etwa auch J. R. R. Tolkien (Stephen Campbell Moore) gehört. Letztlich also um Vergangenheit und Gegenwart, um Gott und die Welt. Knapp drei Wochen später, am 23. September 1939, hat sich Freud im Alter von 83 Jahren wegen seines inoperablen Kieferkrebses das Leben genommen: „Der Tod ist so ungerecht wie das Leben.“
Hochspannender Diskurs
„Freud – Jenseits des Glaubens“ ist ein fiktives Treffen zweier intellektueller Köpfe mit einem großartigen Protagonisten-Trio, dem man gerne zuhört, auch wenn man nicht jede Anspielung im hochspannenden Diskurs versteht: Als bekennender Atheist Sigmund Freud brilliert der zweifache „Oscar“-Gewinner Anthony Hopkins („Das Schweigen der Lämmer“, „Was vom Tage übrig blieb“), als sein letztlich durchaus geistesverwandter Kontrahent und gläubiger Christ C. S. Lewis läuft Matthew Goode („The Crown“, „Deine Juliet“) mit minimalstem gestischen und mimischen Einsatz einmal mehr zu Hochform auf. Und als Sigmund Freuds Tochter Anna beweist die deutsche Schauspielerin Liv Lisa Fries („In Liebe, Eure Hilde“, „Babylon Berlin“) erneut ihr breit angelegtes darstellerisches Repertoire.
Der von Regisseur Matthew Brown („Die Poesie des Unendlichen“, „London Town“), selbst Sohn eines Psychiaters, inszenierte 108-minütige Film basiert auf dem Theaterstück „Freud’s Last Session“ von Mark St. Germain, das 2009 in Pittsfield (Massachusetts) uraufgeführt wurde, bevor es 2010 auch Off-Broadway in New York Erfolge feierte. Der Dramatiker hat es zusammen mit dem Regisseur selbst für die Leinwand adaptiert als ein Kammerspiel, das die intellektuelle Konversation mit halluzinativen Fantasiesequenzen und Traumbildern aus dem Unterbewusstsein beider ergänzt.
Nach der Uraufführung am 27. Oktober 2023 beim AFI-Fest (American Film Institute) Los Angeles startet „Freud – Jenseits des Glaubens“ am 19. Dezember 2024 in unseren Kinos, bei uns zu sehen in der Schauburg Dortmund, im Filmstudio Glückauf Essen sowie im Metropol Düsseldorf. Ab dem 20. Mai 2025 wird der Film exklusiv im Streaming auf MagentaTV zu sehen sein.