
Herner Stimmen zu den Ergebnissen
Reaktionen zum Wahlausgang der Bundestagswahl
Es ist geschehen: 76,11 Prozent der rund 106.000 wahlberechtigten Herner traten ihren Gang an die Wahlurne an. Nun zeigen die ersten Hochrechnungen, wohin sich die Wähler an diesem Wahltag orientieren.
halloherne-Reporter sind vor Ort bei den verschiedenen Wahlpartys und fangen erste Reaktionen der Direktkandidaten des Wahlkreises Herne - Bochum II ein.
FDP ist nichts für schwache Nerven
Die Freien Liberalen haben bei der Wahl des 21. Deutschen Bundestages den jungen Jurastudenten Moritz Ritterswürden als Direktkandidaten ins Rennen geschickt. Er engagiert sich seit vier Jahren kommunalpolitisch in Herne und ist JuLi-Vorsitzender in Herne.
Wir erreichen ihn am Wahlabend in der Parteizentrale der FDP an der Rottbruchstraße. Die ersten Hochrechnungen zeigen auf Bundesebene eine historisch hohe Wahlbeteiligung von 83 Prozent – der höchste Wert seit der Wiedervereinigung.
Um 18:30 Uhr liegt seine Partei bei fünf Prozent und hat somit einen Verlust von 6,4 Prozent eingefahren, den Ritterswürden natürlich bedauernswert findet. Allerdings sagt er dazu: „Nun, wir wissen aber noch gar nicht, ob das das (End-)Ergebnis sein wird. FDP ist halt nichts für schwache Nerven.“ Dass seine Partei den Einzug in den Bundestag schafft, daran glaubt er fest.

Eine Erklärung für das FDP-Ergebnis
Eine Erklärung für dieses schlechte Ergebnis ist für ihn: „Unsere Wähler haben von Anfang an mit der Ampel gefremdelt und viele haben uns auch den Rücken gekehrt.“ Der Wahlkampf war kurz und natürlich hätten sie versucht, so viele Menschen wie möglich zurückzugewinnen. Ritterswürden ist zuversichtlich: „Wenn wir am Ende über die Fünf-Prozenthürde kommen, dann haben wir viel für unser Land und den Liberalismus getan.“
Sollte die FDP den Sprung in den Bundestag nicht schaffen, sagt er: „Die FDP wird weiter bestehen und sich vernünftig reformieren. Dass wir das können, haben wir ja schon einmal gezeigt – aber ich glaube, das ist nicht nötig.“
Auch der Herner FDP-Chef Thomas Bloch ist natürlich nicht erfreut: „Für uns bleibt im Moment nur das Prinzip Hoffnung, um zu schauen, wie wir da jetzt rüber kommen. Mit zunehmenden Auszählungszahlen und spätestens um 22 Uhr wissen wir, ob es gereicht hat oder nicht.“ Dass es auf jeden Fall äußerst knapp wird, da ist sich Thomas Bloch sicher: „Für uns wird es sich erst auf der Zielgeraden entscheiden.
'Es wird ein langer Wahlabend'

Anna di Bari, Direktkandidatin im Wahlkreis für die Grünen, zeigt sich bei den ersten Hochrechnungen angespannt. „Ich bin nun doch ziemlich angespannt. Es wird ein langer Wahlabend“, so Anna di Bari im Gespräch mit halloherne. Sie hoffe auf noch mehr Stimmen für ihre Partei.
Bei der Wahlparty ihrer Partei in der Kulturküche in Sodingen verfolgen die Parteimitglieder und Gäste angespannt die neusten Zahlen. Christopher Deutsch vom Circus Schnick-Schnack zeigt sich dennoch zuversichtlich. „Ich hoffe vielleicht, dass die Grünen doch noch auf 15 Prozent kommen. Auch wenn durch diese Wahl konservative Kräfte erstarken“, will ich zuversichtlich bleiben.
Hochrechnungen spiegeln die Umfragen
Auch bei der SPD-Wahlparty im Veranstaltungszentrum Gysenberg wird gebannt der Bildschirm verfolgt. Ernüchterung kehrt ein, als die ersten Hochrechnungen auf Bundesebene eintrudeln. „Diese Hochrechnungen spiegeln die Umfragen wieder. Es ist also keine große Überraschung. Nun müssen wir die Ergebnisse für Herne abwarten“, so der SPD-Landtagsabgeordnete Alexander Vogt.
Ähnlich sieht es auch Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda: „Es ist ein schlechtes Ergebnis für unsere Partei, was aber wenig überrascht.“
Als die ersten Hochrechnungen aus Herne eintreffen, wird SPD-Direktkandidat Hendrik Bollmann schon etwas ruhiger. Die Anspannung merkte man dem 42-Jährigen während des Wartens an. Nun die Erleichterung, bis kurz vor halb acht liegt Bollmann mit 34 Prozent vorne.
„Ich bin schon ziemlich nervös, was ich selbst gar nicht so gedacht hätte. Aber es lastete schon ein Druck auf mir in den vergangenen Wochen“, so Bollmann. Als er später auf der Bühne von seinen Genossen gefeiert wird, zeigt er sich noch zurückhaltend. „Normalerweise feiere ich erst, wenn ich wirklich die Ziellinie durchlaufen habe.“
Die CDU ist zufrieden

Bei den Herner Christdemokraten ist man aufgrund des Wahlergebnisses zufrieden. „Wir sind Wahlsieger, da gibt es keine zwei Meinungen. An der CDU führt in der neuen Regierung kein Weg vorbei, das ist schon mal positiv“, sagt der Herner CDU-Chef und Direktkandidat Christoph Bußmann. „Wichtig ist nun, dass wir ab Montag schauen, dass wir eine vernünftige Regierung hinbekommen. Wir werden im Laufe des Abends wissen, welche Parteien drin sind.“
Zum starken Abschneiden der AfD sagt Bußmann: „Das liegt daran, dass SPD, Grüne, FDP und auch die CDU ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Die Leute erwarten von uns, dass wir ihre Probleme lösen und uns nicht gegenseitig die Schuld zuweisen. Das wurde vor allem von der Ampel-Koalition gar nicht gemacht und nun haben wir die Quittung bekommen.“
Bettina Szelag, stellvertretender Kreisvorsitzende der Herner CDU, hat bezüglich der AfD „schlimmste Befürchtungen“ für Herne: „Der blaue Balken wird immer größer, da mache ich mir ganz erhebliche Sorgen, wie das weitergehen wird.“ Sie erwartet bei der Kommunalwahl im September 2025 ähnliche Ergebnisse. „Wir müssen erheblich arbeiten, auch wenn wir das vorher schon getan haben.“ Aus Sicht von Szelag bringe die AfD jedoch keine Themen, sie sei inhaltlich leer. „Da kommt nichts außer Nein, Nein, Nein. Es wäre schlimm, wenn Sachpolitik keine Wirkung mehr erzielt.“
Gute Laune bei der AfD
Glücklich ist Prof. Dr. Daniel Zerbin, Direktkandidat der Alternative für Deutschland (AfD). „Wir haben rund 20 Prozent erreicht, das stimmt uns sehr zufrieden“, sagt Zerbin. „Mein eigenes Ergebnis sehe ich als Erfolg an, ich hatte aber rund 20 Prozent erwartet.“
Er liegt mit 22 Prozent knapp hinter Christoph Bußmann (CDU, 23 Prozent), zu Hendrik Bollmann (SPD) ist der Abstand noch größer (34 Prozent). Auffällig: Bei den in Herne (sowohl nur in der Stadt, als auch im Wahlkreis) abgegebenen Zweitstimmen liegt die AfD fast mit der SPD und CDU gleichauf. Hier führt die SPD mit rund 26 Prozent, CDU und AfD liegen bei rund 22 bzw. 21 Prozent.

Zerbin gibt sich kämpferisch: „Bei der nächsten Wahl schlagen wir die SPD in Herne.“ Bezüglich einer neuen Koalition spekuliert er über Schwarz-Rot. „Das wäre aber quasi eine Fortführung der Ampel und würde die Probleme bei den Themen Migration und Wirtschaft nicht beheben. Das geht nur mit der AfD.“
Beste Laune bei der Linkspartei
Beste Laune vernimmt man bei der Linkspartei. Die hat mit rund 8,5 Prozent ein überraschend gutes Ergebnis eingefahren. Noch vor wenigen Wochen war das Überspringen der Fünfprozent-Hürde sehr fraglich. Entsprechend gut drauf ist am Wahlabend Patrick Gawliczek, der Direktkandidat der Partei „Die Linke“. „Wir haben uns auf unsere Themen wie bezahlbare Mieten und faire Lebensmittelpreise beschränkt. In Herne gibt es viele arme Leute, deshalb kam das vermutlich gut an“, sagt Gawliczek.
Er erhielt selbst rund 8,3 Prozent der Erststimmen. Für ihn ist das ein „überwältigendes Ergebnis“. „Die anderen Parteien haben ihre Sündenböcke gesucht, wir haben auf uns geblickt. Ein besonderer Dank geht an Sahra Wagenknecht. Ihr Abschied aus der Linkspartei war das Beste, was sie machen konnte“, schmunzelt der Politiker der Linken. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wird mit ihrer Spitzenkandidatin und Namensgeberin aller Voraussicht nach nicht in den Bundestag einziehen.
Den Aufschwung der Linken erklärt Gawliczek so: „Donald Trump ist ein Faschist, genauso wie die CDU, die mit den Faschisten der AfD gemeinsame Sache machen wollte. Wir stellen uns aber gegen Rechts und wir sind die Brandmauer. Es gibt mit uns, das ist klipp und klar, keine Koalition mit der CDU und das haben unsere Wähler honoriert.“
