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Das Corona-Virus bereitete Ralf Noll einige Probleme.

Ralf Noll über seinen Corona-Krankheitsverlauf

Quarantäne-Entlassung trotz Husten

Quarantäne-Entlassung trotz anhaltender Symptome? Bei Ralf Noll passierte das. Er wandte sich an unsere Redaktion, um den Verlauf seiner Erkrankung und der Quarantäne zu schildern.

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Seine Geschichte: Am 28. Dezember 2020 erhielt er einen positiven Corona-Befund, womöglich hatte er sich im Büro angesteckt. „Danach ging alles seinen wohl normalen Weg. Ich habe mich beim Gesundheitsamt gemeldet und mich mit meiner Familie in Quarantäne begeben, die bis zum 11. Januar 2021 ausgesprochen wurde“, erläutert der Herner. „Meine Frau hatte einen milden Krankheitsverlauf, beide Kinder blieben zum Glück ohne Symptome. Bei mir lief es etwas anderes, über zwei Wochen hatte ich immer wieder Temperatur und war ständig müde. Dazu kam ein schlimmer Husten, der auch weiter anhielt.“ Anzeichen einer Lungenentzündung gab es aber bei einem kurzen Arztbesuch, der vom Gesundheitsamt gestattet war, nicht.

Am 6. Januar erhielt Noll dann einen Anruf vom Gesundheitsamt und fragte nach seinem Gesundheitszustand. „Ich antwortete, eigentlich gut, bis auf den Husten, welcher nicht weggeht und hin und wieder noch etwas müde. Dann wurde ich aufgefordert ins Telefon zu husten, danach kam die Aussage: 'Hört sich ja ganz gut an und Ihnen geht es schon besser, ich kann Sie mit Ablauf des heutigen Tages aus der Quarantäne entlassen.'“ Das fand Noll etwas verwirrend. Seine Ärztin meinte, dass man 48 Stunden symptomfrei sein müsse, um aus der Quarantäne zu dürfen.

Hausarzt rät von erneutem PCR-Test ab

Er blieb aufgrund des Hustens bis zum 11. Januar zu Hause und hätte einen Tag später wieder arbeiten gehen können. „Da mein Chef sehr gewissenhaft ist, hat er mir gesagt, ich müsse eine negativen PCR Test vorlegen, bevor ich wieder ins Büro darf. Er bot mir hier auch direkt die Kostenübernahme an. Ich habe dann wieder einen Termin bei meinen Hausarzt gemacht, zum einen um den Test zu machen und zum anderen um noch einmal meine Lunge zu checken“, beschreibt der 53-Jährige den weiteren Verlauf. „Hier wurde mir vom Arzt abgeraten einen PCR Test zu machen. Auf meine Nachfrage warum nicht, wurde mir gesagt, dass der Test positiv ausfallen wird und ich solle lieber einen Schnelltest machen, der ist nicht so sensibel und schlägt nicht an.“ Zudem wären ja noch die recht hohen Kosten von 100 Euro.

„Ich erwiderte hierauf, dass zum einen mein Chef den Test bezahlt und zum anderen brauchen wir einen zuverlässigen Test und keinen Mist, um die Menschen, mit denen ich zusammen arbeite und die Firma zu schützen“, so Noll weiter. Nach einem Gespräch mit seinem Chef blieb er noch eine Woche im Homeoffice und wurde zudem krankgeschrieben. „Ich bin dann eine Woche später wieder zum Arzt um nun endlich den Test zu machen, es wurde mir zwar wieder mit den gleichen Gründen von abgeraten aber der Test fand statt. Einen Tag später rief mich meine Ärztin an und sagte, dass ich, wie vorausgesagt immer noch positiv bin, aber mit einem ct-Wert von nur noch 34. Aus diesem Grund konnte sie mich nicht weiter krankschreiben und ich musste wieder zur Arbeit.“ (Der CT-Wert gibt an, ob ein Coronavirus-Infizierter ansteckend ist. Zumindest theoretisch. Anm.d.Red.)

Der Chef blieb hier aber weiterhin stur und meinte mit einem positiven Test, den Noll nun mal habe, darf er nicht arbeiten kommen, es sei denn, jemand gibt ihm das mit dem ct-Wert schriftlich. „Ich rief wieder beim Gesundheitsamt an und erzählte meine Geschichte. Am Ende fragte die Dame noch einmal nach dem ct-Wert. Als ich sagte 34, sagte sie: Mit einem ct von 34 muss ich Sie wieder in Quarantäne schicken.“ Noll berichtete weiter: „Der schlimmste Satz, der heute vom Gesundheitsamt Herne mir gegenüber gesagt wurde war: ,Genau deswegen raten wir jedem nach der Quarantäne einen neuen PCR Test zu machen'“.

Weiter wundert er sich, warum Personen, die offensichtlich noch krank sind, aus der Quarantäne entlassen werden und so andere gefährden.

Ralf Noll.

Die Redaktion fragte beim Pressebüro der Stadt nach. Trotz vorliegender und unterschriebener Schweigepflichtsentbindung für das Gesundheitsamt hieß es von Anja Gladisch, Pressesprecherin der Stadt: „Die Stadt Herne wird - wie in anderen Fällen auch - nicht über spezielle Einzelfälle berichten.“

Der grundsätzliche Ablauf bei einem positiven Befund sehe so aus: „Bei einem Erstbefund erfolgt, auch bei schwach positiven Befunden, eine Quarantäne. Derzeit wenden wir die QuarantäneVO NRW an, Erkrankte erhalten aber zusätzlich ein Infoschreiben von uns. Bei einem Folgebefund ist zu prüfen, ob eine Dauerausscheidung ohne Infektionsrisiko oder eine Reinfektion mit erneutem Infektionsrisiko vorliegt. Es wird also das individuelle Infektionsrisiko für andere ermittelt“, teilte Anja Gladisch mit.

Entisolierung durch mehrere Faktoren

„Außerdem existiert bei Erkrankungsfällen keine vorzeitige Entlassung, die rechtlichen Vorgaben finden sich in der QuarantäneVO NRW, die medizinischen Empfehlungen finden sich in der RKI Empfehlung ,COVID-19: Entlassungskriterien aus der Isolierung' unter diesem Link.“ Vereinfacht gesagt erfolgt die Entisolierung nach Bewertung von Krankheitsverlauf, Vorerkrankungen, Zeit, Wohnumfeld und ggf. Testergebnis.

Eine Entisolierung sei nach medizinischen Empfehlungen des RKI und rechtlichen Vorgaben nach zehn Tagen ohne Testung möglich. „Es gibt aber ein generelles Missverständnis in der Sache: Die Entisolierung erfolgt nicht, wenn jemand ,genesen' ist, sondern wenn eine weitere Ansteckungsfähigkeit nach dem Stand des medizinischen Wissens nicht zu besorgen ist. Eine Symptomfreiheit oder Genesung ist nicht erforderlich“, teilte die Sprecherin mit.

Zum ct-Wert heißt es: „Der ct-Wert ist eine Größe, die nicht standardisiert ist und abhängig vom Labor ist. Daher nutzt das RKI ihn mittlerweise nicht mehr, seit längerer Zeit wird die Anzahl der Kopien/ml genutzt, siehe hierzu auch im obigen RKI Link. Früher hatte das RKI einen Wert von etwas 34 vorgeschlagen. Wir haben eine Laborempfehlung vorliegen, dass bei einem Wert größer 31 eine Infektionsgefahr nicht zu besorgen ist. Aber hier gilt zu betonen: Die Werte sind nicht genormt und nicht vergleichbar.“

Leider wollten auch die behandelten Ärzte aus der Praxis am Schloss Strünkede trotz Schweigepflichtsentbindung keine Auskünfte zu Ralf Noll geben.

Verantwortung gegenüber Mitarbeitern und Kunden

Anders der Chef, der aber aus Befürchtungen vor negativen Reaktionen in Bezug auf sein Unternehmen seinen Namen und den der Firma sowie der Branche nicht öffentlich lesen möchte. „Wir haben über 80 Mitarbeiter, wenn das Virus einmal in der Hütte ist, müssen wir den Laden dicht machen. Ich habe auch eine Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern, den Kunden und den Lieferanten, um sie zu schützen“, betont der Unternehmer, warum er so auf einen negativen PCR-Test beharrte. „Wenn ich es irgendwie vermeiden kann, dann muss man darauf reagieren. Alle sollen so sicher wie möglich bei mir arbeiten und uns besuchen können.“

Positiv bewertet er aber, dass durch die Pandemie verstärkt Home-Office genutzt wird. „In den ganzen Monaten hat es schon viel geholfen. Nur leider kann man in unserem Beruf nicht alles von zu Hause aus machen“, sagt der Geschäftsführer.

Ralf Noll jedenfalls hatte auch später noch einige Probleme, auch spazieren gehen fiel ihm nach kurzer Zeit schon schwer. „Da war ich schnell aus der Puste“, so Noll. Mittlerweile (Stand Samstag, 13.2.2021) geht es Noll wieder ganz gut, der Husten ist weg. „Sporadisch an manchen Tage noch kraftlos und müde, aber sonst keine bewussten Symptome“, sagt er auf Nachfrage.

Seit der vergangenen Woche ist er auch wieder am arbeiten, vorher wurde aber die Lunge geröntgt und Blut abgenommen. Beide Befunde wären laut Hausärztin okay. Dass sich von Seiten der Stadt und der Ärzte niemand wirklich zum Fall äußern wollte, empfindet er als „sehr schade". Zudem hätte die Ärztin gesagt, dass sie den PCR-Test bereuen und keinen weiteren mehr machen würde. „Ich bleibe bei meiner These: Wenn eine mit Covid-19 infizierte Person, nach zehn bzw. 14 Tagen wieder zur Arbeit, ins Büro oder einkaufen darf, ohne erneuten PCR-Test, um zu sehen wo man steht, ist dies unverantwortlich.“ Die Redaktion wünscht weiter gute Genesung.

Donnerstag, 11. Februar 2021 | Autor: Marcel Gruteser