Neue Heimat für Mountainbiker
Herten. Mountainbiking ist - wie der Name schon sagt - ein Sport für die Berge. Diese Art der Fahrräder sind mit breiten Reifen, stabilen Rahmen, sowie Federungen und Gangschaltungen für die Fahrt bergauf (Uphill) und bergab (Downhill) geschaffen. Berge gibt es auch im Ruhrgebiet - und heißen Halden. Diese künstlich - zum Teil der bergbaulichen Geschichte der Region geschuldeten - aufgeschütteten Gebirge sind ein beliebtes Ziel für Mountainbiker. Zwei neue Streckennetze auf den Halden Hoheward und Hoppenbruch werden am Sonntag, 4. Oktober 2015, offiziell eröffnet und sollen allen Arten von Mountainbikern - von Freeride bis Cross Country - ein neues Heim bieten.
Die neuen Strecken (Trails) teilen sich in zwei Kategorien auf: Die Route auf der Halde Hoheward soll mit 6,5 Kilometer Länge und rund 140 Höhenmeter die Cross Country-Biker ansprechen. Die Strecke geht vom Fuße der Halde abseits der Hauptwege bis hoch zum Horizont-Observatorium, und wieder herunter. Die Fahrtrichtung wird dabei durch Schilder vorgeben, da die Strecke als Singletrail - die Biker können nicht nebeneinander fahren - geplant und gebaut wurde. Die Trails auf der Halde Hoheward wurden zusätzlich mit kleinen Steilkurven, Stufen und Rampen (Kicker) präpariert. Laut dem Regionalverband Ruhr (RVR) soll die Strecke mit jedem Mountainbike befahrbar sein und es besteht Helmpflicht. Der RC Buer / Westerholt 1982 kümmert sich um den Erhalt des Cross Country-Trails. Der Verein übernahm die Patenschaft vom Betreiber RVR und führt regelmäßig Kontrollen der Strecke durch. „Wir sind sehr dankbar, dass der RVR uns so eine Strecke zur Verfügung stellt, wo wir unseren Sport offiziell ausüben können, und dieses wilde Rumfahren auf der Halde ein Ende hat“, sagte Frank Schäfer vom RC Buer / Westerholt. Die Mountainbiker des RC Buer / Westerholt treffen sich donnerstags am Café Ewald. „Wir starten um 18 Uhr, in den Wintermonaten um 17 Uhr. Dabei kann jeder mitfahren, denn in der Gruppe macht’s einfach mehr Spaß. Wir warten dabei auf langsamere Fahrer und geben Tipps“, so Schäfer.
Auf den drei Trails auf der Halde Hoppenbruch gibt es nur eine Fahrtrichtung: bergab. Die 4,4 Kilometer lange Anlage - gebaut und betreut vom Freeride Club Herten (FRC) - ist für die Freeride-, Downhill- und Enduro-Biker vorgesehen (halloherne berichtete), und hier steht der Spaß bei der Abfahrt im Vordergrund. „Die Strecken sind aber nicht nur bergab befahrbar“, so Moritz Bielsky, 1. Vorsitzender des FRC. „Wir haben einen Enduro-Kurs, der dreimal hoch und runter geht. Die Abfahrten sind allerdings auch einzeln für die Downhiller zu befahren. Die schieben dann über den Hauptweg wieder hoch“. Der FRC legte bei dem Bau der Strecke Wert auf Details: Die künstlich angelegten Streckeneinbauten sollen bei der Abfahrt für viele Sprünge und somit Zeit in der Luft (Airtime) sorgen. Außerdem baute der Verein am Rande der Strecke Treppen, Bänke und Ständer für die Fahrräder auf. Die Abfahrtsstrecke ist nicht nur für erfahrene Downhill-Piloten geeignet, da „die meisten Hindernisse auch umfahren werden können“, so Daniel Dellen vom FRC. Der Oberhausener suchte nach Sturm Ela eine neue Downhill-Strecke und kam so nach Herten. „Ich war erschlagen von dem Angebot der Strecke, den freundlichen Mitgliedern und dem unkompliziertem Zusammensein. Da wird man mit offenen Armen empfangen, bekommt Tipps und wird als Neuling nicht ausgeschlossen.“ Die Anlage auf der Halde Hoppenbruch hat auch schon Firmen und Hersteller erreicht. So testete Marcus Klausmann - Weltcup Sieger und 14-facher Deutscher Meister im Downhill - im Frühjahr für den Hersteller Ghost einen Prototypen auf der Halde. Die Zusammenarbeit zwischen dem FRC und dem Betreiber RVR besteht seit 2012. Ein Kooperationsvertrag regelt unter anderem den Bau und die Pflege der Strecke, dabei muss der Verein die Auflagen im Natur-, Landschafts- und Verkehrsschutz erfüllen.
Die Erschließung der Trails ist Teil des dritten Bauabschnittes auf der Halde Hoheward. Von der Planung bis zur Realisierung verging rund ein Jahr. „Wir haben die Balkonpromenade, wo sehr viele Sportler, Jogger, Spaziergänger, aber auch Radfahrer unterwegs sind. Und dann haben wir den Wunsch festgestellt, von diesen Haldenhöhepunkten auch herunter zu fahren. Das hat uns dazu veranlasst, gerade auch über das Thema Mountainbiking sehr intensiv nachzudenken“, so Ulrich Carow, Bereichsleiter Umwelt des RVR. „Wir haben mit vielen Akteuren zusammen eine neue Art der Barrierefreiheit für das Mountainbiking mit der Cross Country-Strecke auf der Halde Hoheward geschaffen. Das ist ja immer unser Anspruch gewesen: mit einem breiten Publikumsverkehr - das sind die Fußgänger, die Sportler und die Radsportler - eine möglichst konfliktfreie Nutzung zu schaffen. Und das heißt für alle, dass wir auch gegenseitig Rücksicht nehmen müssen“, sagte Carow.
Melanie Hundacker ist leidenschaftlichen Mountainbikerin und kennt die Szene im Ruhrgebiet. Die Inhaberin der Agentur simply out mountainbike weiß um die Konflikte, die mit den Mountainbikern entstehen. „Wir haben von den Städten und auch vom RVR immer so Zwischentöne bekommen, die Mountainbiker machen alles kaputt. Wir wollten dann mal alle an einen Tisch holen. Die Biker müssen mal verstehen, warum der Waldbesitzer ein Problem mit ihnen hat. Und der Waldbesitzer muss verstehen, warum die Mountainbiker so agieren. Wir haben uns dann an den größten Waldbesitzer der Region gewandt - dem RVR“, so Hundacker. Im Arbeitskreis, gründet 2010 mit Melanie Hundacker, Jürgen Carow vom RVR und Thomas Schlecking von Bike Projects, setzte sich Hundacker für die Realisierung der Mountainbike-Strecken ein und brachte verschiedene Akteure wie Landschaftsplaner, Naturschützer, Förster, RVR und Mountainbiker zu Gesprächen zusammen. Das neue Streckennetz für Mountainbiker auf den Halden ist ein Ziel dieses Arbeitskreises. „Wir machen weiter“, sagte Melanie Hundacker. „Ein Mountainbiker fährt nicht 10 Kilometer durch flaches Land von einem Spot zum nächsten. Da muss auch zwischendurch etwas passieren. Wir haben da noch viele Ideen.“
Der Förderverein Europäisches Mountainbike-Zentrum NRW ist ein weiterer Kooperationspartner bei der Realisierung der Trails. „Wir sind dankbar über die neue Sportstätte. Hier hat sich gezeigt, dass sich engagiertes Arbeiten lohnt“, sagte Josef Haug vom Förderverein. „Wir haben im Ruhrgebiet auch ein unglaubliches Potential an Mountainbiker. Wir müssen die nicht alle nach Winterberg fahren lassen.“ Zukünftig sollen die sportlichen Möglichkeiten der Anlagen auf den Halden genutzt werden. „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass sich vielleicht hier mal wieder ein großes Sportevent zeigt oder organisieren lässt“, so Haug. Die Halde Hoppenbruch war 1999 Austragungsort des zweiten Laufes zum VW Multivan Cup. Und das Gelände an der Zeche Ewald war 2003 bei der Bewerbung für Olympia Düsseldorf-Rhein-Ruhr 2012 als Austragungsort für die MTB-Wettkämpfe vorgesehen. „Es gibt bereits Überlegungen für ein Event, welches sich aber nicht auf ein reines Rennen beschränkt“, sagte Thomas Schlecking.
Der MTB-Aktionstag mit der offiziellen Eröffnung der Trails findet am Sonntag, 4. Oktober 2015, ab 11 Uhr auf dem Gelände der Zeche Ewald statt. Zu dem Programm gehören unter anderem Informations- und Aktionsstände des Regionalverbandes Ruhr, dem FRC Herten, dem RC Buer / Westerholt, sowie dem WatzUP Bikeshop. Die Vereine bieten ab 11.30 Uhr stündlich geführte Touren über die Strecken der Halden an. Für Kinder ist ein Mountainbike-Parcours geplant.
Weitere Informationen auf den Internetseiten des Freeride Club Herten e.V., dem RC Buer / Westerholt 1982 e.V., dem Förderverein Europäisches Mountainbike-Zentrum NRW e.V., simply out mountainbike und dem Regionalverband Ruhr.