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Die Mini-Garde der Herner Karnevalsgesellschaft war zu Gast bei den Senioren.

'Eine Woche mit Herz'

Senioren machen Urlaub ohne Koffer

Kofferpacken, das ist für viele Menschen der größte Stress vor dem Urlaub: Was nehme ich mit? Was bleibt hier? – Aber dann gibt es auch Senioren, für die eine Reise körperlich nicht mehr zu bewältigen ist. Für diese Menschen hat die Caritas-Konferenz im Jahr 2015 das Projekt „Urlaub ohne Koffer“ ins Leben gerufen.

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Ein Projekt gegen die Einsamkeit

Erinnerungsfotos wurden von allen Teilnehmern gemacht.

Mechthild Greifenberg, Sozialarbeiterin der Caritas und Initiatorin des Projekts: „2014 haben wir dieses Projekt in Castrop-Rauxel kennengelernt und waren davon so begeistert, dass wir den 'Urlaub ohne Koffer' ein Jahr später in Herne realisiert haben. Viele unserer Gäste sind alleinlebend, haben wenige Kontakte, gehen nicht mehr in Gruppen, die sie früher regelmäßig besucht haben und vereinsamen. Das wollen wir mit unserem Projekt ein wenig auffangen.“

Der Koffer bleibt im Schrank

Zum siebten Mal fand im Juli 2024 der einwöchige Urlaub in der Kirchengemeinde St. Marien Baukau statt, der in diesem Jahr unter dem Motto „Eine Woche mit Herz“ stand und bei dem wieder einmal kein Urlaubsstress aufkam, da der Koffer im Schrank blieb.

Eine Urlaubswoche mit 20 Senioren

20 betagte Senioren im Alter von 77 bis 101 Jahren (18 Frauen und 2 Männer) genossen in der Zeit von Montag bis Freitag (15. bis 19.7.2024) eine kleine Auszeit von ihrem Alltag, den viele der Teilnehmer ansonsten alleine verbringen. Eine Woche in Gemeinschaft, in der sie von neun Mitarbeiterinnen der Caritas umsorgt wurden.

Projektleiterin Doris Hoffmann: „Auch wenn wir für die Menschen von morgens bis abends da sind, fühlt es sich nicht nach Arbeit an. Diese Woche gibt uns unheimlich viel zurück: Dieses Strahlen in den Augen, dieses Lächeln und die Freude, das alles macht auch uns Spaß und wir machen es sehr gerne.“

Mit dem Taxi in den Urlaub

Das Küchenteam kocht jeden Tag frisch: v.l. Kornelia Semert, Dorothee Bienwald, Monika Stapel, Renate Ohm-Samol und Christel Wolf.

Jeder Urlaubstag beginnt um kurz nach acht Uhr, wenn das Taxi vor der Tür hält und die Urlauber zu ihrem Urlaubsort bringt. Doris Hoffmann: „Wenn das Sammeltaxi vor dem Haus hält und die Tür öffnet, dann hören wir schon das fröhliche Erzählen der Teilnehmer. Schwierigkeit beim Aussteigen aus dem Taxi, werden von allen mit fröhlichem Gibbeln quittiert.“ Stehen alle wieder auf sicherem Boden geht es in den Frühstückssaal. Dort ist der Tisch schon liebevoll gedeckt und Kaffeeduft schwebt durch Haus.

Anschließend stehen im großen Saal verschiedene Angebote zur Auswahl. Es wird vorgelesen, gemeinsam gesungen, gespielt oder es wird sich 'nur' unterhalten. Aufgrund der vielen Lebensjahre, die hier zusammenkommen, geht der Gesprächsstoff eigentlich nicht aus.

Älteste Teilnehmerin ist 101 Jahre

Monika Stapel tanzt mit der ältesten Teilnehmerin: Charlotte Stachiwiak (101).

Die älteste Teilnehmerin ist mit 101-Jahren Charlotte Stachowitz. Sie ist zum dritten Mal dabei, hat den Schalk im Nacken und topfit. Bei der Anmeldung in diesem Jahr sagte sie: „Hallo, ich wollte nur sagen, ich lebe noch und möchte wieder dabei sein.“ Gegenüber halloherne sagt sie: „Ich freu mich und konnte es kaum erwarten, bis der Urlaub anfing. Die Frauen hier geben sich so viel Mühe und sind so lieb zu uns – schreiben Sie das bloß, Mädchen (und tätschelt dabei meine Hand).“ Mit einem Zwinkern erwähnt sie, dass es in diesem Jahr zwar 10 Euro teurer sei. „Aber dafür werde ich abgeholt und spare somit die Kosten für das Taxi."

Beim Kreativangebot wurden Leinentaschen designet.

Fast der Hahn im Korb ist der 75-jährige Wilfried Fitza. Er wohnt seit gut acht Jahren in Herne und ist zum zweiten Mal dabei. „Det is doch allet jut hier“, erzählt er in breitem Dialekt, der sofort erkennen lässt, woher er kommt. Der Ur-Berliner wohnt nach dem Tod seiner Frau alleine und freut sich: „Det is doch prima hier: Essen, Fahrt, herrliche Betreuung, Spaß, nette Unterhaltung – allet inklusive.“

Die 90-jährige Reni Schulz wurde von ihrer Tochter angemeldet, ist zum ersten Mal dabei und sagt: „Anfangs war ich zögerlich, da ich keinen hier kannte. Aber ich bin so herzlich aufgenommen und mit so viel Liebe begrüßt worden, dass ich froh bin, hier zu sein. Die Ehrenamtlichen sind alle sehr liebevoll, es ist, als würden wir uns schon Jahre kennen.“

Auch Ilse Lipka (94) ist begeistert von der Herzlichkeit, mit der den Menschen hier begegnet wird. Sie sagt: „Einmal die Woche bin ich in der Tagespflege, da ist es auch schön, aber hier wird man so herzlich aufgenommen, das ist schon bewundernswert.“

Nach dem Mittagessen konnte, wer wollte sich ausruhen. Das Projekt der Caritas – 'Urlaub ohne Koffer' 2024:

Nach dem Mittagessen, das ein Küchen-Team täglich frisch auf den gedeckten Tisch zaubert, besteht für die Gäste die Möglichkeit, sich auf Liegen im Nebenraum auszuruhen oder sich zu einem kleinen Spaziergang zusammentun oder die Mittagsruhe im Schatten vor dem Gemeindehaus verbringen. Eine Zeit, in der die Ehrenamtlichen sich auch ein klein wenig ausruhen können.

Im Anschluss lockt Kaffeeduft und frisch gebackener Kuchen die Senioren an die gedeckte Kaffeetafel. Mitarbeiterin Monika Stapel macht die Senioren mit einer Runde Hockergymnastik wieder fit für den zweiten Teil des Tages. „Ich bin jetzt zum fünften Mal dabei und es macht mir immer noch unendlich viel Spaß zu sehen, wie begeistert unsere Gäste bei der Sache sind. Selbst unsere 101-jährige Urlauberin ist mit mir einmal durch den Saal getanzt."

Jeder Tag birgt eine Überraschung

Die Mini-Garde der Herner Karnevalsgesellschaft war zu Gast bei den Senioren.

Das Mitarbeiter-Team hat sich für jeden Tag etwas Besonderes einfallen lassen. Sei es das „Bewegte Gedächtnistraining“, Bingo, die Kreativwerkstatt, das Puppenspiel mit Anne Schrader oder ein Vortrag von Verkehrwacht-Mitglied und Ex-Polizist Reinhard Dembowy. Dabei ging es um Betrug an Senioren, Enkeltrick und Abzocke an der Haustür. Es war eine sehr lebhafte Runde, da einige der Urlauber aus eigener (leidvoller) Erfahrung von diesen Ganoven berichteten.

Als am Donnerstag die Minigarde der 1. Herner Karnevalsgesellschaft (HeKaGe) zu einer Vorführung in dem großen Saal aufliefen, war das Staunen groß. Die fünf Mädels, die mit ihrer Trainerin Gaby Szymkowiak-Tarnowski zu den Senioren kamen, wurden mit großem Applaus aus der Runde verabschiedet.

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Geschlafen wird daheim

Gegen 16:45 Uhr endet jeder Urlaubstag: Das Taxi fährt vor, lädt die Urlauber wieder ein und es geht Richtung Heimat. Auf Wunsch bekommt jeder noch ein kleines Lunchpaket für das Abendbrot daheim: Denn geschlafen wird beim 'Urlaub ohne Koffer' im eigenen Bett.

Die Mitarbeiterinnen der Caritas: v.l. stehend: Mechthild Greifenberg, Renate Ohm-Samol, Kornelia Semert, Christel Wolf, Dorothee Bienwald, Monika Stapel. sitzend v.l. Doris Hoffmann und Gaby Mackowiak.
Montag, 22. Juli 2024 | Autor: Carola Quickels
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