Serie 'Frauen ins Scheinwerferlicht' über Sarah Oehler
Mit 'Löwinnenherz' gegen die Angst
Was als Serie zum Weltfrauentag begann, geht nun weiter. halloherne-Redakteurin Julia Blesgen spricht mit verschiedenen Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dabei geht es unter anderem um ihre persönlichen Werdegänge, die Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten oder was sie ihrem jüngeren Ich oder anderen jungen Mädchen nun mit auf den Weg geben würden. Alle weiteren Teile der Serie sind auf halloherne zu finden.
Dieses Mal berichtet Sarah Oehler, Inhaberin von O-Fit und einem Versicherungsbüro an der Bruchstraße, wie sie ihre Angstattacken besiegte und nun mit ihrem Programm Löwinnenherz anderen Frauen und Müttern helfen möchte.
Sarah Oehler ist das, was man wohl als eine Macherin bezeichnen würde. Sie ist Inhaberin des Fitnessunternehmens O-Fit und führt mit ihrem Partner ein Versicherungsbüro. Dazu ist sie noch Vollblut-Mama und sportlich sehr aktiv. Doch ihr Leben ändert sich im Frühjahr 2021 schlagartig, sie entwickelt Angst- und Panikattacken.
Plötzlich bekam sie ein Gefühl des Erstickens
Alles begann nach der ersten Corona-Impfung. Am Tag nach der Impfung steht Oehler wie immer morgens auf. Sie macht sich einen Kaffee und will sich dann um die Wäsche kümmern, doch plötzlich bekommt sie ein Gefühl des Erstickens. Sie hält es für eine Nebenwirkung und macht sich auf zur Notfallpraxis, da es sich um einen Sonntag handelt. Der zuständige Arzt gibt ihr nach eigenen Angaben eine Kortisoninfusion und schickt sie nach Hause.
Doch die Gefühle halten an. Am nächsten Tag macht sie sich auf zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt, doch er kann keine körperliche Ursache feststellen. Oehler ist zunächst beruhigt. Doch mit der Zeit kommen weitere Symptome hinzu. Sie bekommt immer wieder Herzrasen, Schlafstörungen und Zitteranfälle. Außerdem nimmt Oehler stark ab.
Vorstellung in der Neurologie
Sie sucht verschiedene Ärzte auf. Eines Tages ist es so schlimm, dass sie in der Neurologie vorstellig wird. Die Ärzte dort erkennen, dass die Symptome eher eine psychische Ursache haben. Sie wird an eine andere Klinik überwiesen. Dort erhält sie erstmals die Diagnose Angst- und Panikattacken. Ihr wird ein Platz in einer Tagesklinik angeboten und sie erhält Medikamente.
„Wir hatten das Versicherungsbüro und ich baute damals gerade O-Fit auf, außerdem war meine Tochter vier Jahre alt. Ich hatte wirklich Angst, nicht mehr zu funktionieren“, berichtet Sarah Oehler im Gespräch mit halloherne.
Sie entscheidet sich, nicht in die Tagesklinik zu gehen und nimmt auch die Medikamente nicht ein. „Hierbei ist mir aber wichtig zu betonen, dass es mein Weg ist. Jeder muss für sich selbst entscheiden, was das Beste für seine psychische Gesundheit ist“, äußert sich Oehler.
Weg zu sich selbst
Die junge Mutter erkennt, dass sie einiges ändern muss. Sie beginnt, sich mit Persönlichkeitsentwicklung zu beschäftigen und bildet sich in der Schweiz weiter. Sie macht ihren Master in Neurolinguistisches Programmieren, kurz NLP, und wird Coachin. „Wir Frauen wollen immer 100 Prozent geben. Wir wollen die super Mutter sein, die für die Geburtstagsparty des Kindes einen eigenen Kuchen backt oder morgens vor der Schule schnell noch den Bauernzopf flechtet, die tolle Partnerin sein, im Job durchstarten und den Haushalt dabei auch noch wuppen. Wir vergessen dabei aber oftmals uns die Frage zu stellen: Wo bleibe ich eigentlich“, so Oehler.
Sarah Oehler nimmt sich heute bewusst Zeit für sich. Sie nimmt sich ihre Zeitinseln, in denen sie bewusst atmet, meditiert oder aufkommende Ängste mit einer Klopftechnik in Schach hält. „Mittlerweile kann ich die Panik- und Angstattacken annehmen und habe sie im Griff. Das Thema psychische Gesundheit ist leider immer noch tabuisiert. Sichtbare Erkrankungen sind für viele Menschen besser zu verstehen, aber eine psychische Erkrankung wirft leider immer noch viele Fragen auf“, sagt die Mutter einer Tochter.
Unterstützung habe sie von ihrem Partner, ihren Freundinnen, ihrer Schwester, aber vor allem von ihrer Mutter (Bürgermeisterin Andrea Oehler, Anm. d. Red.) erhalten. „Meine Mutter ist eine absolute Löwin und das Vorbild von meiner Schwester und mir. Sie hat mich immer unterstützt. Sie hat uns immer beigebracht, dass wir eine Stimme haben und diese auch erheben müssen“, berichtet die junge Frau.
Hilfe für andere Frauen
Genau das möchte Sarah Oehler nun tun. Sie möchte anderen Frauen helfen, die vielleicht in einer ähnlichen Situation stecken. „Wir Frauen haben alle eine Stimme und ich möchte, dass sie gehört werden. Jede betroffene Frau soll wissen, dass sie in dieser Situation nicht allein ist“, sagt die Unternehmerin.
Sie schreibt das Programm Löwinnenherz, in dem sie Frauen Tipps und Unterstützungsangebote für ähnliche Situationen bieten will. Löwinnen spielten in Oehlers Leben sowieso eine besondere Rolle. „Meine Tochter war ein Frühchen. Ich sage ihr immer, dass sie ein Löwinnenherz hat. Außerdem lieben wir den Film Der König der Löwen und unser Hund heißt Simba“, berichtet die junge Mutter lachend.
Als sie dann auch noch zum Thema Löwinnenherz eine Key-Note hält, wird die Idee zu einem solchen Programm konkreter. Für Oehler liege der Name auf der Hand, da Löwinnen ohnehin stark, liebevoll, aber die Ernährerinnen sind und die Familie zusammenhalten. So sei der Name passend.
Für ihr circa sechswöchiges Programm suche sie noch Freiwillige, da sie letzte Nachjustierungen machen möchte, damit es bald an den Start gehen kann. Berufstätige Mütter jeden Alters, die lernen wollen, mit Stress und Ängsten umzugehen, können sich mit einem kurzen Anschreiben bei Oehler oder über Instagram bewerben.