Schrilles Donizetti-Pasticcio
„Prima la Mamma!“ in Duisburg
Was für ein Theater! Um mit Michael Frayn zu sprechen: Der nackte Wahnsinn! In „Jupiter’s Palace“, das Deppen-Apostroph ist Programm, wird antike Tragödie gespielt. „Romulus und Ersilia“ heißt der Schinken, bei dem es um den Gründungsmythos der Stadt Rom geht. Die Primadonna Daria Garbinati (großartiges Rheinopern-Debüt der slowakischen Koloratur-Sopranistin Slávka Zámečníková als Gast von der Staatsoper Wien) in der Titelpartie der Ersilia fühlt sich indisponiert.
Was auf das Unglücklichste korrespondiert mit Dorothea (die polnische Mezzosopranistin Maria Polańska stellt sich als neues Ensemblemitglied vor), der die Hosenrolle als Romulus überhaupt nicht behagt. Und dann erhebt auch noch der Tenor mit dem stolzen Namen Jesus Alejandro Perez Lope de Vega (Andrés Sulbarán) den Anspruch auf eine gewichtigere Partie als Ersilias Geliebter Hostilius, schließlich spielt klassischerweise doch der Tenor die erste Geige in der Oper.
Schrille Dragqueen
Doch damit immer noch nicht genug: Luigia Castragati (Heidi Elisabeth Meier) steht als Ersilias Begleiterin nicht nur im Schatten der Primadonna, sondern eigentlich nur so herum. Was der Helikoptermutter der Secondadonna, Mamma Agata (der ausgewiesene Wagner-Sänger Scott Hendricks als begnadeter Darsteller einer schrillen Dragqueen mit ausladendem Body-Suit), die bei den Proben hereinschneit, naturgemäß gehörig gegen den Strich geht.
Weshalb das Leitungsteam aus dem deutschen Komponisten Maestro Andreas (Torben Jürgens), dem Librettisten Heinrich (Valentin Ruckebier) und dem Regisseur Bertolt (Günes Gürle) nicht nur von einer Verlegenheit in die andere stürzt, sondern kurz vor der Kapitulation steht, als die Hosenrolle und der Tenor beleidigt abreisen. Was tun? Mamma Agata sieht Chancen nicht nur für ihre bisher eher graumäusige Tochter, sondern vor allem für sich selbst…
Turbulente Backstage-Comedy
Gaetano Donizettis komische Oper „Viva la Mamma!“, in ihrer jetzt an der Rheinoper vom Duisburger Publikum bestaunten wie bejubelten zweiaktigen Fassung am 20. April 1831 in Mailand uraufgeführt, vereint Tragödie und Komödie als lustvolles Theater-auf-dem-Theater. Die geradezu pirandelleske Backstage- und, was den Probenprozess in einer Schule betrifft, ja auch On-Stage-Comedy ist vom queeren Amerikaner Daniel Kramer (zuletzt Erich Wolfgang Korngolds „Die tote Stadt“ in Düsseldorf) mit großer Lust, nicht nur seinen Stand, sondern gleich sich selbst auf die Schippe zu nehmen, inszeniert worden.
Dabei blendet das schrille, knallig bunte zweieinhalbstündige Spektakulum in der Ausstattung von Justin Nardella (Bühne) und Shalva Nikvashvili (Kostüme) das kritische Donizetti-Finale keineswegs aus: Am bitteren Ende muss der Intendant (Thorsten Grümbel) die Schließung des Opernhauses verkünden. Was wir ‘mal lieber nicht als Menetekel künftiger Sparzwänge der öffentlichen Haushalte nehmen.
Duisburger Heimspiel
Unter der musikalischen Leitung von Benjamin Reiners, gebürtiger Duisburger des Jahrgangs 1983 und Kieler Generalmusikdirektor, der ab 2025/26 neuer Generalmusikdirektor der Städtischen Theater Chemnitz wird, hat bei den Duisburger Philharmonikern im auf halbe Höhe gezogenen Graben ein Heimspiel. Unter dem leicht abgewandelten Titel „Prima la Mamma!“ wird die Komposition Donizettis nicht wie sonst üblich mit Stücken aus seiner neben „Don Pasquale“ wohl populärsten Oper „Lucia di Lammermoor“, Christof Loys Inszenierung wird am 5. Dezember 2024 in Düsseldorf wiederaufgenommen, ergänzt. Sondern gleich durch ein ganzes Pasticcio des Belcanto-Komponisten, beginnend mit der Ouvertüre aus „Alahor in Granata“.
Die weiteren Aufführungen des szenisch herausfordernden (aufgeblasene Kostüme, deftige Szenen auf dem Unisex-Klo), musikalisch beglückenden und jedenfalls kurzweiligen Abends im Theater Duisburg:
- Samstag, 30. November 2024, 19:30 Uhr
- Sonntag, 8. Dezember 2024, 15 Uhr
- Dienstag, 31. Dezember 2024, 19 Uhr
- Sonntag, 12. Januar 2025, 15 Uhr
Karten unter theater-duisburg.de oder Tel. 0203 – 28362100 (Mo-Fr 10-18.30 Uhr, Sa 10-18 Uhr).
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- Sonntag, 12. Januar 2025, um 15 Uhr
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- Samstag, 30. November 2024, um 19:30 Uhr
- Sonntag, 8. Dezember 2024, um 15 Uhr