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v.l. Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Jürgen Hellmann.

Gericht hebt alle Hellmann-Kündigungen auf

Das Arbeitsgericht Herne hat am Donnerstag (19.2.2015) nach mehrstündiger Verhandlung und Vernehmung von vier Zeugen alle sechs 2013 ausgesprochenen fristlosen Kündigungen des ehemaligen Geschäftsführers der Stiftung katholisches Krankenhaus Marien-Hospital, Jürgen Hellmann, vom 17. und 28. Mai, 3. Juni, 26. Juli, 20. September und 17. Oktober aufgehoben.

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Von diesen Kündigungen, im sechsköpfigen Kuratorium unter Vorsitz von Dechant Gröne und seinem als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer tätigen Vertreter Dieter Doktorczyk nicht einmal einstimmig abgesegnet, war zuletzt auch nur noch eine übrig geblieben. Der Rauswurf Hellmanns wegen unangemessener Bevorzugung bei Gehaltsanpassungen seines 2009 für die Bereiche Wohnungswirtschaft und Altenheime eingestellten Sohnes Stefan ohne Kenntnis des Kuratoriums bzw. des dreiköpfigen Stiftungbgspräsidiums (Gröne, Doktorczyk, Hellmann). Der heute 35 Jahre alte Immobilienkaufmann verdiente anfangs 52.600 Euro pro Jahr und bekam nach drei Vertragsänderungen mit Gehaltsanpassungen nach oben ab 2012 etwas mehr als 111.000 Euro. Das, so die Verantwortlichen der Stiftung von Anfang an, sei alles ohne Kenntnis des Kuratoriums, in drei Fällen personell identisch mit dem Stiftungsrat, abgelaufen.

Und um dieser Sache auf den Grund zu gehen, hatte die Kammer von Richterin Große-Wilde jetzt vier Zeugen geladen: Den früheren Personalchef Karl-Heinz Münch, den angeblich vom Vater unredlich finanziell bevorzugten Sohn Stefan, von dem sich die Stiftung im letzten Jahr ohne gerichtliche Auseinandersetzung nach Kürzung des Jahresgehalts auf die Hälfte getrennt hatte, den ehemaligen und nach seiner ebenfalls ausgesprochenen fristlosen Kündigung vor dem Arbeitsgericht bisher erfolgreichen Verwaltungsdirektor Wolfgang Wessels, und den früheren Geschäftspartner des Kuratoriums-Vize Doktorczyk, Martin Bienen aus Bünde. Und diese vier Aussagen kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass eine Unkenntnis der Gehaltsanpassungen bei den Verantwortlichen über drei Jahre hinweg nicht möglich gewesen sein konnten.

Der frühere Personalchef schilderte ziemlich genau den Weg von der Erarbeitung jährlicher Anpassungskonzepte durch ihn zur Vorlage durch Geschäftsführer Jürgen Hellmann beim Kuratorium, Ex-Verwaltungsdirektor Wessels bestätigte diese Darstellung aus eigener Erfahrung, und Hellmann junior konnte sich unwidersprochen auch daran erinnern, dass er sich Jahr für Jahr nach Übergabe der neuen Verträge persönlich beim Kuratorium in Person von Dieter Doktorczyk bedankt habe. Einmal habe Dechant Gröne in seiner Anwesenheit sogar seinen Vertreter Doktorczyk gefragt, wofür Stefan Hellmann sich bedanke, und Doktorczyk habe ihm das dann auch erklärt.

Steuerberater Martin Bienen aus Bünde, der bis Oktober 2010 nach eigener Aussage "ein sehr gutes Verhältnis" zu seinem früheren GmbH-Partner Doktorczyk hatte, "bis der im Dezember, später vom Landgericht Bielefeld gesellschaftsrechtlich bestätigt, aus der GmbH flog," schilderte dem Gericht ausführlich wie sein Partner, "ein mitteilsamer Mann," ihn ständig über alle Abläufe im Marien-Hospital informiert habe. Er habe auch mitbekommen, wie sein Partner telefonisch Druck auf Jürgen Hellmann ausgeübt habe, den eigenen Sohn einzustellen. Diese Einstellung habe schließlich auch dazu geführt, dass die gute Arbeit des Sohns geholfen habe, das hohe Defizit des Krankenhaus "erheblich zu reduzieren." Auf die Frage der von den Rechtsanwälten Prof. Dr. Weidemann und Bröggeler vertretenen Arbeitgeberseite, wie er überhaupt als Zeuge in das Verfahren gekommen sei, hatte der Mann aus Ostwestfalen eine ungewöhnliche Erklärung: "Ich habe von der Entlassung des Klägers auf halloherne gelesen und mich dann beim Klägeranwalt gemeldet."

Bei Rechtskraft der Entscheidung werden bisher noch nicht geltend gemachte Annahmeverzugs-Ansprüche Hellmanns für die Zeit nach seiner fristlosen Entlassung fällig. Bei einem früheren Jahresgehalt von über 550.000 Euro dürfte die Summe von einer Million jetzt schon fast erreicht werden. Dagegen stehen aber noch in einer vom Arbeitsgericht abgetrennten Widerklage der Stiftung geltend gemachte Forderungen auf Rückzahlung einer Tantieme von über 300.000 Euro, die der Geschäftsführer sich selbst für 2011 und 2012 genehmigt habe, als sich das Defizit des Marien-Hospitals bereits auf rund 18 Millionen Euro hochgeschaukelt hatte. Die heutige St. Elisabeth Stiftung (u.a. Anna-Hospital) unter Geschäftsführer Theo Freitag hatte das Marien-Hospital im Frühjahr 2013 übernommen und mit einem kurzfristigen Millionen-Kredit vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet.

Die erstinstanzliche Entscheidung bringt möglicherweise auch Bewegung in Vergleichs-Verhandlungen zwischen beiden Parteien. Immerhin hatte Klägeranwalt Norbert H. Müller die zu Anfang der Verhandlung gestellte Frage des Gerichts nach einer Vergleichslösung noch mit Hinweis auf "stundenlange außergerichtliche Verhandlungen ohne Ergebnis" verneint und darauf hingewiesen, "dass erst eine Entscheidung dafür sorgen wird, dass sich die Parteien aufeinander zu bewegen." Noch im Juni 2014 hatte der Klägeranwalt auf eine entsprechende Frage des Gerichts geantwortet, "dass die wechselseitigen Vorstellungen jenseits der Erdkrümmung liegen." (AZ 3 Ca 1453/13)

Donnerstag, 19. Februar 2015 | Autor: Helge Kondring