Lidl kündigt nach Drogen-Deal am Arbeitsplatz fristlos
Recklinghausen / Bochum / Herne. Am Mittwoch der zweiten Maiwoche kämpfte der 31 Jahre alte C. aus Recklinghausen vor dem Arbeitsgericht Herne noch um seinen Arbeitsplatz als Leiter einer Lidl-Filiale in Bochum. Mitte der dritten Maiwoche musste der Familienvater von zwei Kindern den Rest seiner dreijährigen Haftstrafe im geschlossenen Vollzug der JVA Bielefeld antreten. Und folgt man der Argumentation der Arbeitgeberseite, dann hat sich der Mann selbst um seinen Arbeitsplatz gebracht und damit auch Auflagen für den offenen Strafvollzug im Castrop-Rauxeler Meisenhof derart missachtet, dass er nun den überwiegenden Teil seiner dreijährigen Haftstrafe in Bielefeld absitzen muss.
Sieben Jahre arbeitete C. bei Lidl, zuletzt als Filialleiter in Bochum. Doch dann reichte das Geld wohl nicht mehr aus, und C. geriet auf Abwege. Nebenbei transportierte er als Kurierfahrer Drogen, wurde geschnappt und vom Landgericht Bochum Mitte November zu drei Jahren Haft verurteilt. Doch Arbeitgeber Lidl stellte sich hinter den Mitarbeiter und erklärte sich bereit, C. bei offenem Vollzug mit nur nächtlicher Unterbringung in der JVA weiter zu beschäftigen und die JVA jederzeit über Verspätungen, Erkrankungen oder sogar die Kündigung zu benachrichtigen.
Gleichzeitig bemühte man sich bei Lidl um eine Abschrift des Strafurteils, was jedoch aus Datenschutzgründen abgelehnt wurde. Das Urteil stellte C. dann selbst zur Verfügung, und bei der Lektüre der Urteilsbegründung erfuhren die Lidl-Verantwortlichen, dass ihr Mitarbeiter sogar an seinem Arbeitsplatz versucht habe, einen Kunden für einen Drogen-Deal zu gewinnen. Die Konsequenz war klar: Fristlose Kündigung am 1. April wegen eines nicht hinnehmbaren Vertrauensbruchs.
Strafverteidiger Hans Reinhardt, der C. jetzt auch vor dem Arbeitsgericht vertrat, bezeichnete die für den fristlosen Rauswurf seines Mandanten ausschlaggebenden Formulierungen als "missverständlich" und hat nun bis zum Sommer Zeit, der Kammer von Richterin Große-Wilde und Einzelhandels-Geschäftsführerin Brämer diese Auffassung schriftlich zu erläutern. Für die Familie von C. sei das alles eine Katastophe. "Sie geben ihm damit den Kopfschuss," bat der Anwalt die Gegenseite um Milde. Die Entscheidung fällt im August. (AZ 3 Ca 903/15)