
Musical mit der Hernerin Stefanie Linnenberg
Heute Abend: Lola Blau
„Im Theater ist was los“: Die junge Wiener Schauspielerin Lola Blau freut sich auf ihr erstes Engagement im oberösterreichischen Linz und träumt von einer großen Theaterkarriere, die sie bis nach Hollywood führt. Doch es ist das Jahr 1938 und Adolf Hitler beschließt, seine Heimat heim ins Reich zu holen. „Politik interessiert mich nicht“: Lola ist Jüdin und versucht, den immer mächtiger werdenden Nationalsozialismus nicht zu ernst zu nehmen. „Ja, der Hitler kann vertragsbrüchig werden, Lola Blau nicht!“
„Die Wahrheit vertragen sie nicht“: Mit einer frivolen Reminiszenz an die heißen Zwanziger Jahre tingelt die von ihrem Freund Leo getrennte Lola, deren Engagement in Linz geplatzt ist und für die es in ihrer Heimat keinen Platz mehr gegeben hat, durch Schweizer Nachtklubs, wo sie beim Publikum freilich auf wenig Gegenliebe stößt und zuletzt von den Behörden ausgewiesen wird.
„Ich hab a Mädele“ und „Sie ist ein herrliches Weib“: Lola emigriert in die USA und singt auf der Überfahrt nach Amerika nicht nur in den exklusiven Bars im Oberdeck, sondern auch zwei jiddische Lieder vor anderen Emigranten in weniger luxuriöser Umgebung. „Sex is a wonderful habit“: Männer umschwirrn sie wie Motten das Licht, sie lernt aber auch den pervertierten Frauenkult im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kennen mit seiner ganzen Oberflächlichkeit und Unverbindlichkeit. Lola erfährt am eigenen Leib Licht und Schatten, Erfolge und Enttäuschungen des glamourösen Showbusiness.

Desillusioniert von der „Neuen Welt“ beschließt Lola Blau, nach Kriegsende in ihre Heimat – und möglichst auch zu Leo, der das Konzentrationslager Dachau überlebt hat - zurückzukehren. Diese heißt jetzt zwar wieder Österreich, und ist Republik, aber bleibt über seinen Tod hinaus weiterhin die Heimat des selbsternannten „Größten Führers aller Zeiten“ aus Braunau am Inn. An der selten blauen Donau zeichnet Lola in „Wo sind die Zeiten dahin, als es noch gemütlich war in Wien“ das Porträt des selbstgerechten Spießers, der sich in verstaubte Operettenseligkeit flüchtet.
„Ich bin das Orakel von Delphi, und ich helfi ihm sehr“: In „Frau Schmid“ porträtiert Lola eine Mitläuferin, die immer noch nichts hinzugelernt hat und offenbart ihre bittere Erkenntnis, dass der Faschismus zwar militärisch besiegt wurde, aber immer noch in den Köpfen vieler Menschen sitzt. Enttäuscht vom Wiener Theatermief verlässt Lola die Bretter, die ihr bis zuletzt die Welt bedeutet haben, und entschließt sich für das Kabarett und damit für die Bretter, die die Zeit bedeuten. Hier kann sie, wenn auch vor kleinerem Publikum, ihre Meinung ungeschminkt kundtun, hier erzählt sie den Leuten besonders im Hinblick auf die heranwachsende (Nachkriegs-) Generation ihre Geschichte...
„Heute Abend: Lola Blau“ wurde am 17. September 1971 im damals zum Theater in der Josefstadt gehörenden Kleinen Theater im Konzerthaus Wien von Conny Hannes Meyer urinszeniert – mit Kreislers Gattin Topsy Küppers, die zeitweise auch am Gelsenkirchener Musiktheater engagiert war. In witzigen und traurigen, in bösen und in melancholischen Songs schildert Georg Kreisler in seinem „Musical für eine Schauspielerin“ die Erfahrungen seiner Protagonistin und vermittelt so zugleich ein ganz persönliches, und deshalb umso mehr packendes Stück Zeitgeschichte, das gerade auch auf unsere Gegenwart ein besonderes Schlaglicht wirft.
Wien, nur du allein? Keineswegs, wie sich bei der Neuinszenierung Kerstin Sommers am Bochumer Prinz Regent Theater zeigt, die am 29. Juli 2021 umjubelte Premiere feierte. Nach „Kassandra“ 2018 mit dem jungen Ensemble ProgeniTuR ist „Heute Abend: Lola Blau“ ihre erste Profi-Produktion. Die Mara Zechendorff so effektvoll wie flexibel ausgestattet hat für Open Air oder Indoor: links das Klavier (für Live-Begleitung), rechts der Volksempfänger (für zeitgenössische O-Töne) und in der Mitte die Schrankkoffer der zur Odyssee gezwungenen Protagonistin, die von der 1986 in Herne geborenen Kölner Schauspielerin Stefanie Linnenberg (zuletzt „Meisterklasse“ am PRT) mit Verve und stimmgewaltigem Mezzosopran verkörpert wird.
Die 1991 im albanischen Peshkopi geborene und seit 2010 in Deutschland lebende Folkwang-Studentin Mirela Zhulali begleitet Stefanie Linnenberg binnen einschließlich Pause zweier auch unterhaltender, vor allem aber nachdenklich stimmender Stunden nicht nur am E-Piano, sondern übernimmt immer wieder auch kleinere Rollen vom schweizerischen Postboten bis hin zum amerikanischen Bühnen-Inspizienten, deren Stimmen von Künstlern im Umfeld des Prinz Regent Theaters einschließlich des Intendanten Hans Dreher auf Band gesprochen worden sind.
Die nächsten Vorstellungen: am Sonntag, 1. August 2021, um 18 Uhr, am Montag, 2. August 2021 um 19:30 Uhr, am Sonntag, 22. August 2021 um 18 Uhr sowie am Dienstag, 31. August 2021, um 19:30 Uhr. Eintrittskarten können an der Abendkasse, telefonisch oder online auf der PRT-Webseite über den Online-Ticketdienst „Ticketpay“ erworben werden. Reservierungen sind per E-Mail unter oder unter Tel 0234 - 771117 möglich.
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- Sonntag, 1. August 2021, um 18 Uhr
- Montag, 2. August 2021, um 19:30 Uhr
- Sonntag, 22. August 2021, um 18 Uhr
- Dienstag, 31. August 2021, um 19:30 Uhr