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Geschäftsführerin Nicola Henseler: Das junge Start Up Fairnica präsentiert ökologisch produzierte Kleidung in Form von Mini-Garderoben.

Nicola Henseler spricht über ihre Erfahrungen bei der Unternehmensgründung

Serie zum Weltfrauentag: „Frauen ins Scheinwerferlicht“

Anlässlich des nahenden Weltfrauentages am Freitag, 8. März 2024, hat halloherne-Redakteurin Julia Blesgen mit verschiedenen Frauen aus den unterschiedlichsten Bereichen gesprochen. Dabei ging es unter anderem über ihren Werdegang, Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten und was sie ihrem jüngeren Ich oder anderen jungen Mädchen nun mit auf den Weg geben würden. Alle weiteren Teile der Serie sind auf halloherne zu finden.

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Nun berichtet Nicola Henseler wie es für sie war, als junge Mutter das Start Up Fairnica zu gründen und vor wlechen Herausforderungen sie stand. Seit 2019 vermietet Henseler über Fairnica fair und ökologisch produzierte Kleidung in Form von Mini-Garderoben, den sogenannten Capsule Wardrobe. Diese können online oder über den Showroom an der Bergstraße 42 erworben werden.

Im fünften Jahr hat sich die Unternehmerin nun entschlossen, auch Eventgarderobe für beispielsweise Hochzeiten, Kommunionen oder Sommerfeste ins Sortiment mit aufzunehmen. Die Kleidung richtet sich an Kundinnen in allen Altersgruppen und mit den unterschiedlichsten Körperformen. Auch Kindermode ist mit dabei. So kann Kleidung für besondere Anlässe in den Kleidergrößen von 128 bis 50 gemietet werden.

Wie kamen Sie auf die Idee, Fairnica zu gründen?

Nicola Henseler (NH): Ich habe mich mehr mit Nachhaltigkeit befasst, als ich Mutter geworden bin und bin dann bei Recherchen über Studien gestolpert, in denen klar wurde, dass immer mehr Kleidung gekauft, aber diese immer seltener getragen wird. Die Innovationsmanagerin in mir hat direkt angefangen, Lösungen zu suchen. Besitz schien mir für die Gegebenheiten nicht das passende Instrument, deswegen habe ich dann das Rental Modell entwickelt.

Wie waren die Reaktionen aus Ihrem Umfeld, als sie als Frau und junge Mutter ein Unternehmen gegründet haben?

NH: Es kam immer die Frage, wie ich das schaffe wolle. Erst war ich noch in Elternzeit, aber dann habe ich Fairnica neben Vollzeitjob und mit zwei kleinen Kindern aufgebaut. Das ging eigentlich nur abends, während die Kinder geschlafen haben. Ich bin zum Glück mit sehr viel Energie gesegnet.

Was waren zu Beginn die größten Herausforderungen für Sie?

NH: Immer noch eine der größten Herausforderungen ist die Finanzierung. Wir kamen leider für kein Förderprogramm in Frage. Entweder weil ich in Teilzeit gegründet habe und Vollzeit vorausgesetzt wurde, was aber zum einen mit den kleinen Kindern nicht ging, und zum anderen hätte ich von den kleinen Stipendien auch nicht leben können. Die sind alle eher für Menschen konzipiert, die nach dem Studium gründen. Mir blieb also nichts anderes übrig, als weiter Vollzeit zu arbeiten und Fairnica nebenher laufen zu lassen. Irgendwann ging das nicht mehr und ich musste mich entscheiden. Job oder Fairnica. Die Entscheidung ist mir sehr schwergefallen, aber ich habe mich für Fairnica entschieden. Damit war dann die Vollzeit-Bedingung der Fördermittel erfüllt, aber viele haben als zweites Kriterium, dass das Startup erst ein, drei oder fünf Jahre alt sein darf. Deswegen sind wir dann wieder abgelehnt worden.

Immer noch ist es so, dass die meisten Gründenden Männer sind. Was glauben Sie, müsste sich ändern, damit Gründen auch für Frauen attraktiver wird?

NH: Frauen müssen mehr weibliche Vorbilder haben, um es für sich als Option zu erkennen. Ich kann nur für Frauen sprechen, die später (also nicht direkt nach dem Studium) gründen. In dieser Lebensphase sind die Herausforderungen anders. Wenn bereits Kinder da sind und einfach auch mehr finanzielle Verpflichtungen, sind die Förderprogramme nicht attraktiv. Und ein Startup neben Job und Care-Arbeit aufzubauen, ist schon sehr anstrengend und nervenaufreibend. Das wollen einfach nicht viele.

Leider ist es häufig noch so, dass auch berufstätige Mütter Vorurteilen ausgesetzt sind. Haben Sie dies auch erleben müssen? Wenn ja, wie sahen diese aus?

NH: Ja, auf jeden Fall. In meinem alten Job wurde ich ständig gefragt, wo meine Kinder sind, während ich arbeite. Das wurde mein Mann sicher noch nie gefragt. Es wurde auch hinterfragt, ob ich wirklich nach acht Monaten zurück in den Job kommen werde. „Du wirst schon noch merken, dass du das dann nicht möchtest“ oder „Dann muss dein Mann ja sehr wenig verdienen", waren zum Beispiel so Aussagen. Dass das vielleicht einfach mein Wunsch sein kann, ganz unabhängig von meinem Mann, war für sie gar keine Option. Hier kam es aber sehr drauf an, mit wem ich gesprochen habe. Ich habe in einem amerikanischen Konzern gearbeitet und für die amerikanischen Kolleginnen und Kollegen sind acht Monate Elternzeit unvorstellbar. Eine Arbeitskollegin hat mir dort erzählt, dass sie sechs Wochen nach der Geburt wieder auf Dienstreise geschickt wurde. Sicher ein anderes Extrem.

Fairnica entwickelt sich stetig weiter, worauf sind Sie in den vergangenen Jahren besonders stolz?

Das Start Up Fairnica wurde 2019 gegründet.

NH: Erstmal bin ich stolz darauf, dass es uns noch gibt, denn das ist nicht selbstverständlich. Die vergangenen Jahre waren ja für alle sehr herausfordernd. Corona, Wirtschaftskrise, das ist alles nicht leicht zu überstehen. Ich bin sehr stolz auf mein Team, weil ich wirklich sehr talentierte Menschen um mich herum habe. Ansonsten ist „stolz sein“ nicht eine meiner großen Stärken. Ich finde immer, alles müsste noch viel besser klappen und laufen.

Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, was würden Sie der jüngeren Nicola raten, gerade im Hinblick auf die Anfänge von Fairnica?

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NH: Ich glaube, es war alles richtig so, wie es gelaufen ist. Man muss seine Erfahrungen machen. Ich hatte vorher keine Erfahrung im Unternehmen gründen. Mit meinem jetzigen Wissen, würd ich ein neues Unternehmen vielleicht anders aufbauen, aber das Wissen hätte ich ohne Fairnica gar nicht. Ich glaube, das Gründen als Side Business war für mich die richtige Entscheidung, auch wenn es mir den Zugang zu Fördermitteln verbaut hat. Ich glaube ich würde einfach wieder ermutigen, auszuprobieren und zu schauen, was passiert. Auch, wenn das in Deutschland nicht besonders populär ist, ist Scheitern nichts schlimmes. Die Erfahrungen, die Kontakte, nimmt ja niemand mehr weg.

Dienstag, 5. März 2024 | Autor: Julia Blesgen