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Die Premiere von Herr Pastor und Frau Teufel.

Der Mann, der aus dem Beichtstuhl fiel

Herr Pastor und Frau Teufel

Dein ist mein ganzes Herz: Apolonia Teufel (Vollblut-Komödiantin Silke Volkner) ist es leid, nur als Haushälterin von Pfarrer Willy Roggensemmel (Publikumsliebling Martin Zaik) zu gelten – und dennoch Objekt übler Gerüchte zu sein. Denn wer es über 25 Jahre und mehrere Pfarrstellen, St. Elisabeth in Wanne-Eickel macht das halbe Dutzend voll, an der Seite des zölibatären Geistlichen aushält, ist entweder seine heimliche Geliebte – oder keine begehrenswerte Frau.

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Gleich wird beerdigt, danach wird getauft: Doch zwischen dem ganzen Terminstress bleibt Apolonia keine Zeit, um in einer stillen Stunde ihrem Herzen Luft zu verschaffen. Selbst Küster Martin Behrend (Heiko Büscher) hat kaum Gelegenheit zum Atemholen: Als Hausmeister, Organist und nun auch Animateur für die Menopausen-Gymnastik ist Martin als Mädchen für alles dauernd unterwegs. Und dann nimmt der Pastor auch noch solchen Unsinn in den Mund wie Streik: Roggensemmel ist es leid, sonntags vor leeren Kirchenbänken predigen zu müssen, während er sich unter der Woche vor Verpflichtungen nicht mehr retten kann – von der Kindstaufe über die Eheschließung bis zur Bestattung.

Herr Pastor und Frau Teufel - im Mondpalast.

Glutenfreie Hostien, aber saurer Messwein: Das muss dem Hirten des Herrn ja auf den Magen schlagen. Er ist es gewohnt, dem gekreuzigten Sohn des Chefs seine Sorgen anzuvertrauen. Auch über den seit Jahren verwaisten Beichtstuhl: Die Schäfchen seiner ständig kleiner werdenden Herde kommen nicht mehr zum Gottesdienst, sondern verstehen die Heilige Kirche nur noch als Dienstleistungsunternehmen bei Familienangelegenheiten aller Art. Weshalb es Roggensemmel und seiner Haushälterin gruselt, als heftiges Husten aus dem inzwischen offenbar völlig verstaubten Beichtstuhl zu vernehmen ist. Letztere entwirft schon 'mal die Bild-Schlagzeile: „Teufel hört Stimmen in Kirche“.

Knockin' On Heavan's Door: Bevor sie sich um ihren Überraschungsgast (Andreas Wunnenberg) kümmern können, muss eine Beerdigung überstanden werden und, schlimmer, das anschließende Kaffeetrinken mit den verfeindeten Erbschleicherfamilien Trautmann und Zibula (um die Erzkomödianten Susanne Fernkorn und Axel Schönnenberg). Denn vorher darf der Notar (Dominik Brünnig) das Testament nicht verlesen. Nicht öffentlich, versteht sich. So geht’s sehr angeregt in die Pause zu den gewohnt deftigen Ruhrpott-Tapas.

Herr Pastor und Frau Teufel - im Mondpalast.

Highway to Hell: Wir wissen nicht, ob Heinz Trautmanns schimmeliges Häusken oder gar sein Schrebbergarten in Duisburg-Marxloh für die Erb-Hyänen ein gefundenes Fressen unterm Altar (das Gemeindezentrum hat Wasserschaden) ist, aber Opa Höttges (der künstlerische Leiter Ekkehard Eumann) hat jedenfalls allen Grund zur Freude: die ihm zugedachte Taube legt sozusagen goldene Eier: „Hallelujah!!!“ Opas Steinhäger-Vorrat und Margots Poison-Duftmarke lassen regelrecht Partystimmung aufkommen und nach gut zwei Stunden stimmt die Richtung ganz im Sinn des Herrn: Wunder gibt es immer wieder.

In seiner erst zweiten Komödie nach Frau Piesewotzki, Libuda und ich (2009) ist Thomas Rech 2017 als Autor wie Regisseur ein Volltreffer gelungen: Herr Pastor und Frau Teufel berührt in wundervoll lockerer Weise die letzten Dinge des Lebens, welche auch überzeugte Atheisten nicht verleugnen können. Und setzt auch bezüglich aktueller politischer Fragen ein dickes - an der Rampe allerdings allzu dickes - Ausrufezeichen.

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  • Freitag, 29. März 2019, um 20 Uhr
  • Samstag, 30. März 2019, um 20 Uhr
  • Sonntag, 31. März 2019, um 17:06 Uhr
Montag, 25. März 2019 | Quelle: Pitt Herrmann