
Landesweite Protestaktion der Grundschulen
Schulen am Limit - sie hissen weiße Fahnen
Herner Grundschulen beteiligten sich am Mittwoch (2.2.2022) an einer landesweiten Protestaktion, um auf die steigende Überlastung durch die Corona-Pandemie und Corona-Zahlen aufmerksam zu machen. Zum Zeichen, dass sie am Limit sind und quasi kurz vor der „Kapitulation“ stehen, hängten sie weiße Fahnen aus den Fenstern.
Damit wollen sie ein sichtbares Zeichen ihrer starken Belastung nach außen hin zeigen und, dass sie das Hin und Her im Test-Chaos leid sind. Das erste Mal hatte die Aktion vor Wochen an einer Schule in Köln stattgefunden. Grund- und Förderschulen in anderen Städten haben seitdem ebenfalls ihren Unmut auf diese Weise kundgetan.

Umstellung des Testverfahrens
Das Test-Chaos an den (Grund-)Schulen nimmt zu und Ausmaße an, die die Lehrkräfte nicht mehr stemmen können (halloherne berichtete und berichtete). Eine neue Anweisung in Form einer Schulmail erreichte am späten Dienstagabend (25.1.2022) die Grundschulen. Darin wurde die Veränderung des bisherigen Testverfahrens angeordnet - natürlich ab sofort. Wurden den Kindern bisher am Testtag zwei Proben entnommen - eine für den Pooltest (hier werden Teststäbchen aus einem Pool zusammen ausgewertet) und eine als Rückstellprobe - hieß es nun: Ab sofort bleibt der Test-Rhythmus, aber es werden keine Rückstellproben mehr genommen.
Keine Rückstellproben mehr

Das bedeutet im Alltag: Weiterhin finden an zwei Tagen in der Woche die empfindlichen PCR-Pooltestungen statt. Bei einem positiven Pool-Ergebnis wird in NRW aber nur noch mit Schnelltests „nachgetestet“. Es kann anhand einer Rückstellprobe im Labor nicht geschaut werden, welches Kind positiv ist. Die Folge sei dann, dass infizierte Schüler in die Schule kommen, weil häufig erst dort wieder getestet wird. Wie viele Kinder sich dann anstecken, das kann man sich vorstellen.
Am nächsten Morgen kommen also alle Kinder in die Schule, sitzen zusammen in einem Raum und werden dort (nach-)getestet. Zeigt der Antigen-Schnelltest, der dazu verwendet werden soll und bei Weitem nicht so sensitiv ist wie der PCR-Test, kein positives Ergebnis an, lernen die Kinder an diesem Tag weiterhin zusammen in einer Klasse. Keiner weiß, welches Kind positiv ist. Das bedeutet, dass willentlich in Kauf genommen wird, dass das Virus sich munter verbreiten kann.

Das passiert nicht nur unter den Kindern. Fällt in den Grundschulen ein Schnelltest positiv aus, muss das „positive“ Kind in die häusliche Quarantäne. Nun ist es allerdings bei Grundschülern oft so, dass sie von den Eltern zur Schule gebracht und auch wieder abgeholt werden. Sind die Eltern des betreffenden Kindes berufstätig und können nicht sofort zur Schule kommen, so muss das Kind bis zur Abholung gesondert betreut werden. Weiß man wie eng die Personaldecke in den Schulen ist, dann ist schon jetzt klar, dass dieses Konzept nicht mehr lange tragen kann.
Aufruf der GEW
In einer Mitteilung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) heißt es: „Es reicht den Kolleginnen und Kollegen an den Grund- und Förderschulen, als Gesundheitsmanager das Test-Chaos an den Schulen zu regeln und zu verantworten; die Labore kapitulieren größtenteils, die Verunsicherung ist groß.“ Von der Planlosigkeit und der Konzeptlosigkeit des Schulministeriums frustriert beteiligten sich am Mittwoch (2.2.2022) auch Herner Grundschulen an der Protest-Aktion.

'Keine Kapitulation, aber am Limit'
So zum Beispiel auch die Grundschule Kunterbunt an der Neustraße. Schulleiterin Monika Müller ist es allerdings im Gespräch mit halloherne wichtig, eins klarzustellen: „Wir kapitulieren nicht, denn das wäre für unsere Kinder fatal, aber wir wollen auf unsere Situation aufmerksam machen. Wir wollen und können dieses Test-Chaos nicht länger hinnehmen. Für uns ist es nicht nachvollziehbar, dass wir nun schon zwei Jahre diesen Spagat leisten.“
Auf die Frage, was sie sich von der Schulministerin des Landes NRW, Yvonne Gebauer (FDP), wünschen würde, sagt Monika Müller: „Wünschenswert wäre es, sie würde sich mal in den Schulen umhören und ihre Anordnungen nicht am Abend vor der Umsetzung per E-Mail schicken. Nicht nur einmal haben wir von Änderungen auch erst durch die Medien erfahren.“

'Zeichen setzen'
Eine weitere Schule, neben vielen anderen auf Herner Gebiet, ist die Kolibrischule an der Jean-Vogel-Straße. Auch hier will man - gemeinsam mit den anderen Schulen - ein sichtbares Zeichen setzen, dass die Schulen am Limit laufen. Schulleiterin Stefanie Lakomy nennt gegenüber halloherne einige Faktoren, die mittlerweile jedem bekannt sein dürften: „Schnelltests und Pooltests am Morgen, Personalknappheit und die hohe Flexibilität, die von allen Beteiligten seit Beginn der Pandemie abverlangt wird, zehren an unserer Kraft.“ Der Verwaltungsaufwand rund um die jeweiligen Testungen sei einfach enorm und binde neben der Zeit auch Personal.
„Wobei auf keinen Fall die Situation der Eltern vernachlässigt werden dürfe“, betont Lakomy weiter. „Die Eltern der Grundschulkinder müssen täglich aufs Neue gespannt sein, ob ihr Kind negativ ist und ob es zur Schule gehen kann.“
