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Rock trifft Oper: Krabat (Bastille alias Sebastian Schiller) und Kantorka (Bele Kumberger) lieben sich.

Rock trifft Oper

'Krabat' in Gelsenkirchen

Der Dreißigjährige Krieg hat 1646 ganz Europa in ein Schlachtfeld verwandelt. Die Pest wütet unter den geschwächten Menschen. Auch der junge, erst 14-jährige Krabat (Bastille alias Sebastian Schiller) hat seine Mutter an den Schwarzen Tod verloren, sodass er gezwungen ist, frierend und bettelnd durch das verwüstete Land zu ziehen. Einer Stimme im Traum folgend zieht es ihn zur Schwarzen Mühle im Koselbruch, wo der Meister (Joachim G. Maaß) einen neuen, zwölften Lehrling sucht.

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Krabat muss lernen, sich in der neuen Umgebung einzugewöhnen und schenkt nur dem Altgesellen Tonda (Sebastian Campione) sein Vertrauen. Die Arbeit in der geheimnisvoll-düsteren Mühle mit den anderen Lehrlingen wie Juro (Martin Petschan), Merten (Julius Warmuth), Andrusch (Comte Caspar) und dem herrischen Lyschko (Graf Lindorf) ist hart. Als der Meister wie an jedem Ostersamstag seine Gesellen ausschickt, mit einem anderen die Nacht an einem Ort zu verbringen, an dem ein Mensch gewaltsam zu Tode gekommen, geht Krabat an Juros Seite in die Ortschaft Schwarzkollm, wo er sich in die Stimme des Mädchens Kantorka (Bele Kumberger) verliebt.

Liebling des Meisters

Nach bestandener Probezeit steigt Krabat zum Liebling des Meisters auf, der ihn in der Schwarzen Kunst unterrichtet. Michal (Max Coppella), nach Tondas Tod zum Altgesellen aufgestiegen, hilft dem Neuling Witko (Scarlett Pulwey) und wird vom Meister bestraft. Nach Michals überraschendem Tod nimmt Krabat seinen Platz ein und kümmert sich um den Neuankömmling Lobosch (Max Coppella). Spätestens, als er mit Juro auf dem Markt von Wittichenau einen krummen Pferdehandel abschließen soll, ist Krabat entschlossen, dem Meister das Handwerk zu legen. Für dessen Unsterblichkeit einer der Gesellen Jahr für Jahr sein Leben lassen muss. Juro weiß, wie der Plan mit Hilfe Kantorkas gelingen kann: „Dein Mädchen muss dich am letzten Tag des Jahres freibitten, nur so kannst Du den Meister besiegen“…

„Krabat“ - Rock trifft Oper: Die „Coppelius“-Musiker sind auch darstellerisch gefordert.

Otfried Preußler: „Mein Krabat ist keine Geschichte, die sich nur an junge Leute wendet, und keine Geschichte für ein ausschließlich erwachsenes Publikum. Es ist die Geschichte eines jungen Menschen, der sich mit finsteren Mächten einlässt, von denen er fasziniert ist, bis er erkennt, worauf er sich da eingelassen hat. Es ist zugleich meine Geschichte, die Geschichte meiner Generation und es ist die Geschichte aller jungen Leute, die mit der Macht und ihren Verlockungen in Berührung kommen und sich darin verstricken.“

Otfried Preußlers 300-Seiten-Roman, 1971 erschienen und vielfach international ausgezeichnet, ist viel mehr als nur die Adaption einer sorbischen Sage. Als Abiturient zur Wehrmacht eingezogen überlebte der spätere Volksschullehrer, Lokalreporter und Erfolgs-Schriftsteller die Hölle der Ostfront und einer fünfjährigen Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion. Von Typhus, Malaria und Fleckfieber gezeichnet und auf 40 Kilogramm abgemagert konnte Preußler erst 1949 seine Reichenberger Verlobte im oberbayerischen Rosenheim in die Arme schließen.

2008 Uraufführung

Nach der am 23. September 2008 in der Essener Lichtburg uraufgeführten spektakulären Krabat-Verfilmung Marco Kreuzpaintners und inzwischen weit mehr als einem Dutzend Bühnenadaptionen im Sprech-, Musik-, Tanz- und Figurentheater sollte der Stoff eigentlich durch sein. Doch die Berliner Band „Coppelius“ hat nach ihrem grandiosen Erfolg der Steampunk-Oper „Klein Zaches genannt Zinnober“ in Gelsenkirchen den Auftrag des MiR-Intendanten Michael Schulz angenommen, zusammen mit dem Librettisten Ulf Schmidt und dem Komponistenkollektiv „Himmelfahrt Scores“ aus Schlüsselmomenten der monumentalen Vorlage eine neue Form des Musiktheaters zu kreieren. Welche mit einer kleinen Rahmengeschichte zur aktuellen Flüchtlingsthematik und zur christlich grundierten Verantwortung für Mitmenschen und unseren Globus insgesamt einen unmittelbaren Gegenwartsbezug erhält. Die höchst emotionale, ungemein bildmächtige Verbindung (Bühne: Julius Semmelmann, Kostüme: Sophie Reble, Video: Judith Selenko) aus Rockkonzert und melodramatischer Oper wurde bei der Uraufführung am 5. Juni 2022 im ausverkauften Großen Haus am Kennedyplatz eine Viertelstunde mit stehenden Ovationen gefeiert.

Dabei stand die Premiere unter keinem guten Stern: Erst hatte sich Martin Petschan bei den Proben einen Fuß gebrochen, sodass er die Juro-Partie weitgehend im Rollstuhl meistern musste. Und dann wurde Joachim G. Maaß auch noch positiv auf Corona getestet. Für ihn übernahm der Regisseur Manuel Schmitt den szenischen Part als Meister, während kein Geringerer als der europaweit gefragte Musical-Experte und Essener Folkwang-Hochschullehrer Heribert Feckler gesanglich aus der Kulisse kurzfristig einsprang. In Ermangelung eines Grabens: die über 80 Chor- und Orchestermusiker unter der Leitung von Peter Kattermann sind auf der Hinterbühne situiert.

Das dreistündige, freilich erst nach der Pause so richtig Fahrt aufnehmende Gesamtkunstwerk „Krabat“ steht in dieser Spielzeit noch viermal auf dem Spielplan: Am 11. Juni 2022 um 19:30 Uhr, am 12. Juni 2022 um 16 Uhr, am 16. Juni 2022 um 18 Uhr sowie am 17. Juni 2022 um 19:30 Uhr. Die Wiederaufnahme in der Saison 2022/23 ist für den 2. Oktober 2022 geplant. Karten unter musiktheater-im-revier oder Tel 0209 – 4097200.

Update, Mittwoch (8.6.2022), 15 Uhr

Die Vorstellungen der Rock-Oper „Krabat“ von Coppelius und Himmelfahrt Scores am Samstag, 11. Juni 2022 und Sonntag, 12. Juni 2022 müssen entfallen. Grund dafür sind mehrere Erkrankungen im Solisten-Ensemble, heißt es in einer Mitteilung von Mittwoch (8.6.2022). Die Mitarbeiter der Theaterkasse kümmern sich um den reibungslosen Umtausch bereits erworbener Karten (Theaterkasse: Montag und Samstag von 10 bis 14 Uhr, Dienstag bis Freitag von 10 bis 18.30 Uhr, E-Mail: , telefonisch unter 0209 4097-200).

Um dem großen Publikumsinteresse an „Krabat“ gerecht zu werden, sind für die kommende Spielzeit zwei zusätzliche Termine am Montag, 3. Oktober 2022 und Freitag 11. November 2022 angesetzt.

Vergangene Termine (2) anzeigen...
  • Donnerstag, 16. Juni 2022, um 18 Uhr
  • Freitag, 17. Juni 2022, um 19:30 Uhr
Mittwoch, 8. Juni 2022 | Quelle: Pitt Herrmann