
Theaterspaß für die ganze Familie
Pinocchio – ein Road-Trip
Zwei Cowgirls, Zeynep Topal (Gesang) und Svea Kirschmeier (Gitarrenbanjo), sitzen unter großen Kakteen am Lagerfeuer, als sie Besuch bekommen: „Howie, Fremder!“ Gareth Charles im Western-Look fragt: „Eure Erde?“ und: „Galloways?“ Nein, es seien Texas Longhorns, die angeblich im Video zu sehen sind. Die köstlich animierten Bilder des Herners Patrick Paschma (sprechende heimische Schwarzbunte mit Sonnenbrille!) werden auf die Silhouette eines raumhohen Präriekaktus in grellen Neonfarben projiziert, die man mit etwas Phantasie auch für einen Mickey Mouse-Kopf halten könnte.
Vielleicht eine kleine Entschädigung dafür, dass die vom Herner Sefa Küskü verkörperte Titelfigur ohne lange Disney-Lügennase auskommt. Die Pinocchio übrigens bei Carlo Collodis 1881 in einer italienischen Zeitung als Fortsetzungsgeschichte erschienenen „Abenteuer des Pinocchio: Geschichte eines Hampelmanns“ ebensowenig hatte wie 1883 in der Buchausgabe („Le avventure di Pinocchio“) oder 1905 in der ersten deutschen Übersetzung unter dem Titel „Hippeltitsch’s Abenteuer“.
„Es war einmal ein Stück Holz…“: Die beiden Cowboys, die sich – mit umgeschnallten Sätteln – als ehrliche Holzfäller ausgeben, erzählen am Lagerfeuer die Geschichte vom Holzschnitzer Giuseppe, genannt Geppetto, in den sich Gareth Charles verwandelt, und seiner Figur Pinocchio. Und damit die Geschichte eines Jungen, der mehr sein will als ein Stück Holz. Der nicht will, dass man ihn „sich zurechtschnitzt“. Und schon gar nicht zur Schule gehen will, wo man den ganzen Tag stillsitzen und danach auch noch Hausaufgaben machen muss: „No way!“
Und überhaupt: Der naseweise Kerl möchte, wenn schon, dann einen erfahrenen Vater und nicht so einen Anfänger wie Geppetto. Denn: „Kinder sind wie Pfannkuchen. Die ersten gehen immer kaputt.“ So nimmt er reißaus, zumal er in der Ferne eine verlockende Musik hört, und trifft in der Fremde auf Räuber, Puppenspieler und allerlei Tiere…
Kurzweiligen Inszenierung für Kinder ab sechs Jahren

So, mehr wird nicht verraten von dem turbulenten, gut einstündigen Road-Trip des Autorengespanns Henner Kallmeyer und Frank Hörner und der kurzweiligen Inszenierung des Kohlenpott-Theaterleiters für Kinder ab sechs Jahren und die ganze Familie, die am 6. Oktober 2024 in den Flottmann-Hallen Premiere feierte. Frank Hörner hat in der von mir besuchten Schulaufführung den begeistert mitgehenden Kids enormen Spaß bereitetet. Weil er das Gerüst der nun schon 143 Jahre alten Geschichte beibehalten und nur um zeitgemäße Kleinigkeiten (Kreditkarte statt Bargeld) und die effektvolle Rahmengeschichte (u.a. mit Country-Music und Square Dance) ergänzt hat.
Unbedingt zu loben noch die drei Ausstatterinnen Franziska Gebhardt und Natalia Nordheimer (Bühne) sowie Jana Januschewski-Moze, die mit charakteristischen Requisiten eine richtige Western-Atmosphäre in den Theatersaal der Flottmann-Hallen gezaubert haben, wunderbar ergänzt durch die augenzwinkernd-ironischen Videobilder Patrick Praschmas. Dramaturg Henner Kallmeyer hat nicht zuviel versprochen: „Pinocchio ist ein wilder, bunter, musikalischer Road Trip.“
Von dieser Koproduktion des Theaters Kohlenpott Herne mit dem Consol Theater Gelsenkirchen gibt es in diesem Jahr nur noch zwei weitere Familienvorstellungen, deshalb möglichst frühzeitig Karten sichern:
- Sonntag, 1. Dezember 2024, 15 Uhr Consol Theater Gelsenkirchen, Bismarckstraße 240, Karten: 9 (erm. 6 Euro), consoltheater.de oder Tel. 0209 - 9 88 22 82.
- Sonntag, 8. Dezember 2024, 16 Uhr Flottmann-Hallen Herne, Straße des Bohrhammers 5, Karten: 14 (erm. 8 Euro), theaterkohlenpott.de.