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Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz würdigt den verstorbenen Papst Franziskus in seinem Nachruf. Hier trifft Erzbischof Bentz den Heiligen Vater am Hochfest Peter und Paul in Rom.

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz, Erzbistum Paderborn

Nachruf zum Tod von Papst Franziskus

Der Tod von Papst Franziskus (Ostermontag, 21.4.2025) erfüllt die Menschen im Erzbistum Paderborn und auch mich ganz persönlich mit großer Trauer. Die Nachricht vom Tod des Heiligen Vaters, geht am Ostermontag von Rom aus um die ganze Welt.

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Am gestrigen Ostersonntag hat sich der Papst mit letzter Kraft der Welt gezeigt und den österlichen Segen „Urbi et Orbi“ gespendet, nicht nur für die Christen, sondern für die ganze Welt. Dieses Bild bleibt und fasst zusammen, wofür der Papst gelebt hat: die Barmherzigkeit Gottes der ganzen Menschheitsfamilie und der Schöpfung zuzusprechen und in Sorge um das „gemeinsame Haus der Schöpfung“ unermüdlich zu wirken.

Weltweit zeigen die Menschen, junge und alte, Katholikinnen und Katholiken, Christen und Andersgläubige sowie Nichtgläubige eine tiefe Trauer über den Tod dieses Papstes, der viel frischen Geist und damit Aufbruch und Erneuerung in die katholische Kirche und auch in die Welt hineingetragen hat. Menschen trauern um Papst Franziskus – und damit um einen Menschen, der aus einem tiefen Gottvertrauen heraus seinen Mitmenschen zugewandt war: mit Herzenswärme, Bescheidenheit und Freundlichkeit.

Der Tod von Papst Franziskus macht Menschen betroffen, ist der Heilige Vater doch vielen durch seine persönliche Demut, seine handfeste Sorge um die Armen sowie seine vertrauende und hoffnungsspendende Betonung der Barmherzigkeit Gottes präsent. Sein authentisches Glaubenszeugnis war für mich in meinem priesterlichen und bischöflichen Selbstverständnis eine große Inspiration. Hirte für die Menschen sein, wie er es war, ist für mich Ansporn und Anspruch.

Papst Franziskus bin ich auch ganz persönlich verbunden, ernannte er mich doch im Jahr 2015 zum Weihbischof in Mainz und sandte mich 2023 als Erzbischof ins Erzbistum Paderborn. Ich bin Papst Franziskus nicht nur für diese Richtungsweisungen in meinem eigenen Leben dankbar, sondern auch für sein päpstlich-synodales Gestalten, das die Kirche näher an ihren Ursprung, an das Evangelium und an Jesus, den Christus, führt.

Mit Papst Franziskus ist die Kirche dorthin gegangen, wo die Not am größten ist.

Einige besondere Wegmarken von Papst Franziskus haben sich mir ins Gedächtnis eingeschrieben und leiten mich. Am 17. Dezember 1936 als Sohn italienischer Einwanderer in Buenos Aires geboren, trat Jorge Mario Bergoglio 1958 in den Jesuitenorden ein. 1969 empfing er die Priesterweihe. 1992 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Weihbischof in Buenos Aires, 1998 zum Erzbischof der Hauptstadt von Argentinien. 2001 wurde er Kardinal – gemeinsam mit Erzbischof Degenhardt von Paderborn und Bischof Lehmann von Mainz. Von den zum Konklave versammelten Kardinälen wurde Jorge Mario Kardinal Bergoglio am 13. März 2013 zum Nachfolger des kurz zuvor zurückgetretenen Papstes Benedikt XVI. gewählt.

Bereits am Abend seiner Wahl setzte Papst Franziskus ergreifende Zeichen, die zu Herzen gingen: Sein schlichtes „Guten Abend“ beeindruckte. Noch berührender war für mich der Moment, als er mit den Worten „Betet für mich“ zahllose Menschen auf dem Petersplatz und an den Bildschirmen im Gebet vereinte. Ich sehe in diesen Gesten eine erste Programmatik für sein gesamtes Pontifikat. Die Gesten machten deutlich: Hier war ein Kirchenoberhaupt, das als Mensch auf Menschen zugeht, es war für mich zu erkennen, dass sich der jetzt verstorbene Papst wahrhaft als Pontifex, als echter „Brückenbauer“, verstand.

Papst Franziskus war schon zu Beginn seiner Amtszeit in dreifacher Hinsicht „Pionier“: Er war der erste Südamerikaner, der erste Jesuit und zudem der erste Papst mit dem Namen Franziskus auf dem Stuhl Petri. Er selbst stellte sich vor als „Papst vom anderen Ende der Welt“. Die Entscheidung für seinen Namen, den des heiligen Franz von Assisi, hat Papst Franziskus durch sein authentisches Zeugnis immer wieder bestätigt und bekräftigt: Überzeugt und überzeugend hat Papst Franziskus der Kirche stets aufs Neue die Option für die Armen, Schwachen und Kranken ins Stammbuch geschrieben. Beim Gottesdienst zu seiner Amtseinführung stand die Solidarität mit den Armen und die Bewahrung der Schöpfung im Zentrum seiner Verkündigung.

Denke ich über das Pontifikat von Papst Franziskus nach, so erscheinen vor meinem geistigen Auge zahlreiche symbolträchtige Bilder, die um die Welt gingen. Die erste Begegnung von Papst Franziskus mit seinem zurückgetretenen Vorgänger Papst em. Benedikt XVI. kurz nach der Amtsübernahme war eine starke Botschaft. Eine hohe Symbolkraft mit einem klaren Statement hatte seine allererste Reise, die ihn zur Flüchtlingsinsel Lampedusa führte. Unvergessen sind das Gebet und der Segen „Urbi et Orbi“ von Papst Franziskus auf dem menschenleeren Petersplatz am Beginn der Corona-Pandemie im März 2020, der in der Folgezeit zahllose Menschen auf der ganzen Welt zum Opfer gefallen sind. Damals mahnte Papst Franziskus: „Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden.“ Und weiter stellte Papst Franziskus fest: Es sei „die Zeit, den Kurs des Lebens wieder neu auf dich, Herr, und auf die Mitmenschen auszurichten“. Es seien viele, „die verstanden haben, dass niemand sich allein rettet“.

Zuspruch erfuhr Papst Franziskus bei seinen vielen „zwischenmenschlichen“ Begegnungen, wie etwa bei Audienzen und Reisen, wo er den Kontakt zu den Menschen suchte. Seine klare Option für Bedürftige und für Obdachlose hat im Vatikan und in Rom für Neuerungen gesorgt – in Form von medizinischer Versorgung sowie von Schlafsäcken und Duschen für Obdachlose.

Die Botschaften und Zeichen von Papst Franziskus wurden weltweit gesehen und geschätzt. 2014 appellierte der Heilige Vater vor dem Europäischen Parlament eindringlich dafür, sich an die gemeinsamen europäischen Werte zu erinnern und dabei den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen. Unermüdlich rief er zu einer „Kultur der Solidarität“ auf – wider die Gleichgültigkeit, die für ihn eine negative Folge der Globalisierung war und die Fähigkeit zum „Mit-Leiden“ mit dem Mitmenschen behindere. Papst Franziskus forderte immer wieder mit Nachdruck Barmherzigkeit, Toleranz und Solidarität. Unvergessen die intensiven Begegnungen von Papst Franziskus mit den Jugendlichen beim Weltjugendtag, wie ich es in Krakau und Panama erleben konnte. Wie intensiv war für mich der Moment, als er in Lissabon den jungen Menschen zurief: „Die Kirche ist für alle da – todos, todos, todos!“.

Die erste Begegnung von Papst Franziskus mit seinem zurückgetretenen Vorgänger Papst em. Benedikt XVI. kurz nach der Amtsübernahme war eine starke Botschaft.

Die Erinnerung an ein verstorbenes Kirchenoberhaupt nährt sich natürlich nicht nur von dessen öffentlichen Auftritten, vielmehr immer auch von den päpstlichen Lehrschreiben, die als Vermächtnis zurückbleiben. In seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ brachte Papst Franziskus Ende 2013 seine Vision von einer missionarischen Kirche zum Ausdruck. Der Heilige Vater benutzte darin das berühmt gewordene Bild einer „verbeulten, verletzten und beschmutzen Kirche, die auf die Straße und an die Ränder gehen soll“. Und diese Kirche sei ihm lieber als eine „Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und Bequemlichkeit, sich an die eigenen Sicherheiten zu klammern, krank ist“.

Weltweit hohe Beachtung und Anerkennung fand seine 2015 veröffentlichte Enzyklika „Laudato si – Über die Sorge für das gemeinsame Haus“. Papst Franziskus gibt darin umfassende Impulse für eine nachhaltige Klimapolitik. In seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ ruft Papst Franziskus 2020 zu größerer Geschwisterlichkeit zwischen den Religionen und menschlicher Solidarität auf. Er bezieht sich auf eine offene Welt, die in Solidarität zusammenwirkt. Es geht Papst Franziskus darin um eine Welt, die allen Menschen Land, Heimat und Arbeit bietet, so dass für alle die Lebensgrundlagen gesichert sind. Gerade die Christen im Mittleren und Nahen Osten hat Papst Franziskus mit „Fratelli tutti“ ermutigt, ihre gesellschaftliche Rolle stark wahrzunehmen. Sein Besuch im Irak 2021, besonders seine Ansprache in den Ruinen von Mossul, war in dieser Hinsicht ein starkes Signal und wirkt bis heute stark nach, wie ich erst vor wenigen Wochen bei meinem Besuch dort von muslimischer wie christlicher Seite bestätigt bekam.

Mit der Enzyklika

Ein Thema zog sich für mich wie ein roter Faden durch das Pontifikat von Papst Franziskus: sein Werben um Barmherzigkeit. Bereits in seiner Predigt bei seiner Amtseinführung sprach er von der „Zärtlichkeit“ als Seelenstärke. Am zweiten Jahrestag seiner Wahl, also am 13. März 2015, kündigte er ein außerordentliches „Heiliges Jahr der Barmherzigkeit“ an, das er am 8. Dezember 2015 erstmals in der Geschichte nicht mit der Öffnung der Heiligen Pforte in Rom einläutete, sondern mit der Öffnung einer Heiligen Pforte in Bengui, der Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik, einem der elendsten und von extremer Gewalt heimgesuchten Länder der Erde. Auch das war eines seiner starken Zeichen: Die Kirche geht dorthin, wo die Not am größten ist. Papst Franziskus lenkte den Fokus immer wieder auf den wesentlichen Kern des Evangeliums: Gottes Barmherzigkeit. Sie gilt zuerst denen, die unter der Unbarmherzigkeit der Welt am meisten leiden.

Mit dem verstorbenen Papst verknüpfe ich auch die Begriffe Synode und Synodalität – auch diese Ansprüche an das kirchliche Miteinander kommen für mich einem Vermächtnis von Papst Franziskus gleich. Es ist eine neue, geistliche Haltung in der Kirche, für Christinnen und Christen, die Papst Franziskus einerseits in Erinnerung gerufen und zugleich geistlich akzentuiert hat. Papst Franziskus waren die Beteiligung vieler und der ergebnisoffene Dialog ein besonderes Anliegen. Er hat zahlreiche Erprobungs- und Erfahrungsfelder der Synodalität in der Kirche initiiert: die Familiensynode, die Amazonas-Synode, die Synode zum Thema Missbrauch in der Kirche sowie die 2024 abgeschlossene Weltbischofssynode zur Synodalität in der Kirche, der ein breiter Beteiligungsprozess über drei Jahre vorausging. Gemeinsam und miteinander auf dem Weg zu sein, in der Nachfolge Jesu Christi zu stehen, als Jüngerinnen und Jünger aufeinander zu hören und so tragfähige Entscheidungen zu finden – das waren seine Anliegen im Dienste der Synodalität als einem Wesenskern von Kirche. Die synodale Kirche hat auch im Heiligen Jahr 2025 ihren Platz und ihre besondere Würdigung gefunden. Mit dem Leitwort „Pilger der Hoffnung“ ging es Papst Franziskus darum, als Kirche im „Hier und Heute“ und in der „Wirklichkeit“ anzukommen. Christinnen und Christen sollen als Hoffnungs-Pilger erkennbar sein und die Welt von der christlichen Hoffnung eines Lebens in Frieden, Einheit und Gerechtigkeit her gestalten. Für seine zahlreichen Impulse der Erneuerung und Neubelebung bin ich dem verstorbenen Papst Franziskus dankbar. Ein weiteres wichtiges Merkmal seines Pontifikats möchte ich abschließend würdigen und hervorheben: Der „Papst vom anderen Ende der Welt“ hat als Handlungsmaxime seinen konsequenten Blick auf die Weltkirche unter Beweis gestellt. Auch hier hat er sich mit Augenmaß und dem Bemühen um Integration als Brückenbauer erwiesen.

Die „Logik des Evangeliums“ – Barmherzigkeit, Miteinander, Hoffnung – war für Papst Franziskus handlungsleitend. Wir alle verlieren mit ihm eine einzigartige Persönlichkeit, die mit Menschlichkeit, Bescheidenheit und Humor, aber auch mit Mut und deutlichen Worten unsere Kirche geprägt hat. Auch für viele Menschen, die der Kirche nicht oder nicht mehr nahestehen, war der verstorbene Papst durch sein authentisches Auftreten eine menschliche Bereicherung und ein Impulsgeber.

Mit Trauer, vor allem aber auch mit großer Dankbarkeit nehmen wir Abschied von diesem Papst, der so nachdrücklich für die Kraft des Evangeliums geworben hat und der der Überzeugung war: Niemand darf ausgeschlossen werden von der Barmherzigkeit Gottes.

Dieser Barmherzigkeit Gottes vertrauen wir den verstorbenen Papst Franziskus an. Wir werden seiner in diesen Tagen im Gebet und bei der Feier der Eucharistie gedenken.

Möge er als Pilger der Hoffnung nun am Ziel seiner Pilgerschaft die Erfüllung geschenkt bekommen, für die er ein so glaubwürdiger Zeuge war. Mögen ihm nun auf seinem persönlichen Weg nach Emmaus, den er am Morgen des Ostermontags angetreten ist, die Augen geöffnet werden, um Jesus den Auferstandenen zu erkennen von Angesicht zu Angesicht. Möge Jesus, der Christus und barmherzige Erlöser, für den sein Herz so sehr gebrannt hat, ihm vergelten, was er der Kirche und der Menschheit in den langen Jahren seines Wirkens hier auf Erden geschenkt hat. Möge er ruhen in Frieden!

Paderborn, 21.04.2025, Udo Markus Bentz Erzbischof von Paderborn

Dienstag, 22. April 2025 | Quelle: Dr. Udo Markus Bentz