
'Insert Coins' lädt an der Hauptstraße zur Videospiele-Nostalgie
Retro-Zocken an Automaten und Flippern
Schon der Eingang ins Gebäude versprüht den passenden Retro-Charme. Hier, im ehemaligen Karstadt-Haus an der Wanner Hauptstraße 274, geht es über das alte Treppenhaus hinauf in die erste Etage. Dort hinter den Türen „versteckt“ sich ein wahres Paradies für Videospiele-Fans. Für echte Kenner der Szene ist das aktuelle Zuhause des Vereins „Insert Coins“ längst kein Geheimtipp mehr, seitdem es die Eröffnung im September 2022 gab.
Auf rund 850 Quadratmetern wird hier nun regelmäßig gezockt, was die blinkenden Automaten hergeben und die Herzen höher schlagen lässt. Um Geld geht es hier nicht, der Spaß und das Adrenalin, den nächsten Highscore zu schaffen, stehen hier im Vordergrund. Allein im Arcade-Bereich warten rund 80 Videospielautomaten und über 40 Flipper auf die Besucher. Und die kommen in Scharen.
Tickets am Anfang nach fünf Minuten weg
„Wir haben an jedem dritten Samstag im Monat geöffnet. Zunächst waren es nur vier Stunden, mittlerweile sind es zwei Sessions mit jeweils vier Stunden“, erläutert Benjamin Sendes vom Social Media Team der „Insert Coins“ im Gespräch mit halloherne. 200 Leute passen dann pro Schicht rein, die Vereinsmitglieder helfen in ihren grünen Shirts und Hoodies ehrenamtlich mit. Die Tickets gibt es nur online im Vorverkauf.

„Zum Anfang waren die Karten innerhalb von fünf Minuten vergriffen. Nun dauert es ein bisschen länger“, erzählt der 43-Jährige. Manch ein regelmäßiger Zocker kommt aus Köln oder aus Bremen angereist, um in die Retro-Videospielewelt abzutauchen.
Nun, rund ein halbes Jahr nach der Eröffnung, wandelt sich das überdimensionierte Zuhause immer mehr. Hier und da werden optische Veränderungen vorgenommen, einzelne Tische verrückt oder das Bistro für Snacks und Getränke verbessert. Das Wichtigste bleiben aber die Geräte. „Es kommen immer weitere neue Automaten nach“, sagt Sendes. Mit „neu“ meint er „alt“, also echte Raritäten und Klassiker.
Werkstatt im Stockwerk drüber
Dicht an dicht sind sie gereiht, dennoch ist genügend Platz, damit man seinen Nebenmann nicht stört. Manch ein Automat hat schon über 50 oder 60 Jahre auf dem Buckel. Wenn dann mal etwas nicht mehr funktioniert, gibt es ein Stockwerk drüber noch eine Werkstatt. Hinaufgetragen wurden aufgrund ihrer Größe nur vereinzelte – die meiste Arbeit hat der Lastenaufzug im Gebäude übernommen.
Ein beliebtes Spiel ist ebenfalls der Klassiker „Pong“ von Atari. Ein originaler Tisch steht hier bereit, den man sich auch ins Wohnzimmer stellen könnte. Auf Handelsplattformen im Internet wird dieser für mehrere Tausend Euro angeboten. Aber Automaten sind hier nicht alles. In einem anderen Teil stehen Musik- und Rhythmusspiele, dutzende alte Computer.
Alte Konsolen in gläsernen Kästen
Ein Zimmer weiter befinden sich etliche bekannte Konsolen. Aktuelle Geräte wie beispielsweise eine Playstation 5 sind hier fehl am Platz. Hier ist eine alte Xbox, ein NES, eine Dreamcast, eine Playstation Vita oder der damalige Start von Sony, eine PS1. Alles belichtet mit Neon- oder LED-Licht, stellenweise in Kästen ausgestellt, wie man sie von früher aus Elektronikfachmärkten oder Kaufhäusern kannte.
Ein besonderes Highlight steht in einem Raum mit Kinosesseln: Die Mario-Kart-Wall. Bis zu acht Spieler können hier auf alten Röhrenbildschirmen an miteinander verkabelten Gamecubes das beliebte Rennspiel von Nintendo spielen. „An unseren Öffnungstagen sind die Plätze immer heiß begehrt“, erwähnt der Social-Media-Beauftragte. Die Mitglieder des Vereins treffen sich zudem jeden Mittwoch ab 17 Uhr zum gemeinsamen Austausch über ihr Hobby und ihre Faszination. „Dabei kann man sich ganz locker unterhalten, etwas basteln, reparieren oder natürlich auch mal zocken.“

Alles sei hier permanent im Wandel, berichtet Sendes beim Besuch von halloherne. Er war mal eine Woche nicht vor Ort, schon entdeckt er wieder zwei, drei neue Automaten oder welche, die ihren Standort gewechselt haben. Während des Gesprächs ist in den Räumen das normale Licht an – an den Öffnungstagen ist es hier deutlich dunkler, dazu sieht man Diskolichter, LED-Lichterketten und die blinkenden Anzeigen. „Man verliert hier, trotz der vielen Jahre, überhaupt nicht die Lust. Dennoch spiele ich, seitdem ich im Verein bin, deutlich weniger als vorher“, erzählt Sendes und lacht dabei. „Man hat ständig etwas zu tun oder spricht sich über die weiteren Pläne ab.“
Mietvertrag bis Ende 2023, Zukunft offen
Nachdem die vorherigen Räume im Keller eines Seniorenheims an der Wörthstraße mit der Zeit deutlich zu klein wurden, war der Verein froh, als im Mai 2022 die Schlüssel vom Hauseigentümer Sascha Wurm überreicht wurden (halloherne berichtete). Allerdings erstmal nur befristet bis Ende 2023, da dann das Gebäude für das Urban Arts Center umgebaut wird. „Bis jetzt gibt es keinen neuen Stand über eine mögliche Verlängerung. Wer uns mindestens 1.500, gerne auch 2.000 Quadratmeter als Fläche zur Verfügung stellen kann, darf sich gerne bei uns melden“, sagt Heiko Kendzia aus dem Vorstand des Vereins. Das geht per Mail an oder über das Kontaktformular auf der Homepage.

Derweil werden die Mitglieder immer mehr, rund 100 sind es im 2014 gegründeten Verein aktuell. Vom Azubi über Elektriker und Informatiker bis zum Doktor sind unter den Mitgliedern alle möglichen Berufe vertreten. „Jeder bringt seine Interessen und Fähigkeiten mit ein“, erzählt Jakob Pyttlik, ebenfalls aus dem Social-Media-Team.
Erhalten, pflegen und zugänglich machen
Benjamin Sendes fügt an: „Unsere Motivation ist es, alte Automaten zu erhalten, zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das kommt an und weckt das Interesse.“ Auf der Homepage heißt es zusätzlich: „Der Verein wurde mit der gemeinnützigen Idee gegründet, die Entwicklung und den Erhalt der Videospielkultur zu fördern.“
Häufig seien Väter mit ihren Söhnen zu Gast, aber auch Großväter mit ihren Enkeln. So würden ältere Generationen Erinnerungen wecken und die jüngeren könnten ihre Erfahrungen machen. Oft seien dabei auch vergangene Urlaube, beispielsweise von den Kanarischen Inseln, Thema. Dort gab und gibt es häufiger Spielhallen mit genau den Automaten, die nun in Wanne stehen.
Stromkosten sind überschaubar
Übrigens: Die in der vergangenen Zeit deutlich gestiegenen Stromkosten bereiten dem Verein keine größeren Probleme, da die Automaten die meiste Zeit ausgeschaltet sind, auch beim Mitgliedertreffen werden nur vereinzelte zum Spielen eingeschaltet. Eine Schicht am Öffnungstag würde rund 200 Euro Stromkosten verursachen, sagt Benjamin Sendes und fügt an: „Da verbrauchen die Kühlschränke deutlich mehr.“ Klar ist damit aber auch: Reich wird der Verein nicht. Aber das will er auch gar nicht.

Die meisten Besucher kämen auf Empfehlung von Freunden oder der Verwandtschaft, einige werden auch über die sozialen Medien, beispielsweise über Instagram, aufmerksam, erzählt Jakob Pyttlik.
Das kosten die Tickets
Wer nun mal die Automaten, Konsolen und weiteren Geräte ausprobieren möchte: Der Vorverkauf startet in der Regel am ersten Sonntag im Monat um 15 Uhr. Zur Auswahl stehen dann die Zeitslots 12 bis 16 Uhr und 16:30 bis 20:30 Uhr. Erwachsene zahlen 15 Euro, Jugendliche von 14 bis 18 Jahren zahlen acht Euro, Kinder von sechs bis 14 fünf Euro, darunter ist der Eintritt frei. Minderjährige müssen in Begleitung einer erwachsenen Person erscheinen.
Geld (oder EC-/Kreditkarten) muss man dann nur noch für mögliche Snacks oder Getränke dabei haben, alle Geräte stehen auf Freispiel. Wer die Location für eine besondere Veranstaltung wie Geburtstag, Firmenfeier oder Ähnliches mieten möchte, kann dies auch per Mail anfragen. Allerdings sind hier die zeitlichen Möglichkeiten begrenzt, sonst würde der Verein auch häufiger für Publikum öffnen.
