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Die drei Ausrufezeichen: Lilli Lacher, Alexandra Petzschmann und Paula Renzler.

Realverfilmung der Mädchenkrimireihe

Neu im Kino: Die drei Ausrufezeichen

Start in die Berliner Sommerferien. Das Modepüppchen Marie Grevenbroich (die Südtirolerin Paula Renzler vom Stadttheater Bruneck, „Der Mann aus dem Eis“), die Sportskanone Franzi Winkler (Newcomerin Alexandra Petzschmann aus der Jugendkunstschule Berlin-Pankow) und die Leseratte Kim Jülich (die Kölnerin Lilli Lacher, ZDF-Serien „Herzensbrecher“ und „Frühling“) gönnen sich gerade einen Kakao mit einer Extraportion Sahne, als sie mitbekommen, wie sich ein Skater eine Spendendose mit Geld für die Renovierung des alten Theaters geschnappt hat. Klar, dass die drei !!! die Verfolgung aufnehmen und den Dieb ihrem Lieblings-Polizeikommissar Peters (Hinnerk Schönemann) frei Haus liefern. Dieser kleine Rückfall in Sachen Verbrecherjagd soll die nächsten Wochen aber die Ausnahme bleiben, denn das Trio probt für das Musical Peter Pan, mit dem der Regisseur Robert Wilhelms (dolle Steppnummer: Jürgen Vogel) für die Wiedereröffnung des seit einem Brand vor 15 Jahren langsam verfallenden Stadttheaters werben will.

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Offiziell paukt Kim freilich, den dringenden Wunsch ihrer ehrgeizigen Mutter (Bibiana Beglau) erfüllend, Matheaufgaben für das „Camp Algebra“, an dem diese einst selbst teilnehmen musste. Warum soll es ihrer Tochter besser ergehen? Die steht naturgemäß viel lieber auf den Brettern, die einer ganzen Kinderschar den Feriensommer über die Welt bedeuten. Denn dem engagierten, ja geradezu schwärmerischen Theaterpädagogen, einst selbst Schauspieler, gelingt es, den Angehörigen der Generation Daddel den Spirit des Live-Gemeinschaftserlebnisses Theater einzuimpfen. Alle sind mit Feuereifer bei der Sache, persönliche Reibereien und zickige Eifersüchteleien bei der Rollenverteilung eingeschlossen.

Da flackert die alte Rivalität zu ihren ewigen Widersacherinnen Verena (Felice Ahrens), Jasmin und Luise wieder auf, zumal neben Robin (Caspar Krzysch), der Kim toll findet, und Michi (Ruben Storck, „Die Pfefferkörner“), den Kim gern hat, der coole Skater Jimmy (Oskar Keymer) fürs Bühnenbild zuständig ist. Auf den die stets gut aufgelegte Franzi sogleich ein begehrliches Auge wirft. Später kommt mit Mylie (Valentina Leone, „Liliane Susewind“) ein geheimnisvolles, merkwürdig verschlossenes Mädchen hinzu, das Marie zur Rolle der Tinkerbell verhilft und selbst Tiger Lilly verkörpern darf. Die Proben schreiten vielversprechend voran, als jemand die Garderobe mit den Kostümen der aufwändigen Produktion verwüstet und ein Graffito hinterlassen hat: „Verschwindet aus Nimmerland!“

Für die drei !!! ist die Sache klar: ein neuer Fall. Der dringend gelöst werden muss, um die Benefiz-Vorstellung, für die Maries prominenter Vater, der Schauspieler Helmut Grevenbroich (Thomas Heinze) kräftig die Werbetrommel rührt, zu retten. Neue Anschlagsversuche verdeutlichen den Ernst der Situation: mit Insektengift versetzte Pralinen, die zu Hautausschlägen führen, eine manipulierte Leiter mit lockeren Sprossen und schließlich ein aus Kerzen gebildeter Totenschädel, der nachts im verwilderten Park am Theater leuchtet. Treibt hier ein Geist sein Unwesen? Das Mädchen-Trio setzt wie stets auf harte Fakten. Das Gift führt zum Kammerjäger Koslowski und seinem Sohn Marvin (Ron Renzenbrink, „Alfons Zitterbacke“), die Leiter zum Bühnenbildner Jimmy und die nächtliche Geisterbeschwörung zu Klaus Schmitt (Sylvester Groth), einem früheren Schauspieler, der mehrere Jahre im Gefängnis saß.

Fleißig werden Indizien wie ein Feuerzeug und ein Totenkopfring gesammelt und im malerischen Hauptquartier unterm Scheunendach des Pferdehofes von Franzis Eltern gewichtet. Daneben bleibt aber durchaus noch Zeit für amouröse Expeditionen: Franzi und Jimmy kommen sich näher und Kim wird von Michi groß ausgeführt – in die Hafenkneipe „Zum singenden Hummer“, wo der Wirt Hein (Armin Rohde) Fischstäbchen mit Pommes so formvollendet wie in einem Sternerestaurant serviert. Derweil rückt der Vorstellungstermin immer näher und noch ist das Phantom des Theaters nicht überführt...

2006 erschien mit „Die Handy-Falle“ der erste Fall von mittlerweile achtzig der „Drei Ausrufezeichen“, dem weiblichen Pendant der Blockbuster-Serie „Die drei Fragezeichen“, bis heute sind in der erfolgreichsten deutschen Mädchenkrimireihe über vier Millionen Bücher und Hörspiele verkauft worden. Für den ersten großen, gut hundert Minuten äußerst kurzweilig füllenden Kinofilm haben die Drehbuchautoren Doris Laske und Sina Flammang eine ganz neue, spannende Geschichte entwickelt, die nicht nur das bisherige Zielpublikum, Mädchen im Alter zwischen sieben und dreizehn Jahren, sondern durchaus auch Jungen begeistern wird – und die erwachsenen Kino-Begleiter gleich mit. Denn die Auflösung des Falles ist eine echte Überraschung.

„Die drei Ausrufezeichen“ sind zunächst die herzerfrischende Geschichte einer unverbrüchlichen Freundschaft unter drei sehr unterschiedlichen Mädchen - und eine Coming-of-Age-Geschichte. Die Proben zum Bühnenklassiker „Peter Pan“ in Musical-Version mit Musik und Tanz sind zugleich ein wundervolles Plädoyer für das Live-Erlebnis Theater. Das verwunschene Gebäude steht übrigens in Mettmann, Hauptdrehort neben Wuppertal und Köln: Der 50er-Jahre-Bau hieß einst Königshof-Theater und wird nur noch sporadisch genutzt. Die 1985 in Zürich geborene und in Ungarn aufgewachsene Regisseurin Viviane Andereggen („Simon sagt auf Wiedersehen zu seiner Vorhaut“, „Rufmord“) ist sehr theateraffin, hatte in Basel eine eigene Gruppe gegründet, bevor sie zum Filmstudium nach Hamburg ging.

Die Max-Ophüls-Preisträgerin (für ihren Kurzfilm „Schuld um Schuld“) hat ihren 103minütigen Unterhaltungsstreifen sozialkritisch unterfüttert: Mylie ist samt Hündchen Romeo von zuhause ausgebüxt, weil der neue Freund ihrer Mutter den Hund ins Tierheim verfrachten wollte. Marie nimmt sie sogleich in der väterlichem Nobelvilla auf, überlässt ihr den ganzen prall gefüllten Klamottenschrank. Das verwöhnte und auf den ersten Blick arrogant erscheinende, aber stets hilfsbereite Luxusgirl entpuppt sich als Halbwaise: ihre früh gestorbene Mutter kann der vielbeschäftigte Vater zum eigenen Leidwesen nicht ersetzen. Und Kim ist zunächst pikiert über die Absteige, in die Michi sie führt – und dann schwer begeistert von der Herzlichkeit Heins und seiner Stammgäste. Ein Film, der mit vielen Vorurteilen aufräumt: Am 25. Juli 2019 kommt „Die drei Ausrufezeichen“ bundesweit in die Kinos – auch in die Filmwelt Herne.

Mittwoch, 24. Juli 2019 | Autor: Pitt Herrmann