Serie „Frauen ins Scheinwerferlicht“ über Miriana Palermo
'Inklusion als gesamtgesellschaftliches Ziel'
Was als Serie zum Weltfrauentag begann, geht weiter. halloherne-Redakteurin Julia Blesgen spricht mit verschiedenen Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dabei geht es unter anderem um ihre persönlichen Werdegänge, die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten oder was sie ihrem jüngeren Ich oder anderen jungen Mädchen nun mit auf den Weg geben würden. Alle weiteren Teile der Serie sind auf halloherne zu finden.
Dieses Mal berichtet Miriana Palermo aus dem Inklusionsbüro Herne über ihren Podcast „Palermos Pottcast“ und verweist auf die Wichtigkeit von Inklusion als gesamtgesellschaftliches Ziel.
'Bin auf offene Türen gestoßen'
Seit 2023 erstellt die 35-Jährige den inklusiven Podcast „Palermos Pottcast“. „Meine Kolleginnen im Inklusionsbüro und ich, haben gemerkt, dass Menschen mit Behinderung vermehrt andere Medien nutzen als nur den bekannten Newsletter. Da hatten wir dann die Idee zu einem Podcast, mit der wir bei der Stadt Herne im Pressebüro offene Türen eingerannt haben", berichtet Palermo im Gespräch mit halloherne.
Schnell war klar, dass sie federführend für den Podcast zuständig sein wird. „Das war für mich eine unglaubliche Wertschätzung und ich bin dankbar, diese Chance zu haben", so die junge Frau.
Podcast als Herzensangelegenheit
Dass der Podcast anstatt dem „d“ zwei „t“ hat, habe natürlich auch einen Grund. „Herne liegt mitten im Ruhrgebiet, da lag es doch auf der Hand, dass wir ihn Pott-cast nennen", sagt Palermo lachend. Um dazu noch auf Palermos italienische Wurzeln anzuspielen, inszenierte Thomas Schmidt, Fotograf im Pressebüro der Stadt, Palermo auch noch für das Cover im Stil des Filmplakates vom Klassiker „Der Pate“.
Für Miriana Palermo, die selbst seit ihrem 21. Lebensjahr blind ist, ist der Podcast eine Herzensangelegenheit. Der Podcast soll für mehr Verständnis untereinander sorgen und Berührungsängste sowie Barrieren abbauen. Palermo will mit dem Podcast erreichen, dass sich Menschen mit Behinderung wahrgenommen fühlen und ihre Stimmen gehört werden.
'Menschen können mit, nicht trotz ihrer Behinderung alles erreichen'
„Ich will zeigen, dass Menschen mit, nicht trotz ihrer Behinderung, alles erreichen können, was sie wollen“, berichtet die Mitarbeiterin des Inklusionsbüros. Auch über ihre eigene Geschichte spricht sie offen: „Ich kam gesund zur Welt. Dann trat bei mir im Kleinkindalter zunächst Grauer und später Grüner Star auf.“
Als sie vier Jahre als ist, erblindet sie auf dem rechten Auge. Insgesamt musste sich Palermo 40 Operationen unterziehen. Bei der letzten OP konnten die Ärzte nichts mehr tun und sie erblindete. „Das war natürlich erstmal ein harter Einschnitt und hat mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Ab da musste ich alles neu erlernen“, erzählt die 35-Jährige.
Doch sie kämpft und erlangt ihre Selbstständigkeit zurück, beendet ihr Studium und arbeitet nun bei der Stadt Herne. Dabei half ihr vor allem auch ihre Blindenführhündin Fenja. „Sie hat alle Gitter des Gefängnisses der Blindheit durchbrochen“, so Miriana Palermo.
'War als würde ich erneut erblinden'
Umso schlimmer für Palermo, war dann Fenjas plötzlicher Tod im Jahr 2021. „Es war, als würde ich erneut erblinden, ich wusste nicht, ob ich einen neuen Hund in mein Herz lassen könnte und wenn ja, wie lange es dauern würde, einen neuen zu bekommen“, sagt die Hundeliebhaberin.
Doch dann ging alles ganz schnell. Labradordame Xelies trat in ihr Leben und schnell schlossen sich die beiden ins Herz. Nach bestandener Gespannprüfung (Leistungsprüfung für einen Führhundehalter und seinen Blindenführhund) durfte Xelies dann auch dauerhaft bei Miriana Palermo als Blindenführhündin einziehen.
„Sie hat so ein wundervolles Wesen. Vor ein paar Tagen hat sie mir auch das Leben gerettet. Als wir einen Fußgängerüberweg überqueren wollten, verweigerte sie den Übergang. Ich dachte noch, was hat sie denn? Aber ein E-Auto – die man ja gar nicht mehr hört – schoss vorbei und hätte mich – wenn Xelies nicht da gewesen wäre – mit Sicherheit erfasst“, schildert sie.
'Inklusion beginnt im Kopf'
Im Zuge dessen spricht Palermo auch die Wichtigkeit des Mitdenkens von Menschen mit Behinderung an. Inklusion beginne laut Palermo im Kopf. Mit der Stadt Herne habe sie einen Arbeitgeber, der sich „Inklusion und Teilhabe“ auf die Fahne geschrieben habe. So werde sie beispielsweise als Mitglied im Arbeitskreis „Barrierefreies Bauen“ bei öffentlich zugänglichen Baumaßnahmen in Bezug auf Barrierefreiheit hinzugezogen.
Leider begegnen Palermo auch Vorurteile in Bezug auf ihre Blindheit. „Natürlich begegne ich auch schon mal Leuten, die plötzlich sehr laut mit mir sprechen oder mir ungefragt über die Straße helfen wollen. Einmal habe ich es sogar erlebt, als ich mit Freunden unterwegs war, dass Menschen über meinen Kopf hinweg meinen Freunden Fragen zu mir gestellt haben. Das ist sowas von übergriffig. Manche Leute meinen wohl immer noch, dass blind gleich blöd ist“, so Palermo.
Obwohl solche Situationen nachvollziehbarerweise verletzend sind und wütend machen, ist Palermo immer noch hoffnungsvoll, dass eine gesamtgesellschaftliche Inklusion gelingen kann. Was sicherlich auch an ihrem Umfeld liegt. Ihre Familie, ihren Partner und ihre Freunde benennt sie als ihre größten Stützen.
„Inklusion muss ein gesamtgesellschaftliches Ziel werden. Ich hoffe, dass wir eines Tages an den Punkt kommen, an dem es egal ist, ob jemand eine Behinderung hat, wie jemand aussieht oder woher er kommt“, macht die 35-Jährige deutlich.
Einzigartige Erfahrung bei den Special Olympics World Games 2023
Hoffnungsvoll machten sie auch die Special Olympics World Games 2023, bei denen Herne nicht nur Host-Town war, sondern Palermo und eine Kollegin auch in Berlin an den Feierlichkeiten teilnehmen durften. „Dort jagte ein Gänsehautmoment den nächsten. Es war so eine vereinende und wunderschöne Veranstaltung. Die Special Olympics World Games zeigen, dass Inklusion gelingen kann. Das war so eine einmalige Erfahrung, die ich mein Leben lang im Herzen tragen werde“, betont Miriana Palermo abschließend.
Wer im Übrigen nun neugierig auf „Palermos Pottcast“ geworden ist, der kann die Folgen beispielsweise auf der schreiben.