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Seymour (Nikko Forteza) und Audrey (Tamara Köhn) schieben im Blumenladen eine ruhige Kugel – noch. – „Der kleine Horrorladen“ am MiR

„Der kleine Horrorladen“ am MiR

Schaurig, blutig – und ein großer Spaß

Ein Blumenladen in Skid Row downtown, einem arg heruntergekommenen Viertel New Yorks. Der junge, schüchterne Lehrling Seymour Krelbor (Nikko Forteza) wird vom korpulenten Ladenbesitzer Mr. Mushnik (Klaus Brantzen) gnadenlos ausgebeutet. Was Seymour jedoch klaglos über sich ergehen lässt, wenn er nur an der Seite der so naiven wie attraktiven Verkäuferin Audrey (Tamara Köhn) tätig sein kann. Doch das jetzt am MiR nicht mehr klischeehaft blonde, sondern großgewachsene Dummchen erwidert nicht nur die zaghaften Annäherungsversuche des Milchbubis nicht, sondern ist auch mit einem Typen liiert, der das genaue Gegenteil des Hänflings Seymour darstellt: Orin Scrivallo (Daniel Jeroma), ein zu Gewalttaten neigender Rocker. Der Zahnarzt von Beruf ist, was sich auf phantastische Weise ergänzt.

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Als Seymour und Audrey wieder einmal vergeblich auf Kundschaft warten, eröffnet ihnen Mr. Mushnik, dass er den Laden schließen müsse. Audrey schlägt zur Rettung vor, eine „wahnsinnig tolle neue Pflanze“, die Seymour bei einem Chinesen auf dem Großmarkt erworben und dann durch besondere Behandlung weitergezüchtet hat, ins Fenster zu stellen. Und es klappt: „Audrey II“ (Spiel: Julius Warmuth alternierend mit Maximilian Teschemacher, Stimme: Dennis LeGree), wie der verliebte Seymour sein außergewöhnliches Gewächs genannt hat, lockt sogleich auf geradezu magische Weise kaufkräftige Kunden an, was den maroden Laden Mr. Mushniks vor dem Ruin rettet und seinen listigen Besitzer dazu bringt, das Findelkind Seymour zu adoptieren.

Der steht nun inmitten eines gigantischen Medienrummels. Doch während die Pflanze wächst, und wächst, und wächst, wird Seymour immer schwächer, ja geradezu blutarm. Was niemand außer dem Züchter weiß: Audrey II ist eine fleischfressende Pflanze, die sich vom Blut Seymours ernährt, nachdem zuvor der perverse Zahnarzt und dann der Ladenbesitzer an der Reihe waren. Gerade noch rechtzeitig kommt dem bereits arg bepflasterten Seymour der rettende Gedanke, wie er auf einen Streich berufliche Karriere und privates Glück unter einen Hut zwingen kann...

Eine Pflanze, die spricht, rasant wächst und ständig Hunger hat: Hunger auf Menschenfleisch.

Aus einer so absurden Horror-Komödie wäre wohl nie eines der auch am Gelsenkirchener Kennedyplatz erfolgreichsten Musicals geworden, hätte nicht Roger Corman bereits 1960 ein B-Movie gedreht, das die Publikumswirksamkeit des Stoffes unter Beweis stellte. Als sich Howard Ashmann und Alan Menken daran machten, den Stoff für den Broadway zu bearbeiten, zählte der Film bereits zu den Klassikern des Genres. Der Komponist Menken, der später für Disney Musical-Blockbuster wie „Der Glöckner von Notre-Dame“, „Aladin“ und „Arielle“ schrieb, gab dem „Horrorladen“ einen Sound, der mit charmanter Ironie die Musik der frühen 1960er Jahre zitiert. Er traf damit genau den Ton, der am 6. Mai 1982, als „Little Shop of Horrors“ am Orpheum Theatre in New York uraufgeführt wurde, gerade sein großes Revival erlebte.

Deutschsprachige Erstaufführung 1989

Die Deutschsprachige Erstaufführung unter dem Titel „Der kleine Horrorladen“ fand übrigens Ende März 1989 am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier statt. Wolf Widder inszenierte eine Textfassung des Genrespezialisten Michael Kunze mit zwei Hernern: Die Sängerin und Saxophonistin Silvia Droste, gerade frisch gekürt zu Deutschlands Jazz-Entdeckung Nummer eins, glänzte in der Audrey II-Partie, und Waldemar Mauelshagen, letztes Ensemble-Überbleibsel der Schauspiel-Vergangenheit des Gelsenkirchener Theaters, begeisterte mit szenischen Petitessen in einem halben Dutzend Nebenrollen.

Regisseur Carsten Kirchmeier und Ausstatterin Beata Kornatowska beziehen sich ästhetisch in ihrer Neuinszenierung am Gelsenkirchener Musiktheater im Revier, die am 14. September 2024 im Kleinen Haus mit Ovationen gefeierte Premiere feierte und seither ständig ausverkauft ist, auf die Entstehungszeit in den 1960er Jahren (horribler Zahnarztstuhl aus dem Gruselkabinett des Technikmuseums) sowie explizit auf das B-Movie, indem sie in einer semitransparenten Zelluloid-Kulisse Szenen wie im Filmschnitt montieren, Überblendungseffekte schaffen und den schwarzen Humor der Story voll ausspielen.

Im Blumenladen von Mr. Mushnik (Klaus Brantzen) geht’s plötzlich hoch her mit Seymour (Nikko Forteza), Chiffon (Julia Heiser), Ronnette (Elena Otten) und Crystal (Sonja Hebestadt). – „Der kleine Horrorladen“ am MiR

Mit Crystal (Sonja Hebestadt), Chiffon (Julia Heiser) und Ronnette (Elena Otten) agiert ein bestens aufgelegten Background-Trio unter hochtoupierten Turmfrisuren im „Supremes“-Stil unter der musikalischen Leitung des ausgewiesenen Musicalspezialisten Wolfgang Wilger. Neben den MiR-Ensemblemitgliedern Daniel Jeroma und Sonja Hebestadt sind als Gäste u.a. der gebürtige Venezulaner Nikko Forteza als Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wird, und die frischgebackene Folkwang-Absolventin Tamara Köhn zu erleben. Die gebürtige Schweizerin feierte bereits während ihres Studiums große Erfolge in Dortmund („Cabaret“ und „Rent“). Schließlich der auf Musicals und Operetten spezialisierte Bariton Klaus Brantzen, der ebenfalls unter Wilger vor zehn Jahren am gleichen Ort Joachim G. Maaß ablöste als jüdischer Obsthändler Schultz in „Cabaret“. Optisch im Mittelpunkt steht naturgemäß „Audrey II“, in gleich vierfacher Ausfertigung geschaffen von der Bühnenplastikerin Sarah Schulze.

Karten ab 15 Euro an der Theaterkasse am Kennedyplatz (Montag und Samstag von 10 bis 14 Uhr, Dienstag bis Freitag von 10 bis 18.30 Uhr), im Netz unter musiktheater-im-revier.de oder unter Tel. 0209 - 4097-200.

Die weiteren Termine nach den bisher stets ausverkauften Vorstellungen:

  • Sonntag, 20. Oktober 2024, 18 Uhr
  • Donnerstag, 31. Oktober 2024, 19.30 Uhr (Halloween)
  • Samstag, 9. November 2024, 19 Uhr
  • Samstag, 23. November 2024, 19 Uhr
  • Freitag, 29. November 2024, 19.30 Uhr
  • Samstag, 21. Dezember 2024, 19 Uhr
  • Dienstag, 31. Dezember 2024, 19 Uhr (Silvester)
  • Sonntag, 5. Januar 2025, 18 Uhr
  • Freitag, 24. Januar 2025, 19.30 Uhr
  • Sonntag, 23. Februar 2025, 18 Uhr
Oktober
31
Donnerstag
Donnerstag, 31. Oktober 2024, um 19:30 Uhr MIR - Musiktheater im Revier, Kennedyplatz 1, 45881 Gelsenkirchen
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  • Samstag, 9. November 2024, um 19 Uhr
  • Samstag, 23. November 2024, um 19 Uhr
  • Freitag, 29. November 2024, um 19:30 Uhr
  • Dienstag, 31. Dezember 2024, um 19 Uhr
  • Sonntag, 5. Januar 2025, um 18 Uhr
  • Freitag, 24. Januar 2025, um 19:30 Uhr
  • Sonntag, 23. Februar 2025, um 18 Uhr
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  • Samstag, 23. Dezember 0024, um 19 Uhr
  • Sonntag, 20. Oktober 2024, um 18 Uhr
Freitag, 18. Oktober 2024 | Autor: Pitt Herrmann
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