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Die Antidiskriminierungsstelle Herne von Plan B befindet sich an der Hauptstraße 221.

PlanB bietet Servicestelle an der Hauptstraße in Wanne

Niemand muss Diskriminierung über sich ergehen lassen

Shkurte Sadiku und ihre Kollegen von PlanB sitzen in ihrem Büro an der Hauptstraße 221. Sie beraten in ihrer Servicestelle Menschen, die in verschiedenen Bereichen wie Wohnen, Schule oder auch auf der Arbeit Diskriminierung erfahren. Sie wollen mit ihrer Arbeit einen Beitrag zur Förderung von Gleichberechtigung und gegen Ausgrenzung leisten. Im Gespräch mit halloherne gibt Projektmitarbeiterin Shkurte Sadiku einen Einblick in die Arbeitsweise der Servicestelle.

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Als die Servicestelle 2021 eröffnet wurde, habe der Fokus zunächst auf der Öffentlichkeitsarbeit, Workshops und Veranstaltungen gelegen. Mittlerweile konzentriere man sich auf die Beratung vor Ort. „Bei uns gehen wöchentlich mehrere Anfragen ein. Vielfach richtet es sich hierbei um Mehrfachdiskriminierung, aber 55 Prozent unserer Beratungen betreffen antimuslimischen Rassismus“, betont Sadiku.

Zahlreiche Fälle von antimuslimischen Rassismus

So kämen die meisten Anfragen aus dem Bereich Wohnen. Immer wieder käme es zu Streitigkeiten mit den Nachbarn. „Das sind die üblichen Dinge, wie Beschwerden über Ruhestörungen. Es gibt aber auch klare Fälle von Rassismus, wo Nachbarn unsere Klienten beschimpfen und ihnen sagen, dass sie 'dahin gehen sollen, wo sie herkommen'. Hier wollen wir die Betroffenen natürlich unterstützen, denn niemand muss Diskriminierung über sich ergehen lassen“, macht die Projektmitarbeiterin deutlich. Ferner berichtet sie von Fällen, in denen Menschen aufgrund eines ausländisch klingenden Namens keine Rückmeldung auf Wohnungsanfragen bekommen hätten.

Shkurte Sadiku ist Projektmitarbeiterin in der Antidiskriminierungsstelle Herne von Plan B.

Aber auch in anderen Bereichen erfahren Menschen Ausgrenzung, wie beispielsweise am Arbeitsplatz. Zuletzt beriet Sadiku eine Person, die Altersdiskriminierung erfahren musste. Ein weiteres Themenfeld seien Schulen und Hochschulen.

„Momentan berate ich einen Schüler, der aufgrund seiner MS-Erkrankung von seiner Lehrkraft ableistisch behandelt wird. Er soll einen Vortrag halten. Dies stresst ihn aber so sehr, dass er aufgrund dessen mit einem MS-Schub im Krankenhaus behandelt werden musste. Nun hat er Angst vor einem neuen Schub und möchte den Vortrag gerne umfangreicher schriftlich ausarbeiten und nicht vor der Klasse halten. Die Lehrkraft lehnt dies aber ab. Auch Kontaktversuche von mir ignoriert die Lehrkraft“, zeigt sich die junge Frau aufgewühlt.

Die Schicksale der Menschen berühren

Man merkt ihr an, dass sie die Schicksale der Menschen berühren. In diesem speziellen Fall, werde die Servicestelle sich nun an die Schulleitung werden. „So ist es häufig auch in anderen Bereichen. Wenn wir mit unserer Arbeit nicht weiterkommen, wenden wir uns an die nächst höhere Stelle. Aber wichtig ist auch zu sagen, dass wir keine Anwälte oder die Polizei sind. Wir können immer nur beratend zur Seite stehen, bei juristisch relevanten Erfahrungen müssen wir dann an die entsprechenden Stellen verweisen“, stellt Shkurte Sadiku klar.

Vielfach helfe es aber Betroffenen schon, dass sie über ihre Erfahrungen reden können und ihnen klar wird, dass diskriminierendes Verhalten nicht zu tolerieren ist und sie keine Ausflüchte für Täter finden müssen. „Wir haben auch Ratsuchende, die Angst haben, dass sich eine Beschwerde negativ auf ihren Aufenthaltsstatus auswirken kann. Hier können wir sie immer beruhigen und ihnen verdeutlichen, dass eine Beschwerde keine Konsequenzen für sie hat“, so die Mitarbeiterin von PlanB.

Die meisten Beschwerden gehen auf antimuslimischen Rassismus zurück.

Shkurte Sadiku betreut die Menschen meist bis zu vier Wochen. Einige kommen direkt in die Servicestelle, andere wenden sich über die Online-Beratungsplattform an PlanB. Hier kann die Kommunikation ortsunabhängig und sogar - wenn gewollt - anonym per Chat, Telefon oder via Videocall erfolgen. Rund 30 Prozent der Ratsuchenden nutzen diese Art der Kontaktaufnahme.

Angebot für Sinti und Roma

Viele Zugewanderte suchen die Servicestelle auf. Jedoch gibt es eine Community, bei der die Kontaktaufnahme noch schwer fällt. Shkurte Sadiku möchte gerne auch die Sinti und Roma-Community mit ihrem Angebot erreichen.

„Dies klappt leider noch nicht so gut. Deshalb bewege ich mich auch auf vielen Veranstaltungen, bei denen die Community vertreten ist. Jedoch brauche ich hier länger, um das Vertrauen der Menschen aufzubauen, dies liegt wahrscheinlich auch ein bisschen an der Geschichte der Community und was sie durchmachen mussten. Jedoch möchte ich sie ganz gezielt ansprechen, dass sie sich im Falle von Diskriminierungserfahrungen jederzeit an uns wenden können“, sagt die junge Frau.

Shkurte Sadiku betreut meist bis zu vier Wochen die Klienten.

Für Shkurte Sadiku ist es aber auch wichtig, für die Thematik Diskriminierung zu sensibilisieren. „Vielfach passiert Rassismus unbewusst und Verursacher fühlen sich gleich sehr heftig angegriffen. Aber wenn man das Gespräch sucht, reflektieren viele auch ihr Veralten und sehen ihre Fehler ein. Für Betroffene hingegen ist es wichtig, dass ihnen geglaubt wird und dass sie ihre Stimme erheben können.“

Ein Wunsch an die Bundespolitik

Sadiku würde sich auch vonseiten der Bundespolitik ein größeres Bewusstsein für Diskriminierung wünschen. „Gerade im öffentlichen Raum und in Bereich Bildung gibt es für Betroffene vom Gesetzgeber keinen Schutz. Einzig in Berlin gibt es für den Bereich Bildung ein Papier zum Schutz gegen Diskriminierung in Bildungseinrichtungen“, führt die Projektmitarbeiterin abschließend aus. „Ich würde mir wünschen, dass in allen Bundesländern ein Problembewusstsein für diese Thematik geschaffen wird und so allen Betroffenen geholfen werden kann.“

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Wer sich an die Servicestelle an der Hauptstraße 221 wenden möchte, kann dies nach Anmeldung unter Tel 02325 699919-3 zu den Sprechzeiten Montag sowie Mittwoch von 9 bis 17 Uhr und Donnerstag von 9 bis 13 Uhr tun. Ebenso kann man sich an Shkurte Sadiku oder Tel 0173 3960212 wenden.

Samstag, 15. März 2025 | Autor: Julia Blesgen