
Serie 'Frauen ins Scheinwerferlicht' über Cordelia Neige
Gleichstellung in den Fokus rücken
Was als Serie zum Weltfrauentag begann, geht nun weiter. halloherne-Redakteurin Julia Blesgen spricht mit verschiedenen Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dabei geht es unter anderem um ihre persönlichen Werdegänge, die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten oder was sie ihrem jüngeren Ich oder anderen jungen Mädchen nun mit auf den Weg geben würden. Alle weiteren Teile der Serie sind auf halloherne zu finden.
Dieses Mal berichtet Cordelia Neige, die neue Leiterin des Büros für Gleichstellung und Vielfalt, über ihren Werdegang und wie sehr sie die bedrohten Frauenrechte weltweit beunruhigen. Nach dem Abitur beginnt Neige ein Jurastudium. Sie merkt aber relativ schnell, dass ihr das Studium zu theoretisch ist und entscheidet sich für eine Ausbildung im Einzelhandel. „Doch auch dort hatte ich nach einiger Zeit das Gefühl, dass ich lieber wieder eine akademische Laufbahn einschlagen möchte“, verrät Neige.
Gerne im Austausch mit anderen Menschen
Also beginnt sie ein duales Studium bei der Stadt Herne und merkt schnell: Hier gehöre ich hin. Nach dem Ende ihrer Ausbildung bleibt sie der Stadt treu. Zunächst arbeitet sie zwölf Jahre beim Sozialamt und wechselt 2011 in den Personaleinsatz für interne Stellenbesetzungsverfahren. Im Jahr 2017 wechselt sie dann zur damaligen Gleichstellungsstelle und wird stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte. Im Jahr 2024 wird sie, nachdem Sabine Schirmer-Klug in ihren wohlverdienten Ruhestand wechselte (halloherne berichtete), neue Gleichstellungsbeauftragte.
„Ich glaube, in allen Jobs hat mir schon immer geholfen, dass ich gerne im Austausch mit anderen Menschen bin“, berichtet die Gleichstellungsbeauftragte. Obwohl sie schon seit sieben Jahren beim Büro für Gleichstellung und Vielfalt beschäftigt ist, war die neue Führungsposition nochmal eine Herausforderung. „Als ich mich entschied, in Führung zu gehen, war ich schon Anfang 40. Natürlich kam bei mir die Frage auf: Bin ich vielleicht schon zu alt? Aber ich habe mich hinterfragt und mich den Herausforderungen gestellt, was letztendlich in der Stelle als Leiterin des Büros für Gleichstellung und Vielfalt gipfelte“, spricht Cordelia Neige offen über ihre Gedanken zu diesem Zeitpunkt.
Ihre neue Position gefalle ihr sehr, was nicht zuletzt an ihrem Team liegt. „Mein Team macht es mir so leicht. Wir verstehen uns alle sehr gut, was glaube ich, auch rüberkommt, wenn man das Büro besucht“, freut sich Neige. Als Wanner Kind freut sie sich außerdem, dass sie durch ihre neue Position in vielen Gremien sowie Arbeitsgruppen sitzt und so die Stadtentwicklung hautnah mitbekommt.
Große Unterstützung erfährt sie von ihrer Familie, aber besonders von ihrem Mann, mit dem sie seit über 30 Jahren verheiratet ist. Er begleitet sie, sooft es geht, zu Terminen und Veranstaltungen. „Er ist mein größter Supporter. Da er an so vielen Terminen teilnimmt und ihn viele kennen, fällt schon immer mal wieder der Satz: Grüßen Sie ihren Mann“, erzählt sie lachend.
'Frauen müssen ihre Privilegien einfordern'
Sie wünscht sich deutschlandweit mehr Frauen in Führungspositionen, obwohl die aktuelle Zahl von 42 Prozent schon hoffnungsvoll stimme. Jedoch weiß sie um das fehlende Problembewusstsein in Bezug auf Gleichstellung. „Viele Männer sind sich ihren Privilegien gar nicht bewusst und viele Frauen fordern die Privilegien, die ihnen zustehen, nicht ein. Hier müssen wir ansetzen und Frauen ermutigen, ihre Rechte einzufordern“, weist die Leiterin des Gleichstellungs-Büros auf die Ungerechtigkeiten in Bezug auf Gleichstellung hin.
Das Erstarken von rechten und konservativen Kräften weltweit sieht sie in Bezug auf Frauenrechte problematisch. „Man hat momentan kein gutes Gefühl dabei die Nachrichten zu sehen. Viele Bilder sind teilweise schwer erträglich und auch die Berichterstattung ist teilweise einseitig.“ Hierbei spielt sie auf die hohe Zahl der Femizide in Deutschland an, die medial kaum thematisiert werden.

„Wir erleben durch - nennen wir sie mal - autoritäre Staatsmänner auch weltweit eine Schwächung der Stellung der Frau. Meine Vorgängerin Sabine Schirmer-Klug hat immer gesagt: Gleichstellung geht im Schneckentempo voran. Jetzt erleben wir eine Rückwendung. Das ist sehr besorgniserregend“, zeigt sich Cordelia Neige von Sorge erfüllt.
An die Altersabsicherung denken
Ferner sehe sie auch die Reduzierung einer Frau auf die Hausfrauen- und Mutterrolle kritisch. „Wenn eine Frau so ein Leben führen möchte, ist das ihre Entscheidung. Aber es ist so wichtig, dass sie an ihre Altersabsicherung denken, denn wenn sich Frauen in solch eine finanzielle Abhängigkeit begeben, können sie in der Altersarmut landen.“
Jungen Mädchen und Frauen rät sie deshalb abschließend: „Macht eine gute Ausbildung und findet einen Beruf, der euch Spaß macht und für eure finanzielle sowie persönliche Unabhängigkeit sorgt. Lasst euch nicht von gesellschaftlichen Zwängen etwas vorschreiben und denkt an eure Altersvorsorge.“