halloherne.de

lokal, aktuell, online.

Gericht hebt Kündigung nach 31 Jahren auf

Eigentlich gehörte Verkäuferin und Kassiererin R. schon zum "lebenden Inventar" unter den rund einhundert Mitarbeitern der in Castrop-Rauxel, Herne-Sodingen und Wanne vertretenen EDEKA-Filialen von Marcus Urbich. Doch der Verschleiß in den Knien der Frau setzte sie 2014 für längere Zeit außer Gefecht. Am 5. Dezember 2014 nach der letzten Arbeitsunfähigkeit wieder gesund geschrieben, trat die Frau am 8. Dezember wieder ihren Dienst in der Filiale an der Hammerschmidtstraße an, durfte aber laut ärztlichem Attest keine schweren und die Knie belastenden Arbeiten mehr verrichten. Die Reaktion des Einzelhändlers nach sechsmonatiger Eingliederungs-Maßnahme war die fristgerechte "krankheitsbedingte" Kündigung vom 8. Juni zum 31. Januar 2016.

Anzeige: Hibernia Schule 2024

Die langjährige Mitarbeiterin zog mit DGB-Justiziarin Zederbohm-Schröder vor das Arbeitsgericht, dessen 1. Kammer zur pauschalen Behauptung der Arbeitgeberseite, andere Kolleginnen hätten für die Klägerin mitarbeiten müssen, jeglichen "substantiierten Vortrag" vermisste. Schlechte Karten für den Geschäftsführer und seinen Anwalt Weber, der die Meinung vertrat, er müsse die Fälle von angeblich durch die Klägerin nicht erledigten Arbeiten nicht einzeln belegen. Die Arbeitgeberseite sei aber bereit, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 15.000 Euro brutto und sofortiger, bezahlter Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu beenden.

Die Klägerseite brachte allerdings nach einer Zwischenberatung auf dem Flur die Regelabfindung ins Spiel, nach über 30 Jahren Betriebszugehörigkeit und rund 2.000 Euro brutto im Monat immerhin 30.000 Euro. Das lehnte die Arbeitgeberseite ab. Und so schaltete sich die Kammer noch einmal vermittelnd ein und gab zu bedenken, dass "es ja auch noch was dazwischen gibt" und schlug eine Abfindung von 22.500 Euro mit sofortiger Freistellung von der Arbeit bis Ende Januar 21016 vor.

Alles in Allem wären das auch fast 30.000 Euro brutto gewesen.

Anzeige: Esperanza 2024

Die Arbeitgeberseite stimmte zu, doch die Klägerin lehnte nicht nur das ab sondern auch den gerichtlichen Vorschlag, sich das in aller Ruhe noch zwei Wochen zu überlegen. Also musste die Kammer entscheiden und stellte per Urteil fest, "dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung vom 8. Juni zum 31. Januar 2016 nicht aufgelöst wurde." Eine Weiterbeschäftigung der Klägerin "zu unveränderten Bedingungen", wie es der Verkäuferin vorgeschwebt hatte, ist das wegen der gesundheitlichen Einschränkungen in beiden Knien allerdings nicht. Außerdem kann der Einzelhändler noch in die Berufung gehen. Und oft wird dann in Hamm das gemacht, was in der ersten Instanz noch nicht ging: eine Einigung durch Vergleich. (AZ 1 Ca 1592/15)

Donnerstag, 5. November 2015 | Autor: Helge Kondring
Stellenanzeigen: Jobs in Herne