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Statt Urlaub kam fristlose Kündigung

Herten/Herne. Die Bearbeitungskosten von Lohnpfändungen durch den Steuerberater eines Arbeitgebers, die dem von der Pfändung betroffenen Arbeitnehmer zusätzlich vom Lohn abgezogen werden, führen zur Unterschreitung der Pfändungsfreigrenze und sind damit nicht zulässig. An dieser Nebensache wäre am Mittwoch (6. 8.2014) vor dem Arbeitsgericht Herne fast ein Prozess gescheitert, bei dem es in der Hauptsache zunächst um eine einstweilige Verfügung von Logopädin Elke G. auf Urlaubsgewährung vom 15. August bis zum 3. September und plötzlich auch noch um eine von Arbeitgeberin Anja M. am Montag (4. 8.2014) ausgesprochene fristlose Kündigung der seit acht Jahren beschäftigten Logopädin ging.

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Das ohnehin zum 30. September fristgerecht gekündigte Arbeitsverhältnis, von der Klägerin und ihrer Anwältin Sabine Hetterscheidt auch gar nicht per Klage angegriffen, geriet unter dem Eindruck der Verfügungsklage wohl etwas aus den Fugen, sodass eine von Rechtsanwalt Wünnenberg als Vertreter der Logopädiepraxis mit Standorten in Herten und Oberhausen vorgetragene Verspätung der Klägerin bei der Sprachtherapie einer Patientin im Altenheim das Fass so zum Überlaufen brachte, dass die fristlose Kündigung am Montag rausging. Abgesehen davon, dass die angestellte Logopädin den Sachverhalt ganz anders darstellt, weil sie zwischen zwei Therapieterminen fast drei Stunden Zeit hatte und eine neue Kollegin in Oberhausen besuchte, hatte auch Kammervorsitzender Kühl Zweifel an der fristlosen Kündigung "als schärfstes Schwert" arbeitsrechtlicher Sanktionen.

Den verweigerten Urlaub begründete die Chefin dienstlich. Der beantragte (Rest-)urlaub sei "wegen Therapieterminen mit Patienten nicht zu realisieren gewesen." Das veranlasste Kammervorsitzenden Kühl wiederum zu der Frage, wie diese Termine denn nun nach der fristlosen Kündigung wahrgenommen werden könnten. Deshalb der Vorschlag des Gerichts, es bei der ursprünglich Kündigung zum 30. September zu belassen, der Klägerin den zweiwöchigen Urlaub wie beantragt zu genehmigen, die Frau mit sofortiger Wirkung wieder arbeiten zu lassen und es dabei zu belassen. Darauf die Arbeitgeberin: "Eigentlich brauchen wir sie für die Patienten, aber nach ihrem Verhalten in der Vergangenheit ist sie nicht mehr tragbar, und ich kann sie eigentlich gar nicht mehr bei uns arbeiten lassen.."

Dieses Hin und her rief schlielich nach einer "Gesamtlösung", wie das Gericht es formulierte. Ende des Jobs Ende September, bezahlte Freistellung auf der Basis eines Monatsgehalts von 2.300 Euro bei Anrechnung der noch offenen Urlaubstage und die Möglichkeit für die Klägerin, sich schon vorher einen neuen Job zu suchen. Der neue Verdienst würde allerdings zumindest bis Ende September mit den bisherigen Lohnansprüchen verrechnet.

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Kaum protokolliert, geriet dieser Vergleich noch einmal ins Wanken. Hatte doch Klägeranwältin Hetterscheidt noch 83,88 Euro auf der Rechnung an die Gegenseite. Die nach drei Lohnpfändungen ihrer Mandantin als Bearbeitungskosten (dreimal 27,96 Euro) des Steuerberaters zu Unrecht zusätzlich vom Lohn einbehalten worden waren. Die auch noch zu zahlen, "wäre, nachdem, was da alles gelaufen ist, kein Entgegenkommen mehr," gab sich die Arbeitgeberin zugeknöpft. Doch ihr Anwalt aus Bochum stimmte sie um, "weil ich keine Lust habe, für weniger als hundert Euro noch mal nach Herne zu kommen." (AZ 2 GA 14/14)

Mittwoch, 6. August 2014 | Autor: Helge Kondring