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Zwei junge Männer mit Carol (Jupyra Cavalho, r. ) in einem Stundenhotel. Als Heraldo (Iago Xavier, 2.v.r.) beraubt wird, ist der Spaß vorbei.

Grelle Neonfarben in schwüler Atmosphäre

Tropical Neo-Noir: Motel Destino

Update, Donnerstag (21.11.2024)

Weiterhin zu sehen im Roxy Dortmund, uin der Galerie Cinema Essen sowie im Metropol Düsseldorf.

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Der Kino-Text

Strahlend blauer Himmel über der felsigen nordbrasilianischen Küste, die aber auch mit einigen attraktiven Sandstränden lockt. Zwei junge Männer, so um die Zwanzig, haben Spaß mit Carol (Jupyra Cavalho) in einem Stundenhotel. Heraldo (Iago Xavier) wird danach aber beraubt und verpasst seinen Einsatz: Er sollte zusammen mit seinem Bruder Jorge (Renan Capivara) dem Franzosen Maxime (Bertrand de Courville) im Auftrag eines Drogenbosses Geld abknöpfen, aber die Sache geht schief: Maxime lebt und Jorge ist tot.

Nach dem missglückten Raubüberfall fürchtet Heraldo die Rache des Bosses und kehrt in das einsam gelegene, ziemlich heruntergekommene Motel Destino zurück. Weil die Klimaanlage streikt und sich der junge Mann als tatkräftiger Elektriker erweist, darf er – als billige Arbeitskraft – bleiben, muss der schönen, lebensgierigen Dayana (Nataly Rocha), Gattin des ungehobelten, in undurchsichtige Geschäfte verwickelten Betreibers Elias (Fabio Assunção), aber bei der täglichen „Raumpflege“ zur Hand gehen.

Toxische Beziehung

Beide kommen sich bald näher, zumal Heraldo hautnah erlebt, wie Dayana von ihrem Mann misshandelt wird. Der hat früher für die Polizei gearbeitet, weshalb sie sich scheut, ihn anzuzeigen. In Heraldo, der am anderen Ende eines von einer kleinen Menagerie bevölkerten Hofs ein Zimmer erhält, das rasch zum Liebesnest mit Dayana wird, sieht die Gedemütigte und Geprügelte eine Chance, vom Elias loszukommen. Der Spanner schaut seinen Gästen häufig beim Sex zu durch einen schmalen Spalt der Klappe, durch die Speisen und Getränke serviert werden – und verwechselt Hardcore-Triebbefriedigung mit Liebe.

Die lebensgierige Dayana (Nataly Rocha) findet Gefallen am jungen Heraldo (Iago Xavier).

Ein alter, lustiger Mann namens Moco (Yuri Yamamoto) übernimmt stets die Nachtschicht in dem von zahlreichen Kameras überwachten Gebäude. Er bekommt natürlich mit, dass die Ehefrau des Chefs ein Verhältnis mit dem jungen Mann hat, sagt aber zunächst nichts. Und schweigt auch zur heimlichen Entsorgung der Leiche eines mit Herzinfarkt im Lotterbett gestorbenen Kunden. Doch als Dayana einen Autoschlosser anstiftet, den Wagen ihres Gatten zu manipulieren, ist für Moco eine Grenze überschritten…

Grelle Neonfarben

Mit „Motel Destino“, am 22. Mai 2024 im Wettbewerb der Filmfestspiele Cannes uraufgeführt und am 30. Juni 2024 beim Filmfest München erstmals in Deutschland gezeigt, taucht der brasilianisch-algerische Filmemacher Karim Aïnouz („Madame Satã“, „Futuro Beach“) mit grellen Neonfarben unter der grenzenlosen Weite eines strahlend blauen Himmels (Kamera: Hélène Louvart) seiner Heimatprovinz Ceará tief ein in die brasilianische Gesellschaft, deren moralischer Kompass nach den zerrüttenden Jahren der Bolsonaro-Regierung vollständig ins Wanken geraten ist.

Karim Aïnouz über seinen „Tropical Neo-Noir“-Film im Piffl-Presseheft: „Männliche Gewalt ist ein absolut relevantes Thema in einem Land, in dem alle sechs Stunden eine Frau ermordet wird. Brasilien hat die der größte Gay Pride Parade der Welt und ist gleichzeitig das Land mit der höchsten Anzahl von Hassmorden – es ist ein einziger Widerspruch. Ich hatte aus verschiedenen Gründen immer eine große Empathie für die weibliche Seite und Sicht, aber ich habe mich bisher selten mit der Konstruktion des toxischen Mannes befasst, wie ihn Elías in ‚Motel Destino‘ verkörpert. Ich habe versucht, eine Art Anatomie des Machos, des Patriarchats zu schaffen, durch die Figur des Machos.“

Spekulative Liebesszenen

Das 115-minütige, an Metaphern (Esel-Sex vor dem Motel, Riesenschlange im Hotel, Flucht auf dem Rücken eines Pferdes, Job in einer Eisfabrik mitten in der tropischen Hitze) reiche Thriller-Drama, das Sozialkritik mit reichlich spekulativen Liebesszenen in durchgängig schwüler Atmosphäre anreichert, aber mit der Überraschung einer talentierten Malerin als Strippenzieherin (Fabiola Liper als Bambina) aufwartet, startet am 14. November 2024 in den Kinos. Bei uns zu sehen in der Galerie Cinema Essen, im Metropol Düsseldorf und ab 21. November 2024 auch im Roxy Dortmund.

Mittwoch, 13. November 2024 | Autor: Pitt Herrmann