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Die feine Gesellschaft feiert sich selbst, hier speziell beim Polo-Turnier. Ganz vorn dabei Viktoria (Ursina Lardi) und Amon Maynard (Laurence Rupp).

Regie-Duo am 10. Januar 2025 zu Besuch in Köln

Schwarzhumorige Satire 'Veni Vidi Vici'

Update, Donnerstag (16.1.2025)

Läuft weiterhin im Sweetsixteen Dortmund.

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Der Kino-Text

„Work hard, play hard“: Als ein Radsportler einen steilen Anstieg der Wiener Höhenstraße etwa zu Hälfte bezwungen hat, fegt ihn eine Gewehrkugel förmlich vom Asphalt. Der Schütze, von dem besagte Devise stammt, heißt Amon Maynard (Laurence Rupp). Der charmante Multimilliardär und liebevolle Familienvater, der gerade die größte Batteriefabrik Europas mitten im Wienerwald plant, könnte keinem Tier etwas zuleide tun. Menschen allerdings schon, irgendein Hobby muss man schließlich haben für seine Work-Life-Balance.

Später wird er einen Jogger auf der Prater-Hauptallee tödlich treffen - ohne befürchten zu müssen, belangt zu werden. Was an seinem Butler Alfred (Markus Schleinzer), der im Handumdrehen die Nummernschilder von Maynards Porsche austauscht und die Entsorgung der Opfer seines Chefs übernimmt, liegt. Und an der Wahrheit seines Familienmottos, das auch von Gattin Viktoria (Ursina Lardi), einer toughen Rechtsanwältin, und der 13-jährigen Tochter Paula (kommentiert die Ereignisse auch aus dem Off: Olivia Goschler), einer ebenfalls hochtalentierten Schützin, ausgelebt wird: „Wer Geld hat, kann sich alles erlauben.“

Ausgezeichnete Kontakte

Zumal wenn er wie Amon Maynard über ausgezeichnete Kontakte bis in höchste politische Kreise verfügt: Ministerin Edith Schaumböck (Barbara Gassner) frisst dem großzügigen Parteispender förmlich aus der Hand, während Justizminister Kafka (Vitus Wieser) alles daransetzt, den „perfekten Platz für ein kleines Stück Industrie“ aus dem Naturschutzgebiet herauszuoperieren. Da haben weder der Jagdaufseher Alois Sepperer (Haymon Maria Buttinger) noch das Unternehmer-Ehepaar Carl (Manfred Böll) und Magda Sares (Babett Arens) eine Chance gegen Amon Maynard, der eiskalt die Firma seines einstigen Mentors schluckt.

„Fair Play kann jeder. Dafür bin ich zu kreativ“, weiß auch das frühreife Früchtchen Paula, die ihr Team beim Polo-Spiel mit brutalen Fouls auf die Siegerstraße führt und zum nackten Entsetzen der Schießbudenbetreiberin (Dunja Sowinetz) im Volksprater einen Treffer nach dem anderen erzielt. Und wenn es doch ‘mal eng wird wie bei den investigativen Recherchen des Journalisten Volker Carlotta (Dominik Warta), biegt dessen „Ex“ Ministerin Schaumböck die krumme Angelegenheit wieder gerade.

Leistung muss sich lohnen

Apropos Familie, zu der auch das Aupair-Mädchen Anne Laurent (Zoe Straub) und der Security-Boss Tibior Szigeti (Christoph Radakovics) gehören: Gattin Viktoria, die sich schon im Katalog eine attraktive Leihmutter ausgesucht hatte, ist unverhofft in der 14. Woche schwanger, sodass die beiden kleinen Adoptivtöchter Coco und Bella in absehbarer Zeit Gesellschaft erhalten. Als die Geburt des neuen Maynard-Erdenbürgers gefeiert wird, hat Volker den Butler-Job des bei einem Waffentraining tragisch ums Leben gekommenen Alfred übernommen...

„Leistung muss sich schließlich lohnen“: In ihrer über knapp 90 Minuten ganz austriakisch-rabenschwarzen Satire „Veni Vidi Vici“ bezieht sich das Regie-Duo Daniel Hoesl (auch Buch) und Julia Niemann auf Donald Trump, der, bevor er 2016 zum Präsidenten der USA gewählt wurde, prahlte: „Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren.“

Töchterchen Paula (Olivia Goschler, Mitte) räumt in der Schießbude im Prater ordentlich ab zur Freude ihres stolzen Vaters Amon Maynard (Laurence Rupp, 2.v.l.).

Die am 18. Januar 2024 beim Sundance Festival in Park City/USA uraufgeführte sarkastische Anklage von Dekadenz und Whitewashing durch Achtsamkeits- und Diversitätsrhetorik ist freilich auch ein Spiel mit der Lust am Verbotenen – und damit auch mit der Lust eines Publikums, das diese aus dem Leiden der Anderen gewinnt.

„Veni Vidi Vici“, am 30. Juni 2024 auf dem 41. Filmfest Diagonale in München in Deutscher Erstaufführung gezeigt, hält der privilegierten Wohlstandsgesellschaft und der Unberührbarkeit der Reichen und Mächtigen den Spiegel vor. Die Weitwinkelaufnahmen des Kameramanns Gerald Kerkletz erzeugen gleichzeitig Distanz.

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Kinotour des Regie-Duos

Zum Kinostart am Donnerstag, 9. Januar 2025, ist der Film im Ruhrgebiet nur im Sweetsixteen Dortmund zu sehen, laut Verleihangabe sollen noch die Galerie Cinema Essen und ab Donnerstag, 6. Februar 2025 das Kino im Walzenlager Altenberg in Oberhausen hinzukommen. Die Kinotour mit beiden Regisseuren und weiteren Gästen führt in NRW nur in die Filmpalette Köln am Freitag, 10. Januar 2025, um 19 Uhr.

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  • Donnerstag, 9. Januar 2025
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  • Freitag, 10. Januar 2025, um 19 Uhr
Mittwoch, 8. Januar 2025 | Autor: Pitt Herrmann