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Müssen sich für ihren ersten gemeinsamen Fall zusammenraufen; Kommissarinnen Melly Böwe (Lina Beckmann, l.) und Katrin König (Anneke Kim Sarnau).

Lina Beckmann fühlt sich angenommen

Polizeiruf 110 – Daniel A.

Der Rostocker Polizeiruf „Daniel A.“ ist der erste gemeinsame Fall, den die beiden Kriminalistinnen Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Melly Böwe (Lina Beckmann) lösen müssen. In der ARD-Pressemappe sagt die Hernerin, dass sie sich am Set, gedreht wurde im September 2021 in Rostock, Hamburg und Umgebung, sehr gut aufgehoben fühlt: „Am meisten Zeit habe ich ja mit Anneke, und ich finde es fast schon bewundernswert, wie offen sie mich empfängt, wie sie sich auf Szenen mit mir freut. Wir haben uns privat viel schneller gefunden, als die beiden Figuren im Polizeiruf sich finden, und uns zusammen schöne Sachen für die Szenen ausgedacht. Dafür bin ich ihr sehr dankbar.“

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Die Grundschullehrerin Nathalie Gerber (Lea Freund) wird tot auf dem Parkplatz des Clubs „Knockout“ aufgefunden. Dort war sie verabredet mit ihrem Online-Date Daniel A., der sie als Letzter lebend gesehen hat. Nach ihm wird nun gesucht. Doch Daniel (gebürtiger Rostocker, frisch von der Schauspielschule Bern: Trans-Mann Jonathan Perleth) will sich nicht bei der Polizei melden, obwohl er gesehen hat, wie Nathalie von ihrem „Ex“ bedrängt und gegen den Außenspiegel ihres Autos geschubst worden ist.

Trans-Mann Daniel (Jonathan Perleth, r.) liebt die verheiratete junge Mutter Hanna (Alina Stiegler).

Denn er arbeitet unter seinem Geburtsnamen Daniela Adamek als Kindergärtnerin und hat sich noch nicht geoutet. Vielmehr zieht er sich immer wieder in einen von seinem älteren, beinahe väterlichen Freund, dem Trans-Mann Armin (Bernd Hölscher), umgebauten Caravan zurück. In der eine Karte „Love has no gender“ postuliert. Seine größte Angst sind freilich nicht Reaktionen der Eltern seiner Hortkinder, sondern, dass sein Vater Frank Adamek (Jörg Witte) auf indirektem Weg über Kollegen davon erfährt: der ist schließlich Einsatzleiter der „Streifenhörnchen“ genannten uniformierten Polizei. Und hat mit Danielas jüngerer Schwester Charly (Daria Wolf), die mit 15 Jahren Mutter geworden und hoffnungslos überfordert ist, schon genug Probleme daheim.

So tappen die Profilerin Katrin König und ihre neue Rostocker Kollegin Melly Böwe im Dunkeln und haben nur die letzten Angaben aus Nathalies Dating-App zur Verfügung: Sie suchen einen Mann, der in einem der Rostocker Chöre gesungen hat. Oder war auch das nur eine Finte des Täters, der nicht verführungswillige Frauen für bestrafungswürdig hält?

„Ich komme in Frieden und bringe Kuchenbrötchen mit“: Melly Böwes Einstand im von Henning Röder (Uwe Preuss) geleiteten Polizeirevier wird trotz Selbstgebackenem nicht gemütlich. Natürlich auch, weil sie die Halbschwester von Sascha Bukow (Lina Beckmanns Mann und Hamburger Bühnenkollege Charly Hübner) ist, der für Katrin König viel mehr war als nur ein Kollege. Doch auch auf dem Kommissariat gibt es Reibungspunkte rund um Geschlechterbilder. Wie lebt es sich für die beiden männlichen Kollegen Anton Pöschel (Andreas Guenther) und Volker Thiesler (Josef Heynert) mit nunmehr zwei Frauen an der Spitze? Wo sie doch den Macho Sascha gewohnt waren. Und wie gehen die beiden neuen Kolleginnen miteinander um? Thiesler prophezeit einen Zickenkrieg, aber König und Böwe zeigen nach anfänglichen Schwierigkeiten, dass es auch anders gehen kann.

Denn Melly Böwe, die noch mit ihrem klapprigen Auto mit Bochumer Kennzeichen unterwegs ist, lässt sich so schnell nicht entmutigen. Sie ignoriert die Misstöne, ja sogar das offen zutage tretende Mobbing Katrin Königs – zumindest dem äußeren Anschein nach. Sie zieht ihr eigenes Ding durch, während Daniel um sein selbstbestimmtes Outing kämpft, aber auch um seine große Liebe Hanna Blankenstein (Alina Stiegler), eine mit Simon (Maximilian Kraus) verheiratete junge Mutter. Er ringt mit seinem eigenen Verantwortungsgefühl und schlechtem Gewissen. Als er auf Marc Wigand (Max Krause) trifft, Nathalies ehemaligen Kinderfreund, glaubt Daniel, aus seinem Dilemma erlöst zu sein: Er kann den Täter präsentieren und seine Identität schützen. Doch da irrt er sich…

Die 88-minütige Folge „Daniel A.“ aus der „Polizeiruf 110“-Serie wurde am 1. September 2022 auf dem Filmkunstfest Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin uraufgeführt, feierte am 19. Februar 2023 im Ersten TV-Premiere und kann noch bis Samstag, 19. August 2023, in der ARD-Mediathek kostenlos gestreamt werden. Benjamin Hessler (Buch) und Dustin Loose (Regie) haben einen sensiblen Film zu einem nicht minder sensiblen Thema gedreht – mit einem bewunderungswürdig offenen jungen Trans-Mann in der Hauptrolle, der beim Casting noch auf die Schauspielschule ging und sein Outing erst kurze Zeit hinter sich hatte.

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Lina Beckmann im ARD-Presseheft über die Verquickung der Transsexuellen-Themas mit einem Krimiplot: „Der Film führt vor Augen, was für ein unglaublich komplexer Vorgang das sein kann, nicht nur für die Person selbst, sondern für eine ganze Familie. Und wie schwer es Menschen in so einem System von Familie oder überhaupt von der Gesellschaft gemacht werden kann, zu ihrer Identität zu stehen. Unser Film macht das nachvollziehbar, und das fand ich irre spannend, gerade auch, weil man hier sieht, dass es nicht nur um das Outen geht, sondern um so vieles mehr. Auch um die Frage, wie komme ich als Trans-Mann an und wie geht das mit Liebesbeziehungen, wie zeigt man sich Menschen, die man toll findet?“

Dienstag, 21. Februar 2023 | Autor: Pitt Herrmann