
Rent-A-Friend gegen die Einsamkeit
Pfau – Bin ich echt?
Update, Donnerstag (27.2.2025)
Läuft weiterhin im Roxy Dortmund, im Luna im Astra Essen sowie im Metropol Düsseldorf.
Der Pfau ist ein Vogel, der mit seinem prachtvollen Gefieder renommieren, aber kaum fliegen kann. Dafür schreitet er majestätisch, schlägt vornehm Rad und schreit fürchterlich laut. Der buntschillernde Hühnervogel steht metaphorisch für Matthias (überragend als sehr austriakischer Mann ohne Eigenschaften: Albrecht Schuch), der sich chamäleonartig jedem Auftrag anzupassen versteht und dabei ausgesprochen Bella figura macht.
Er führt zusammen mit David (Anton Noori) die Wiener Agentur „My Companion“, für die nur zwei Grundsätze gelten: Kein Trinkgeld von den Kunden und keine privaten Extratouren mit diesen. Matthias erweist sich in den unterschiedlichsten Rollen als ein Meister seines Fachs. So bei der Seniorin Vera (Maria Hochstätter), die er rhetorisch coacht, damit sie ihrem dominanten Gatten Johann (Wiener Grantler aus dem Bilderbuch: Branko Samarovski) endlich Contra geben kann. So beim „Rent-A-Dog“-Inhaber Aaron (Alexey Hartlieb-Shea) nach dem tragischen Verlust eines nur geliehenen Vierbeiners.
Der perfekte Sohn
Für einen wohlhabender Mann (Tilo Nest), der seinen 60. Geburtstag mit (Geschäfts-) Freunden in fürstlicher Umgebung feiert, gibt Matthias einen „perfekten Sohn“ zum Herzeigen vor allem gegenüber der Präsidentin (Barabara Gassner). Anderntags gibt er als „Leihpapa“ des Schülers Sebastian im Unterricht den Flugzeugkapitän. Und rettet einem Bewerber (Christopher Schärf) seiner Agentur, der sich beim Essen im Nobelrestaurant verschluckt hat, das Leben. Ganz nebenbei muss er sich den Avancen attraktiver Frauen wie seiner Mitarbeiterin Nora (Salka Weber) und der esoterischen Seminaristin Ina (die norwegische Schauspielerin und Musikerin Theresa Frostad Eggesbø) erwehren. Beim Spaziergang mit Letzterer in Schönbrunn kommt dann auch der Pfau ins Spiel…

„Ich will doch alles richtig machen für dich“: Matthias, der stets auf Ansichten, Wünsche und Willensbekundungen seiner Kunden reagieren muss, naturgemäß emotionslos und vor allem ohne eigene Meinung, kann sich daheim bei seiner Freundin Sophia (Julia Franz Richter) noch nicht einmal für Rot- oder Weißwein entscheiden. Verständlich, dass die Medizinerin, die gerne Kinder gehabt hätte, irgendwann die Pappen dicke hat und ihn, nachdem er selbst ihre Provokation mit einer Riesendogge kalt wie Hundeschnauze über sich ergehen ließ, wegen allumfassender Gefühllosigkeit allein in der stylisch-kühlen Luxusvilla samt Pool zurücklässt.
Alltäglicher Wahnsinn
In der es Matthias dämmert, dass er endlich selbst in die Gänge kommen muss. Doch wie soll man „man selbst“ sein, wenn vor lauter beruflicher Rollenspielerei nichts ist? Und Davids Ratschlag, sich ein Hobby zu suchen, schon allein zeitlich nicht in Frage kommt? Der österreichische Regisseur Bernhard Wengers spürt in seinem Langfilm-Debüt „Pfau – Bin ich echt?“ dem alltäglichen Wahnsinn in unserer spätkapitalistischen Gesellschaft nach : Eine skurrile Typenkomödie, mit präzisem Blick und, trotz einiger typischer rabenschwarzer Ausreißer, mit subtilem Humor gezeichnet.
Bernhard Wenger im Wild Bunch-Presseheft: „Ich bin 2014 auf Rent-A-Friend- oder Friend-For-Hire-Agenturen aufmerksam geworden, die schon fast seit zwei Jahrzehnten in Japan existieren. Sie sind dort aufgrund der großen Isolation und Einsamkeit der Menschen entstanden. Menschen, die niemanden haben, können jemanden mieten, um auf einen Kaffee zu gehen, um sich auszutauschen. Die Ursprungsidee war es, Menschen zu helfen. Aber wie es oft so ist, werden diese Agenturen sehr häufig auch dafür eingesetzt, um sich besser zu präsentieren, Lügen zu vertuschen, Macht zu demonstrieren, sein Image aufzupeppen. In unserer Gesellschaft würde das genauso funktionieren.“
Wundervolle Wien-Locations
„Pfau – Bin ich echt“ ist auch ein 102-minütiger Wien-Film mit wundervollen Locations wie dem Palmenhaus im Schönbrunner Schlosspark, dem Palais Rasumofsky oder Schloss Ebreichsdorf. Die historischen Gebäude und Anlagen bilden bewusst einen Gegensatz zur Villa von Matthias oder dem modernen Konzerthaus MuTh.
Nach der Uraufführung am 31. August 2024 im Wettbewerb der Settimana Internazionale della Critica auf den 81. Internationalen Filmfestspielen von Venedig wurde der Film ausgezeichnet mit dem Premio Bisato d’oro der Filmkritik für Beste Regie und dem Preis der FAI Stiftung Persona Ambiente Lavoro. Nach der deutschen Erstaufführung am 23. Januar 2025 im Wettbewerb um den Max-Ophüls-Preis in Saarbrücken startet das skurril-abgefahrene Stationendrama am Donnerstag, 20. Februar 2025 in unseren Kinos. Bei uns zu sehen im Capitol Bochum, im Roxy Dortmund, im Eulenspiegel Essen sowie im Metropol Düsseldorf.
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- Donnerstag, 20. Februar 2025