Bürgerinitiative und Kämmerer Klee untermauern ihre Schätzungen
Hallenbad: Zwei unterschiedliche Rechnungen
Die Zukunft des Hallenbads Eickel, Kapitel 437: Nachdem seit Dienstag (21.6.2022) feststeht, dass die Bürgerinitiative (BI) Wiederinbetriebnahme Hallenbad Eickel erneut Unterschriften für ein Bürgerbegehren (gegen den Ratsbeschluss, das Hallenbad abzureißen und von einem Investor ein Wohnungen sowie ein Lehrschwimmbecken neu zu bauen) sammeln darf (halloherne berichtete) und damit bereits angefangen hat, geht es nun weiter. Sowohl die BI als auch die Verwaltung in Person von Stadtdirektor und Kämmerer Hans Werner Klee haben genauere Ausführungen zu ihren jeweiligen Berechnungen mitgeteilt. Klar ist: Beide Seiten sind weiter weit voneinander entfernt.
Zunächst einmal die Ansicht der Stadt. Die hatte bekanntlich wiederholt betont, dass eine Sanierung des Hallenbads aus ihrer Sicht viel zu teuer wäre und sehr viele Mängel aufweise (halloherne berichtete). Von rund 15 Millionen Euro war im November 2021 die Rede. „Für uns ist es ein wirtschaftlicher Totalschaden“, macht Hans Werner Klee am Mittwoch (6.7.2022) bei einem Pressegespräch erneut deutlich.
Kurzstudie von Unsicherheit geprägt
Bei der Presserunde wurde die Kurzstudie des Architekturbüros Krieger aus Velbert und deren Kostenberechnungen vorgestellt. „Wir haben immer die notwendige Wirtschaftlichkeit betont und uns mit der Gebäudesituation auseinandergesetzt. Um nach internen Einschätzungen einen Blick von außen zu bekommen, haben wir uns zu der Kurzstudie entschlossen - so etwas ist aber auch immer von viel Unsicherheit geprägt, da bei Bestandsgebäuden immer wieder Überraschungen auftreten können.“ Er zieht Vergleiche zum Bergbau: „Vor der Hacke ist es duster.“ Sprich: Man sieht manche Probleme, beispielsweise im Beton, erst, wenn man in diesen genau hereinschaut.
Daher seien Risikozuschläge (30 Prozent) und durch die allgemein bekannte Marktsituation im Baugewerbe Preissteigerungen (25 Prozent) mit eingeflossen. Dadurch kommt der Kämmerer nach Ansicht der Studie auf einen Betrag (inklusive Mehrwertsteuer) von rund 17,5 Millionen Euro. Eine Stange Geld für eine klamme Kommune wie Herne. „In Anbetracht der aktuellen Situation halte ich Preissteigerungen von 25 Prozent sogar noch für zu knapp, wir haben uns die Werte auch nicht aus den Fingern gesaugt“, sagt Klee. „Der geschätzte Endbetrag ist kein 'Horrorszenario', wie es der Architekt der BI nennt, sondern wahrscheinlich Realität.“ Dazu habe er, als Teil des Verwaltungsrates des Bau- und Liegenschaftsbetriebes (BLB) NRW, sich auch mit kompetenten Kollegen im Vorfeld unterhalten und beraten.
Arnsberg hat die Verschuldung im Blick
Der Kämmerer gibt an, dass theoretisch das Geld für das Hallenbad aufgebracht werden kann - allerdings käme dann von der Bezirksregierung Arnsberg der Hinweis, aufgrund der massiven Verschuldung von rund 60 Millionen Euro, an anderer Stelle zu sparen oder Projekte zu schieben oder ganz zu canceln. Das betreffe dann vor allem Kita-Neubauten sowie Schulrenovierungen und -modernisierungen, die schließlich Priorität hätten.
„Wir haben enge Regelungen für Investionen. Wenn einmal mehr ausgegeben wird als geplant, muss es an anderer Stelle wieder gespart werden“, erläutert Klee. Zwei Ausnahmen gebe es nur für die neue Hauptfeuerwehrwache und die Herner Schulmodernisierungsgesellschaft, die 100 Millionen Euro investieren kann. Was nebenbei bemerkt nach mehr klinge, als es eigentlich wäre, so Klee. Klar sei, dass eine Machbarkeitsstudie gewissen Schwankungen unterliegen würde.
Thorsten Hahn, Leiter des Fachbereichs Immobilien und Wahlen, bekräftigt, dass die Verwaltung an ihrer Idee und Position, am Standort durch ein Investorenmodell tätig zu werden, festhalten will. „Das ist deutlich tragfähiger als eine Sanierung“, so Hahn.
Unterschriften-Sammelaktion läuft bereits
Sammelt die BI allerdings genug Unterschriften, wird dieser Beschluss von März 2021 (halloherne berichtete) wieder gekippt. Bekanntlich präsentierte die Verwaltung dieses Modell (halloherne berichtete), nachdem der Verkauf des Grundstücks an die Stadtentwicklungsgesellschaft (SEG) durch das erste Bürgerbegehren (halloherne berichtete) im Tagesordnungspunkt zuvor einkassiert wurde.
Horst Schröder, einer der Initiatoren der BI, hatte kürzlich zusammen mit Architekt Jürgen Köhne die BI-Berechnungen vorgestellt. Im November 2021 sah die BI bei einer Begehung vor Ort deutlich weniger Mängel als die Stadt (halloherne berichtete). Nun kommen die Hallenbad-Verfechter auf rund zehn Millionen Euro (ohne Kostensteigungen und Risikozuschläge), während das Büro Krieger rund zwölf Millionen Euro an Bau- und Sanierungskosten veranschlagt. Die BI verweist hierbei aber darauf, dass die Kostengruppe für Bau und Technik (rund 6,2 Millionen Euro) nicht genauer zu berechnen sei.
Insgesamt kommt sie zu dem Fazit: „Die Kosten von Krieger in den relevanten Kostengruppen liegen unter unserem Ansatz. Bereinigt um übertriebene Abrisskosten und Honorare für die Planer, liegen die Nettokosten bei 8,6 Millionen Euro.“ Dafür halte die Stadt ein Schwimmbad zurück, welches einst 45 Prozent des Bäderbetriebs gestemmt habe.
Konstruktives Gespräch mit dem OB
Zudem hatte die Bürgerinitiative kürzlich ein Gespräch mit Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda. „Das war ein gutes Treffen und konstruktiv. Herr Dudda war nach unseren Ausführungen nicht abgeneigt, manche Sachen sind ihm erst im Gespräch bewusst geworden“, berichtet Horst Schröder gegenüber halloherne.
Auf die Frage, ob Schröder denkt, dass die Stadt bei einem erfolgreichen Bürgerbegehren (rund 6.000 gültige Unterschriften sind bis Anfang September 2022 notwendig) erneut eine Vorlage samt Idee aus dem Hut zaubert, sagt er: „Nein, das glaube ich nicht.“ Darauf angesprochen sagt Hans Werner Klee: „Bei einem erfolgreichen Bürgerbegehren wäre das aktuelle Investorenverfahren erst einmal blockiert. Wahrscheinlich werden wir dann erstmal nichts machen.“ Es ist also weiter unklar, wie die Zukunft des Hallenbads aussieht.